Interview mit Dirk Wagner und Rolf Schillinger zu den Themen WinCC und Siemens-Solution-Partner
27.11.2014 -
Setzt Siemens auf Apps oder Browser-optimierte Zugriffe? Welche Vorteile bringt es genau, im Solution-Partner-Programm von Siemens zu sein? Und was zeichnet die Solution-Partner aus? messtec drives Automation war bei Siemens vor Ort und stellte den beiden Marketing Managern Dirk Wagner und Rolf Schillinger diese und weitere Fragen.
Was ist das Besondere an WinCC? Was hebt sie von anderer Scada-Software ab?
Rolf Schillinger: Simatic WinCC zeichnet sich besonders durch seine einfache Skalierbarkeit aus. Der Anwender kann jederzeit seine Anlage erweitern oder modernisieren, wodurch der Investitionsschutz gegeben ist. Er kann bei der Automatisierung der Anlage mit einem kleinen Einplatzsystem beginnen und sie dann beliebig erweitern. Nach und nach kann so ein effizientes Mehrplatzsystem entstehen - oder ein System mit verteilten, webbasierten Lösungen. Effizienz ist ohnehin einer der großen Vorteile der Software, zum Beispiel für ein kurzes Time-to-Market. Zudem ist die Scada-Software sehr offen und bietet viele internationale Standards, wodurch man spezielle Kundenwünsche relativ einfach einpflegen kann. Außerdem haben wir viele Web-Features integriert, um zum Beispiel jederzeit und von überall auf die Software zugreifen und Daten abrufen oder eingeben zu können. Das macht Instandhaltung und Qualitätsmanagement aus der Ferne einfach. Und natürlich: der Support. Wir bieten rund um die Uhr weltweite Unterstützung, entweder durch Siemens-Mitarbeiter oder von zertifizierten Partnern. Alles zusammengenommen kann man schon sagen, dass wir mit Simatic WinCC die beste Lösung am Markt haben.
Simatic WinCC wird auch in verschiedenen Apps angeboten. Ist es nicht zu aufwändig, sich gerade bei Android an die vielen Hardware-Konfigurationen anzupassen?
Rolf Schillinger: Tatsächlich bieten wir zahlreiche Apps an. Dies sind beispielsweise die Simatic-App SmartClient zur Fernbedienung von Simatic-HMI-Comfort-Panels bei WinCC im TIA-Portal oder für Simatic WinCC OA die App WinCC-OA-Operator zur Fernbeobachtung von Anlagen. WinCC OA ist die Software, die früher unter dem Namen PVSS bekannt war. Diese ist besonders geeignet für Anwendungen mit hohem kundenspezifischem Anpassungsbedarf, große und/oder komplexe Anwendungen sowie Projekte, die spezielle Systemvoraussetzungen und Funktionen erfordern.
Für Simatic WinCC Version 7.x, welche bei einem Großteil der Scada-Applikationen zum Einsatz kommt, haben wir uns für andere Techniken entschieden - bei der Option Simatic WinCC/WebUX setzen wir auf eine rein web-basierte Technik. So kann der Kunde frei wählen, mit welchem mobilen Gerät er zugreifen will. Wichtig ist nur, dass es über einen Browser verfügt. Zudem muss der Anwender bei einem späteren Versionswechsel von WinCC keine App updaten; über den Browser greift er immer auf die neueste Version zu. Wird hingegen eine Fernbedienung mit voller WinCC-Funktionalität gefordert, dann kommt der Simatic WinCC/WebNavigator zum Einsatz. Dieser benötigt eine Clientinstallation auf den PCs oder PDAs, auf denen er eingesetzt wird. Auch hier wurde also nicht auf eine App-basierte Lösung gesetzt.
Auch bei Simatic WinCC setzt man auf Visualisierung, hauptsächlich in 2D. Überlegt man, auch aufwändige 3D-Anwendungen einzubauen? Oder wird das von Kundenseite nicht gewünscht?
Rolf Schillinger: Natürlich haben wir uns eingehend mit dem Thema der 3D-Visualisierung beschäftigt. 3D-Animationen zu erstellen, ist sehr zeitaufwändig, vor allem dann, wenn man nicht auf von CAD-Systemen erstellte Dateien zugreifen kann. Außerdem wird es von Kundenseite aktuell noch nicht besonders stark nachgefragt: In der Fertigungsindustrie wünscht man sich technische Darstellungen auf dem Display.
Trotzdem existieren bereits schöne Beispiele für 3D-Visualisierungen, die beispielsweise von unseren WinCC Specialists im Bereich Wasser/Abwasser implementiert wurden. Da wird sicher in Zukunft auch noch einiges zu erwarten sein.
Siemens unterhält ein Netz von Solution Partners, die für WinCC zertifiziert sind, aber nicht zu Siemens gehören. Was ist der Vorteil dieses Programms?
Dirk Wagner: Unter dem Namen Siemens-Solution-Partner Automation haben wir ein Netz von über 1.300 Lösungsanbietern weltweit, die alle einheitlich qualifiziert wurden und das gesamte Angebot von Siemens in der Automatisierungs- und Antriebstechnik anbieten können. Auch die WinCC Specialists sind Mitglieder dieses Partner-Programms. Sie haben ein zentrales Audit durch Siemens bestanden und sind in der Regel Systemintegratoren, die über ein großes Branchenwissen verfügen und die Sprache der Branche sprechen. Sie kennen den Markt, die Anforderungen an Automatisierungsanlagen als auch an Visualisierungs- und Scada-Lösungen. Auch in öffentlichen Ausschreibungen ist der Status „zertifizierter System- oder Lösungspartner" immer öfter in der Ausschreibung gefordert. Der WinCC Specialist kann hier „noch eine Schippe drauflegen" und sich über seinen Status besonders auszeichnen.
Endkunden finden in den WinCC Specialists Ansprechpartner, die in der Lage sind, auch umfangreiche Projekte mit Scada-Software von Siemens zu realisieren und dies auch nachweisen können. Das gibt Vertrauen gerade bei Projekten, die besonders kompliziert sind oder bei denen zum Beispiel mit virtuellen Maschinen gearbeitet werden muss. Auch individuelle Anforderungen realisieren WinCC Specialists, indem sie beispielsweise die Software mit Skripten um Funktionen erweitern, beispielsweise zur Versanddatenverwaltung.
Wie werden die Spezialisten geschult? Wer nimmt an den Schulungen teil?
Dirk Wagner: Für die WinCC Specialists gibt es ein breites Angebot, das nicht nur technische Aspekte abdeckt. Jeden Monat gibt es für alle Spezialisten weltweit ein Webinar, das einen besonderen Aspekt rund um WinCC fokussiert: beispielsweise die Implementierung von VBA-, VBS- und C-Skripte. Aber auch neue Funktionen und das Projektieren neuer Optionen zur Erweiterung der Basis-Software, etwa Information Server, oder auch Tipps und Tricks stehen auf dem Plan. Die Schulungen sind praxisorientiert und wir zeigen live viele Beispiele mit der Software.
Jährlich gibt es darüber hinaus ebenfalls weltweit Präsenzschulungen. Neben einem vertrieblichen Update für Manager geht es hier für Techniker und Projektierer noch mehr in die technischen Details. In Workshops werden Funktionen und deren Anwendung vorgeführt, erklärt und dann, mittels Hands-On-Training, gleich praktisch von den Teilnehmern umgesetzt. Ganz wichtig ist bei diesen Events auch der gegenseitige Austausch von Erfahrungen - schließlich sind hier Spezialisten mit vielfältigen Erfahrungen an einem Ort. Da wird dann auch mal die eine oder andere Implementierung diskutiert oder es werden neue Lösungsansätze gefunden.
Die WinCC Specialists sollen auch bei Systemen beraten. Werden nur Produkte von Siemens für diese Systeme vorgesehen? Falls ja, beinhalten dann die Schulungen auch einen tiefen Einblick in das Siemens-Produktportfolio? Falls nein: Welche Produkte werden empfohlen? Oder entscheiden das die Specialists selbst?
Dirk Wagner: Unsere WinCC Spezialisten sind alles eigenständige Systemintegratoren oder OEMs und besitzen als solche volle Entscheidungsfreiheit bei der Wahl ihrer Komponenten. Es gibt viele Partner, die mit mehreren Anbietern gearbeitet und sich schließlich zu einer Partnerschaft mit Siemens entschlossen haben. Viele Firmen betreuen auch Bestandsprojekte mit Komponenten anderer Hersteller weiter. Es gibt also zahlreiche Partner, die unterschiedliche Systeme kennen und implementieren können, und auch in der Lage sind, Systeme verschiedener Hersteller nebeneinander zu realisieren.
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