„Unsere Sensoren ermöglichen eine genauere Materialsortierung“
Interview mit Christian Schoppmann, Sales Engineer bei Hamamatsu Photonics
Was sind die höchsten technischen Hürden beim Sortieren von Kunststoffabfällen?
Kunststoffabfälle werden in der Regel geschreddert, die Materialflocken dann je nach Material sortiert. Die Herausforderung beim Sortieren von Kunststoffen ist nun, die geschredderten Materialien klar unterscheiden zu können. Dabei kommt es auf die räumliche Auflösung an, also wie fein das Material ist, als auch auf die Geschwindigkeit der Kameras, um ein effizientes Sortieren zu ermöglichen.
Welche Rolle spielen dabei Hyperspektralkameras?
Neben Zeilenkameras mit CCD- oder CMOS-Sensoren werden auch mehr und mehr Hyperspektralkameras eingesetzt. Mit diesen ist es möglich, die chemische Zusammensetzung der Materialien sichtbar zu machen, indem die Spektren verschiedener Kunststoffe im Infrarotbereich gemessen werden. Das Material wird mit Infrarotlicht beleuchtet und, wie bei normalen Zeilenkameras, während der Bewegung gescannt. Das einfallende Licht fällt durch einen Spalt, wird durch ein Gitter oder Prisma in Y-Richtung gestreut und von einem Flächenbildsensor detektiert. Anhand der eindeutigen Infrarotspektren entsteht somit ein chemisches Bild des Objekts. Die Objekte untereinander können anhand der Spektren unterschieden und entsprechend sortiert werden.
Welchen Vorteil haben Hyperspektralkameras gegenüber Zeilenkameras mit CCD- oder CMOS-Sensoren beim Sortieren von Kunststoffabfällen?
Materialien, die auf den ersten Blick und unter sichtbarem Licht gleich erscheinen, können mittels Hyperspektralkameras unterscheidbar gemacht werden.
Welche technischen Grenzen hatten InGaAs-Sensoren bisher? Und welche Auswirkungen hatte dies in der Praxis?
Bisher lag der Fokus auf dem Einsatz von Infrarot-Bildsensoren, die bis 1,7 µm empfindlich sind. In diesem Wellenlängenbereich ist es allerdings schwierig, Materialien zu unterscheiden, die Brandverzögerer enthalten [Brandverzögerer oder auch Flammschutzmittel kommen in zahlreichen Kunststoffanwendungen vor, angefangen bei Teppichen über Elektrogeräte bis hin zu Dämmstoffen, Anm. d. Red.]. Erst bei höheren Wellenlängen können Unterschiede in den Spektren erkannt werden, je nachdem, ob Brandverzögerer enthalten sind oder nicht.
Wie hat Hamamatsu Photonics dieses Problem gelöst?
Hamamatsu Photonics hat Bildsensoren und Kameramodule bis 2,55 µm Sensitivität entwickelt, um auch Materialien mit Brandverzögerer zu identifizieren. Eine höhere IR-Empfindlichkeit bedeutet aber auch ein in der Regel höheres thermisches Rauschen. Daher hat Hamamatsu Photonics nicht nur die Empfindlichkeit des Sensormaterials erhöht, sondern auch die Ausleseelektronik (read-out integrated circuit = ROIC) verbessert, um den Dunkelstrom, also den thermischen Einfluss, zu verringern und die Auslesegeschwindigkeit zu erhöhen. Aktuell ist eine Geschwindigkeit von über 500 Bildern pro Sekunde bei QVGA-Auflösung möglich.
Mit der neuen C16090-Serie bietet Hamamatsu Photonics nun Kameramodule mit InGaAs-Sensoren an, die verschiedene Cut-off-Wellenlängen haben und damit für unterschiedliche Zielanwendungen eingesetzt werden können. Ein Modul besteht aus einem gekühlten InGaAs-Bildsensor, einem auf geringen Dunkelstrom ausgelegten analogen Frontend und einem A/D-Wandler, der digitale Ausgangssignale liefert. Es ist außerdem möglich, die Temperatur des Bildsensors einzustellen. Der Vorteil dieser Module ist eine deutlich einfachere Integration in Hyperspektralkameras.
Welche Anwendungen neben dem Abfallsortieren kommen für die neuen Sensoren und Module noch infrage?
Neben dem Sortieren von Kunststoffen können Hyperspektralkameras auch für Lebensmittel eingesetzt werden. In der chemischen und pharmazeutischen Industrie ist ihr Einsatz ebenfalls möglich. Darüber hinaus ist es denkbar, mithilfe von Hyperspektralkameras Baustoffe wie Beton oder Holz zu prüfen.
Wo liegen weitere Verbesserungspotenziale der Infrarotsensoren, um die Effizienz des Sortierprozesses weiter zu erhöhen sowie das Anwendungsspektrum von Hyperspektralkameras mit Infrarotsensoren zu verbreitern?
Eine große Herausforderung für die Anwendung sind Lichtquellen mit ausreichend starker Emission im Infrarotbereich. Hier werden vor allem Halogenlampen eingesetzt, allerdings auch mehr und mehr LEDs, die weniger Energie benötigen und weniger Wärme erzeugen, oftmals aber noch nicht ausreichend Leistung liefern.
Auf Seiten der Bildsensoren können die Empfindlichkeit und Bildraten verbessert werden. (dl)
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