Deutschlands digitale Zukunft: Experten zeigen Schwachstellen
15.01.2015 -
„Digitalisierung. Achillesferse der deutschen Wirtschaft? Wege in die digitale Zukunft" unter diesem Motto steht die sechste Phase der Zukunftsstudie des Müncher Kreis, die heute in den Räumen des Bayerischen Landtags vorgestellt wird. Die unter der Schirmherrschaft des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie stehende Studie beleuchtet die entscheidende Frage: Stärkt die Digitalisierung die Wirtschaftskraft oder stellt sie die deutsche Wirtschaft vor unlösbare Probleme?
Damit die deutsche Wirtschaft mit der weltweit voranschreitenden Digitalisierung Schritt halten kann, müssen die Weichen für den Wandel schnellstens gestellt werden. Dazu ist es notwendig, altbekannte Wege zu verlassen und neue Pfade zur Bewältigung der digitalen Herausforderung zu beschreiten. Die Studie des Münchner Kreis benennt sechs sogenannte „Zukunftsräume", die die Problemfelder der deutschen Wirtschaft aufzeigen, analysieren und gleichzeitig mögliche Lösungswege skizzieren.
„Mittel- bis langfristig sehen die Experten die Entwicklungen jedoch durchaus optimistisch. Abhängig von dem jeweiligen Thema werden die Verbesserungen in Bezug auf Schnelligkeit und Intensität unterschiedlich eingeschätzt, eine grundsätzliche Verbesserung in der Zukunft wird prognostiziert", fasst Prof. Michael Dowling, Vorstandsvorsitzender des Münchner Kreis die Ergebnisse zusammen und fordert dazu auf, „die Ergebnisse als Impuls für den weiteren Diskurs um die Chancen der Digitalisierung in Deutschland zu nutzen."
Staatssekretär Pschierer resümiert: „Die aktuelle Studie gibt diskussionswürdige und handlungsrelevante Impulse für Politik und Wirtschaft, die in unsere Strategie Bayern Digital einfließen werden." Die sechs in der Studie identifizierten „Zukunftsräume":
- Ausbildung von Verlierern?
61 Prozent der Befragten sehen den Fachkräftemangel v.a. im MINT-Bereich heute als strukturelle Herausforderung. Um dem zu begegnen, muss das Bildungssystem so schnell wie möglich an die Gegebenheiten der digitalen Welt angepasst werden, die Lehrerausbildung besser ausgestaltet und die digitale Kompetenz jedes einzelnen Bürgers erhöht werden.
- Digitale Politik nicht „up-to-date"?
Die Politik ist der Digitalisierung in ihrer heutigen Organisationsform nicht gewachsen. 86 Prozent der Experten sehen hier Restrukturierungsbedarf und denken dabei insbesondere an die Schaffung eines fachübergreifenden Bundesministeriums für Digitalisierung und Medien?
- Mangelnde Datensouveränität
Datensouveränität sollte in Zukunft als Schlüssel zur digitalen Ökonomie verstanden und sichergestellt werden. Darüber hinaus müssen Bürgerrechte und -freiheiten geschützt werden. 65 Prozent der Befragten stimmen der These zu, dass die Vorbehalte der Nutzer gegenüber Datenmissbrauch gegenüber den Vorteilen der Nutzung in den Hintergrund treten.
- Sackgasse: „Made FOR Germany"?
Die Umsetzung von Innovationsstrategien durch deutsche Unternehmen wird von mehr als der Hälfte der teilnehmenden Experten als zu selten, zu langsam und mit zu geringem wirtschaftlichem Erfolg beurteilt. „Think BIG" müsse zur Tugend in deutschen Unternehmen werden.
- Verharren in ausgedienten Handlungsmustern?
Drei Fünftel der Experten bestätigen, dass die deutsche Wirtschaft zu sehr in bisher oft erfolgreichen, jedoch ausgedienten Handlungsmustern verharrt. Dadurch wird die Verwirklichung von innovativen Produktstrategien und Geschäftsmodellen vielfach verhindert. Erfolgreich kann Deutschland in Zukunft nur sein, wenn die Unternehmen mehr Mut zur Selbstkannibalisierung beweisen, branchenübergreifend kooperieren und den Mittelstand einbeziehen.
- Zu schnell für die deutsche Wirtschaft?
Die Experten bestätigen, dass das bisherige Fördersystem von Forschung und Entwicklung sowie die Umsetzung und internationale Vermarktung den digitalen Märkten nicht genügen. Um digitale Produkte erfolgreich einzuführen, muss eine schnelle Erprobung ebenso erfolgen wie eine frühe Verbreitung. Alle Akteure Politik, Wissenschaft, Medien, Wirtschaft und Verbände müssen sich sowohl mit Prinzipien als auch Chancen der digitalen Welt nachhaltig auseinandersetzen.
Für die Zukunftsstudie Phase VI haben 517 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik in einer von TNS Infratest durchgeführten Online-Befragung 29 aus Trends und Entwicklungsprognosen gewonnene Thesen beurteilt, die unterschiedliche Herausforderungen der Digitalisierung thematisieren. Auf Grundlage dieser Experteneinschätzungen wurden in Workshops Impulse für denkbare Wege in die digitale Zukunft entwickelt.
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