Automatisierung

Montagestationen mit Kleinst­motoren unterstützen Uhrmacher mit automatisierten Abläufen

03.07.2020 -

Hochwertige mechanische Uhren sind edle Schmuckstücke mit einem komplexen Innenleben. Um diese herzustellen, müssen zahllose Arbeitsschritte präzise ineinandergreifen. Montagestationen unterstützen die Uhrmacher mit automatisierten Abläufen – ausgewählte Antriebstechnik sorgt beispielsweise beim Transport der Uhren während der Montage für das notwendige Feingefühl.

In unserer digitalen Zeit sind mechanische Uhren eigentlich ein Anachronismus. Dennoch gibt es eine ungebrochene Nachfrage. Die hochentwickelte Handwerkskunst wurde vor allem in der Schweiz über Jahrhunderte von Generation zu Generation weitergegeben. Allerdings fertigen die meisten Hersteller ihre Produkte heute in Stückzahlen, die sich in reiner Handarbeit nicht mehr bewältigen lassen. Zwar werden weiterhin die wichtigen Arbeitsschritte durchweg von Hand ausgeführt. Der gesamte Ablauf ist jedoch arbeitsteilig in verschiedene Prozesse unterteilt und die Facharbeiter werden maschinell unterstützt, zum Beispiel mit automatischen Fördereinrichtungen. Ein gutes Beispiel dafür liefert die Montagestation von Precitrame. Das Schweizer Unternehmen, das auf Rundtakt-Transfer- und Finishing-Anlagen für feinmechanische Produkte spezialisiert ist, hat diese Station speziell für die halbautomatische Fertigung hochwertiger Uhren entwickelt.

Montagefabrik im Miniaturformat

Bei geschlossenem Maschinengehäuse sieht man nicht viel vom technischen Innenleben der Montagestation. In der Mitte der Arbeitsfläche ist vorne lediglich eine kleine runde Aussparung sichtbar. Hierhin bekommt der Uhrmacher das Uhrwerk angeliefert, um den nächsten Montageschritt auszuführen. Ist dieser beendet, legt er es dort wieder ab. Das Werkstück wird nun unter der Abdeckung weitertransportiert, während der Mitarbeiter das nächste zur Bearbeitung bekommt. Unter der Abdeckung stecken unterschiedliche Fördereinrichtungen, die wie die Miniaturversion einer Montagefabrik aussehen. Die Werkstücke fahren auf zahlreichen nebeneinanderliegenden Förderbändern hin und her, passieren Weichen und können ganz unterschiedliche Wege nehmen – je nachdem, welcher Arbeitsschritt am Los gerade durchgeführt wird.
Schlussendlich gelangen alle Uhrwerke in einen Lader im hinteren Bereich der Station, der sie vom Förderband hebt und für den folgenden Prozessschritt in eine weitere Einheit einlegt. Hier kann beispielsweise noch ein mikroskopisch feiner Tropfen Öl automatisch aufgebracht werden.
Vor allem ist diese Einheit aber für die Qualitätssicherung zuständig. Es wird geprüft, ob die vorangegangenen Montageschritte mit der gewünschten Präzision gelungen sind. Optische und akustische Messgeräte überprüfen zum Beispiel die Vollständigkeit der Komponenten und vermessen Gang und Amplitude des Regelorgans. Alle Messdaten werden automatisch erfasst, über CANopen weitergeleitet und in einer Datenbank hinterlegt. Ein kleiner QR-Code auf dem Werkstückträger erlaubt die Zuordnung dieser Fertigungsdaten zur einzelnen Uhr. So entsteht für jedes einzelne Uhrwerk eine vollständige Dokumentation aller Montageschritte, die an dieser Station durchgeführt wurden.

Große Verfahrwege, sanfte Beschleunigung

Vom Förderband heben und einem Prozessschritt zuführen – dieser Vorgang stellt beachtliche Anforderungen an die eingesetzte Technik. Die filigranen Uhrwerke liegen lose in ihren flachen Trägern. Bei einer ruckartigen Bewegung könnten sie herausfallen, beschädigt werden und den Prozessablauf durcheinanderbringen. Zugleich sind – im Verhältnis zu den kleinen Dimensionen, in denen sich hier alles bewegt – beträchtliche Wege zurückzulegen. Der vertikale Hub des Laders etwa beträgt gut 20 Zentimeter. Seine Arbeit soll aber die Taktzeit der gesamten Maschine nicht verzögern. Also ist es nicht damit getan, die einzelnen Abläufe langsam und damit im sicheren Bereich durchzuführen.

In drei Millionen Testzyklen bewährt

Zudem sind drei Abläufe präzise zu synchronisieren: Die Transportpalette mit dem Werkstückträger wird auf einer horizontalen Achse zum Greifer befördert. Dieser fasst den Träger und wird vertikal nach oben geführt. Dort angekommen, fährt der Greifer wieder horizontal zur Messstation, wo die vorgesehene Routine abläuft. Für jede dieser Bewegungen wird ein genau abgestimmtes Profil benötigt: langsam anfahren, sanft beschleunigen, vorsichtig bremsen und den Vorgang in langsamem Tempo beenden. Die Antriebslösung für diese dreiachsige Bewegung hat Faulhaber auf die Applikation maßgeschneidert.
    Ihr Kernstück ist ein bürstenloser DC-Servomotor mit 4-Pol-Technologie der Serie 2250 BX4. Bei 22 mm Durchmesser und rund 50 mm Länge liefert er ein Drehmoment bis 32 mNm. Die integrierten Hall-Sensoren geben ein präzises Positionssignal an die Steuerung und bilden damit die Grundlage für exakt reproduzierbare Bewegungsabläufe. Da dieser Motor die Vertikalachse bewegt, verfügt er zudem über eine Bremse. Bei einer Prozessstörung, etwa einem Stromausfall, kann dadurch auch die Position gehalten und ein Herunterfallen des Greifers verhindert werden. Eine eigens für diese Anwendung entwickelte Spindel mit besonders steilem Gewinde der Faulhaber-Tochter MPS überträgt die Kraft des Motors auf die gesamte Strecke. Das optimale Material für die Nuss, die auf der Spindel hin- und herfährt, wurde in aufwendigen Dauertests ermittelt: Der hochstabile Kunststoff PEEK, der auch als Material für medizinische Implantate verwendet wird, hat sich in drei Millionen Zyklen am besten bewährt.

Präzise Ansteuerung, kompakte Bauform

Für das Abfahren der einzelnen Bewegungsabläufe ist der Profilgenerator zuständig, eine Software, die im Motion-Controller integriert ist. Die Parameter wurden von den Faulhaber-Experten direkt bei Precitrame auf die Applikation abgestimmt. Der Servomotor 2250 BX4 ist der kleinste auf dem Markt, der diese komplexe Aufgabe übernehmen kann. Zugleich erfüllt er die anderen Anforderungen, welche die Montagestation stellt. Er ist robust, langlebig und liefert ein hohes, rastfreies Drehmoment. Angesteuert wird er von einem MCBL 3002 SCO – einem kompakten Servo-Controller für bürstenlose DC-Motoren. Wegen seiner kompakten Abmessungen von etwa 47 mm Länge, 23 mm Breite und 7,5 mm Tiefe wird ein solcher Controller in der Montagestation auch als zusätzlicher CANopen-Sensorknoten eingesetzt. Für die beiden Horizontalachsen erwiesen sich die Motoren der Serie 2232 BX4 COD als geeignet. Hier ist die komplette Servoelektronik mit CANopen-Schnittstelle bereits im Motor integriert, was bei 22 mm Durchmesser und 32 mm Länge durchaus eine Besonderheit ist. Die Motoren liefern ein Drehmoment von 16 mNm. Ihr eisenloses Design eliminiert das Rastmoment. Das Ruckeln bei jeder Umdrehung, das bei Elektro­motoren mit Eisenanker unvermeidlich ist, kann hier konstruktionsbedingt nicht entstehen. Das sorgt für einen sanften Transport der Uhrwerke.

Kontakt

Dr. Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG

Daimlerstr. 23/25
71101 Schönaich

07031/638-0
07031/638-100

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