Wärmefluss-Thermografie
Die Wärmefluss-Thermografie - oder auch „aktive Thermografie" - basiert auf dem dreidimensionalen Wärmefluss innerhalb eines zu prüfenden Bauteils. Eine Reihe verschiedener Anregungstechniken kann diesen Wärmefluss über den zu prüfenden Bereich durch inhomogene Erwärmung
des Bauteils erzeugen. Liegen innerhalb des Materials Fehler vor, ist der Wärmefluss gestört.
Eine Infrarotkamera bildet die Veränderung der Wärmestrahlung an der Bauteiloberfläche mit hoher zeitlicher und thermischer Auflösung (üblicherweise im Millisekunden- und Millikelvin-Bereich) ab. Das Infrarotvideo erlaubt Rückschlüsse - zum Teil auch durch Vergleich mit mathematischen Modellen der Wärmeausbreitung - auf den dreidimensionalen Wärmefluss und damit auf Fehler, die in einem Bauteil verborgen sind. Typische Bauteile sind: Karosseriestrukturen, Solarmodule, Turbinenschaufeln, Bandstahl, lackiertes Blech, mikroelektronische Schaltkreise, Kohlefaser-Verbundstoffe - die Liste ließe sich nahezu beliebig fortsetzen.
Im Gegensatz dazu wird bei der „passiven Thermografie" lediglich die von allen Gegenständen ausgesendete Wärmestrahlung aufgenommen. Dies erlaubt in einigen Fällen ebenfalls eine Defektdetektion, jedoch nur von Defekten, die an der Bauteiloberfläche liegen.
Wärmefluss-Thermografie - ein zerstörungsfreies Prüfverfahren
Neben den bekannten Methoden zur zerstörungsfreien Prüfung (ZfP) wie Röntgen-, Ultraschall- und Wirbelstromprüfung, hat sich in den letzten Jahren die Wärmefluss-Thermografie als eigenständiges ZfP-Verfahren auch im industriellen Umfeld etabliert. Basis hierfür ist insbesondere die Verfügbarkeit eines breiten Spektrums leistungsfähiger Infrarotkameras und applikationsoptimierter Infrarot-Optiken (z. B. Mikroskopobjektive). Daneben wurden die verfügbaren Anregungstechniken weiterentwickelt bzw. auf die Bedürfnisse der Wärmefluss-Thermografie angepasst und optimiert. Der wesentlichste Schritt zu einem breiten industriellen Einsatz war jedoch die Entwicklung automatisierter, produktionstauglicher Systeme für spezifische Anwendungen. Hierbei wurden die Vorteile der Wärmefluss-Thermografie (berührungslos, zerstörungsfrei, bildgebend, etc.) für einen technisch wie wirtschaftlich erfolgreichen Einsatz herausgearbeitet. Teilweise kann die Wärmefluss-Thermografie zerstörende Prüfmethoden ersetzen (z. B. „Hammer-und-Meißel-Test" bei Schweißverbindungen), teilweise steht erst mit der Wärmefluss-Thermografie überhaupt eine geeignete Prüfmethode zur Verfügung.
Infrarotkameras und -objektive
Die Hauptkomponenten der Messtechnik sind hochauflösende Infrarotkameras und lichtstarke Infrarotobjektive. Beide Komponenten müssen auf den selben Wellenlängenbereich abgestimmt sein: So werden Infrarotkameras für den kurz-, mittel- und langwelligen Infrarotbereich (SWIR, MWIR und LWIR) angeboten, daneben Spezialkameras, die zwei benachbarte Wellenlängenbereiche abdecken: S/MWIR und sog. Dualbandkameras für das mittel- und langwellige Infrarot. Um einen schnellen Vorgang scharf abzubilden oder allgemein um hohe Bildraten nutzen zu können, braucht man empfindliche Detektoren und lichtstarke Abbildungssysteme. Kameras und Objektive der Thermosensorik GmbH sind aus diesem Grund auf große Blenden (F/2.0 oder F/1.5) ausgelegt.
Bei der Auswahl der passenden Kamera sind ferner zu berücksichtigen: Die für die geometrische Auflösung benötigte Pixelzahl, die zur zeitlichen Auflösung benötigte Bildwiederholrate (bei vorgegebener Bildgröße) und damit eng verknüpft die erzielbare Integrationszeit (Belichtungszeit). Nicht zuletzt müssen Abbildungsmaßstab und der Abstand zwischen Kamera und Objekt unter einen Hut gebracht werden: Werden Teleobjektive oder Mikroskopobjektive mit Ortsauflösung bis unter 3 µm benötigt oder ist ein Standardobjektiv das Richtige? Doch es geht noch kleiner: Neben der einzigartige Palette an Mikroskopobjektiven sorgen Festkörperimmersionslinsen und der sich nach allen Seiten ausbreitende Wärmefluss dafür, dass selbst Wärmequellen im Nanometerbereich nachgewiesen werden können.
Anregungstechniken
Der Wahl der passenden Anregungstechnik kommt in der Wärmefluss-Thermografie eine besondere Bedeutung zu: Welche Anforderungen stellen das Prüfstück und die Prüfumgebung? Materialeigenschaften wie elektrische Leitfähigkeit, Wärmekapazität und -leitfähigkeit sowie das Absorptionsvermögen sind hier ebenso zu berücksichtigen wie Zugänglichkeit, Arbeitssicherheit oder Betriebskosten und Dauerfestigkeit der Anregungstechnik. Zur Auswahl stehen neben Blitzlampen, Halogenlampen, LED-Arrays und Lasern auch Erwärmung unter Betriebsspannung, Wirbelstromanregung, Ultraschall, Heiß- und Kaltluft sowie mechanische Anregung. Induktions- oder Wirbelstromanregung gehört zu den berührungslosen Anregungsmethoden und ist gerade bei stark reflektierenden metallischen Prüfstücken einer Beleuchtungsanregung vorzuziehen.
Das Beispiel in der Abbildung unten (rechts) zeigt, wie ein mit Kunststoff ummanteltes Messingrohr mit Bohrungen die Induktionsanregung durchläuft. Erwärmt wird in diesem Fall lediglich das leitfähige Messingrohr, von dem aus die Wärmewelle durch den Kunststoffmantel zur Oberfläche läuft. Das Ergebnisbild entsteht durch Aneinanderreihung von vielen während der Durchfahrzeit aufgenommenen Zeilenbildern und macht auch die Bohrungen unterhalb des Kunststoffmantels sichtbar.Für elektrisch nicht leitende Materialien empfehlen sich in erster Linie die optischen Anregungstechniken: Halogenlampen, Blitzlampen, Laser, LED-Arrays. Die Anregung durch Halogenlampen eignet sich besonders zur Lock-in-Thermographie mit Modulationsfrequenzen bis maximal 1 Hz. Die flächige Anregung mit Blitzlampen ist wahrscheinlich die verbreitetste Methode, auch weil seit längerem auf Dreischichtbetrieb ausgelegte Systeme verfügbar sind. Mit Blitzlampen lässt sich hochenergetisch und impulsartig auch in gut wärmeleitenden Materialien ein ausreichender Wärmegradient - und damit ein ausreichender Wärmefluss - erzeugen. Laser und LED-Arrays ermöglichen sowohl die schnelle Modulation der Anregungsleistung als auch die geschickte Wahl der Anregungswellenlänge, angepasst auf das Probenmaterial und den Empfindlichkeitsbereich der IR-Kamera. Die Laseranregung erlaubt es zusätzlich, sowohl auf einen Punkt fokussiert als auch flächig (aufgeweitet oder scannend) Wärme einzubringen.
Labor- und Anlagensoftware
Die Markterfordernisse haben zwei Entwicklungsrichtungen für die Software vorgegeben: Eine vielseitige Laborsoftware („Multi Purpose Software" MPS), eine Software für periodisch angeregte Messungen (Lock-in-Suite) und Zusatzoptionen (Scriptsprache, Software-Entwicklungsumgebung...) dienen vorrangig dem Forschungseinsatz mit ständig wechselnden Anwendungsgebieten.
Daneben wurde speziell für die Nutzung innerhalb der industriellen Produktion die Thermosensorik-Anlagensoftware SCS entwickelt. Sie verfügt über eine industrieübliche Feldbus-Schnittstelle und zweierlei Betriebsmodi: Bedienermodus sowie Expertenmodus. Hierdurch wird einerseits eine Fehlbedienung im Produktionseinsatz verhindert, andererseits können durch den Experten Parameter optimiert bzw. jederzeit zusätzliche Bauteile neu parametriert werden.
Fachkundige Beratung und Machbarkeitsstudien im Applikationslabor von Thermosensorik helfen, die optimale Kombination aus Kamera, Optiken, Anregungstechnik und Auswertungssoftware zu finden.












