EMV-Filter effizient auslegen
21.10.2013 -
Die meisten elektronischen Geräte verwenden heute Schaltnetzteile. Diese sind zwar leichter, doch brauchen sie Filter, um die EMV-Richtlinien einzuhalten. Nur werden diese aus Mangel an Zeit oft überdimensioniert. Jetzt gibt es eine Methode, mit der sich passive EMV-Filter schnell auslegen lassen.
Schaltnetzteile werden heute in fast allen elektronischen Geräten eingesetzt. Damit ein Produkt aber auch verkauft werden darf, müssen EMV-Richtlinien eingehalten werden. Gleichzeitig hängt der Erfolg des Produkts davon ab, wie schnell es am Markt verfügbar ist. Das stellt die Entwickler vor Probleme. Ihnen fehlt die Zeit, die EMV-Filter richtig auszulegen. Das Resultat: Meist wird der Einfachheit halber ein überdimensioniertes Filter eingesetzt, das unnötige Kosten verursacht. Noch teurer wird es, wenn sich erst während der Zertifizierungs-Phase herausstellt, dass ein Re-Design nötig ist, um die Grenzwerte der EMV-Richtlinie auch einzuhalten.
Testen, ändern, ausprobieren
10 bis 15 Prozent der Materialkosten eines Schaltnetzteils sind dem EMV-Filter zuzuschreiben. Werden die Produkte in hohen Stückzahlen verkauft, lohnt es sich, die Filter zu optimieren. Doch dazu nutzen die Entwickler häufig die Cut-and-try-Methode. Das heißt, Filterelemente werden solange angepasst, umgelötet und ausgewechselt, bis die gemessenen Störungen innerhalb der Grenzwerte liegen. Meistens kann im Nachhinein nicht mehr richtig nachvollzogen werden, welche Änderungen in welchem Frequenzbereich gewirkt haben. Am Ende hat man zwar eine Lösung. Doch ist sie auch die beste?
Hochfrequenz-Verhalten einer Drossel
Um Störungen zu unterdrücken, werden LC-Filter eingesetzt. Möchte man ein EMV-Filter für die leitungsgebundenen Störungen im Frequenzbereich von 150 kHz bis 30 MHz auslegen, muss auch das Hochfrequenz-Verhalten (HF) der Filterelemente berücksichtigt werden. Betrachtet man beispielsweise das HF-Verhalten einer 10-mH-CMM-Drossel, erkennt man in Abbildung 1, dass die Drossel ab einer Frequenz von ungefähr 200 kHz kapazitiv wirkt. Das ist nicht gerade das, was man sich von einer Drossel erhofft, die bis in den Megahertz-Bereich Störungen unterdrücken soll. Die Resonanz bei rund 30 MHz ist auf die Streuinduktivtät zurückzuführen.
Welche Störungsart liegt vor?
Um EMV-Filter zielgerichtet auslegen zu können, muss man die Störungsart kennen und wissen, in welchem Frequenzbereich diese auftritt. Im tiefen Frequenzbereich bis 1 MHz dominieren meist die differentiellen (DM) Störungen. Hervorgerufen werden sie durch Spannungsabfälle am ESR (Serienwiderstand, engl. equivalent series resistance) der Filterkondensatoren im Zwischenkreis. Diese Störungen können durch das Herabsetzen der Schaltfrequenz verschoben werden - zum Beispiel mit einer PFC (Power Factor Correction)-Stufe in den tieferen Frequenzbereich. Die Oberwellen müssen dann weniger gedämpft werden. Common-Mode (CMM)-Störungen wirken dagegen bis über 100 MHz und werden durch parasitäre Effekte und Koppelpfade in der Elektronik verursacht. Nutzt man nun die oben erwähnte CMM-Drossel, um CM-Störungen ab 1 MHz zu dämpfen, wird ersichtlich, wie wichtig die Betrachtung über den gesamten Frequenzbereich ist. Eine Auslegung basierend auf theoretischen Werten ist unzureichend.
Software-Tool für die Auslegung
Zur Auslegung der EMV-Filter muss der Frequenzbereich, in dem die Störung wirkt, berücksichtigt werden. Kennt man die Störungsart, deren Koppelpfade und den wirksamen Frequenzbereich, kann man mit der Filterauslegung starten. Eine Möglichkeit ist, einen Spice-Simulator zu verwenden und die entsprechenden Bauteilersatzschaltbilder einzubinden. Hat man auf die Ersatzschaltbilder jedoch keinen Zugriff, müsste man diese herleiten oder berechnen, was sehr aufwändig sein kann. Und so hat die Firma Negal Engineering eine einfachere Methode entwickelt: Über eine Software (EMV-Filter-Synthese) und einem Vektor-Netzwerkanalyzer kann man die Filterkomponenten, die man einsetzen möchte, oder die man als Standartbauteile auf Lager hat, ausmessen. In einem nächsten Schritt wird dann - basierend auf den gemessenen Werten - das Filter erstellt und simuliert.
Ein Beispiel: Ein zweistufiges CMM-Filter mit einer CMM-Drossel und zwei Y-Kondensatoren soll Störungen bis 30 MHz unterdrücken. Das entsprechende zweistufige Filter wurde mit der Software EFsyn erstellt. Der Widerstand, der stellvertretend für die Impedanz der Netznachbildung steht, beträgt 50 Ohm. Zur Berechnung werden die ausgemessenen Frequenzgänge der Filterelemente benutzt. Abbildung 2 zeigt nun den simulierten Frequenzgang mit den realen Filterelementen.
Ziel erreicht?
Zur Unterdrückung der CMM-Störungen, die mit großer Wahrscheinlichkeit über 1 MHz dominieren, ist ein wirksames Filter von Nöten. Hat man dies im Beispiel nun erreicht? Abbildung 2 zeigt, dass bei 1 MHz bereits eine Differenz von über 20 dB zwischen dem idealen Filter und der Praxis besteht. Dies bedeutet, dass der ausgelegte Filter zehnmal weniger wirkt als angenommen. Weitere Effekte, die in der Praxis die Filterperformance verschlechtern, sind noch gar nicht berücksichtigt.
Dieses Vorgehen hat gegenüber einer Spice-Simulation den Vorteil, dass keine Ersatzschaltbilder hergeleitet werden müssen. Alle Elemente können schnell und einfach gemessen und für die Simulation direkt benutzt werden. Nichlineare Ein- und Ausgangsimpedanzen können miteinbezogen werden.
Ein Szenario aus der Praxis: Man steht im EMV-Labor und braucht eine schnelle Lösung, ersetzt eine 10-mH-Drossel durch eine 15-mH. Die Störungen werden in einem Frequenzbereich zwar weniger, in einem anderen dafür mehr. Das HF-Verhalten der Bauteile könnte der Grund gewesen sein. So hat bei gleicher Baugröße eine CMM-Drossel mit höherer Induktivität wahrscheinlich höhere parasitäre Kapazitäten. Die Resonanzfrequenz kommt dadurch noch tiefer zu liegen. Mit dem hier vorgestellten Vorgehen können viele Probleme schon von Anfang erkannt werden.
Zusammenfassung
Ein strukturiertes Vorgehen bei der Entstörung ist von Vorteil. Dabei sollte man die auftretenden DM- und CMM-Störungen kennen. Bei Störungen über 1 MHz muss das HF-Verhalten der Filterelemente mit einbezogen werden. Unterstützt wird der Enwickler von der Software EFsyn, denn die parasitären Effekte der Filterelemente werden bei der Simulation berücksichtigt. Dieses Vorgehen kann Entwicklungszeiten und Kosten reduzieren.
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