Neuer Farbflächensensor in der Getriebefertigung
06.10.2011 -
Eine neue Klasse einfacher, kompakter und besonders kostengünstiger Farbflächensensoren setzt ein führender deutscher Getriebehersteller in einer Pilotanwendung zur Kontrolle farbiger Abdichtstopfen ein. Die staub- und spritzwasserdichten Sensoren können bis zu 16 verschiedene Farbmuster ohne Programmierung „erlernen“, diese intern speichern und bis zu 30 Prüfungen in der Sekunde absolvieren.
Das Werk Saarbrücken der ZF Getriebe GmbH ist Stammsitz des Unternehmensbereichs Pkw-Antriebstechnik der ZF Friedrichshafen AG. Hier werden 4-, 5- und 6-Gang Automatgetriebe für Pkw entwickelt und gefertigt. Seit Produktionsbeginn 1973 wurden in diesem Werk, in dem mehr als 1/5 aller Beschäftigten der saarländischen Automobilindustrie arbeitet, über 10 Mio. Getriebe produziert. Zu den Anwendern gehören führende Automobilkonzerne weltweit.
Eine Ausbringung von täglich rund 4.000 Getrieben in 14 Grundtypen und 120 Varianten erfordert straff organisierte, hoch automatisierte Produktionsabläufe und ein perfektes Qualitätsmanagement, das jeden einzelnen, noch so kleinen Schritt integriert. So auch die Kontrolle einfacher Abdichtstopfen vor und nach dem Waschen der Getriebe: Die Stopfen decken Anschlüsse für das Kühlersystem ab und verhindern, dass Wasser ins Getriebeinnere gelangt. Da sich beim Waschen ein gewisser Innendruck aufbaut, muss sichergestellt werden, dass dieser die Stopfen nicht aus den Anschlussbohrungen herausgedrückt hat.
Neue Sensorklasse schließt Lücke
Aus diesem Grund wird der richtige Sitz der gelben, weißen oder orangefarbenen Stopfen vor und nach dem Waschen schon seit längerem mit intelligenten Kameras von Siemens automatisiert kontrolliert. Vor dem Waschen, wo zusätzlich weitere Merkmale überprüft werden, ist die intelligente Kamera Simatic VS710 die erste Wahl, um die komplexen Graustufenbilder zu erfassen und mit Sollmustern zu vergleichen. „Nach dem Waschen muss lediglich das Vorhandensein der Stopfen geprüft werden“, so Klaus Kimmling, verantwortlich für IT-Aufgaben in der Fabrikautomation bei ZF. „Selbst die einfacheren industriellen Kamerasysteme im Markt sind dafür eigentlich überdimensioniert, weshalb wir schon seit längerem auf der Suche nach einer genauso robusten, aber kostenoptimierten Lösung waren.“
Fündig wurde Kimmling jetzt mit dem neuen Farbflächensensor Simatic MV220, der das Produktportfolio von Siemens Automation and Drives (A&D) im unteren Leistungsbereich der bildverarbeitenden Systeme – oberhalb der herkömmlichen binären Sensorik – abrundet. ZF setzt bevorzugt und durchgängig Automatisierungstechnik von Siemens ein, die sich als langlebig, zuverlässig und jederzeit verfügbar erwiesen hat. Die Saarbrückener gehören seit jeher zu den Erstanwendern neuer Siemens-Automatisierungstechnik und haben auch den neuen Farbflächensensor in einem Pilotprojekt auf Herz und Nieren getestet. „Eine unserer Kernforderungen war, den Sensor ohne aufwändige Programmierung oder tief greifende Kenntnisse in der BV schnell und einfach an unterschiedliche Prüfaufgaben anpassen zu können“, sagt Kimmling. Das ist zwingend nötig, weil an verschiedenen Getriebetypen und dort an unterschiedlichen Stellen jeweils andersfarbige Abdichtstopfen eingesetzt werden.
Von Vorteil für den Einsatz im rauen Produktionsumfeld ist das in Schutzart IP65 staub- und spritzwasserdicht ausgeführte Gehäuse des MV220, das mit kompakten Abmessungen von 113 x 35 x 90 (B x H x T in mm) nur sehr wenig Platz am Band beansprucht und alle erforderlichen Komponenten und Funktionalitäten integriert. Neben dem eigentlichen Farbflächensensor sind dies eine E/A-Schnittstelle für den digitalen Datenaustausch mit der Steuerung, eine laserbasierte Ausrichthilfe sowie eine Beleuchtung.
Kontrolle automatisiert
An der Oberseite hat das Gerät ein einfaches Bedienfeld, mit dem sich in wenigen Handgriffen bis zu 16 Gut-Bilder „teachen“ und im Sensor speichern lassen, um sie dann mit den Aufnahmen der Prüflinge zu vergleichen und auszuwerten. Belichtungszeit, Weißabgleich und Helligkeitskorrektur stellt das Gerät automatisch ein. Die Fokussierung ist halbautomatisch – d.h., der Bediener bzw. der Einrichter muss sich nur um das Erkennungsfenster kümmern, das sich mit einer Justierschraube von 40 x 30 bis 200 x 150 mm variabel an die Aufgabe anpassen lässt.
Die Kontrolle der Abdichtstopfen nach dem Waschen läuft vollautomatisch ab. Über die an den Montagewagen mitfahrenden Datenträger des RFID-Systems Moby I von Siemens wird der aktuelle Getriebetyp erkannt und vom Visualisierungssystem WinCC an die Prüfstandsteuerung, eine Simatic S7-300, übermittelt. Diese aktiviert über die digitalen Eingänge des Farbflächensensors das zugehörige Gut-Bild, stoppt kurz das Montageband und löst zum richtigen Zeitpunkt die Aufnahmen aus.
Bis zu 30 Aufnahmen/s ermöglicht der MV220, so dass auch wesentlich kleinere Objekte sehr schnell nacheinander geprüft werden könnten. Dabei bietet der Farbflächensensor zwei grundsätzliche Betriebsarten: Den „Matching Mode“ zur Überprüfung der Flächen auf alle Farben, und den „Recognition Mode“ zur Suche nach einem speziellen farbigen Merkmal in einer bestimmten Menge, wie hier bei den Getriebestopfen. Die Klassifizierung des Prüfergebnisses findet im Sensor statt und das Ergebnis gelangt über die digitalen Ausgänge, die Steuerung und das Visualisierungssystem zurück auf den mobilen Datenträger, der so eine lückenlose Produkthistorie enthält.
Um die Funktionsfähigkeit des Prüfsystems selbst zu überprüfen, lässt ZF dreimal täglich einen sog. Einstellmaster – ein „fehlerhaftes“ Getriebe ohne Stopfen – durch den Prüfstand laufen.
Eventuelle, etwa wartungsbedingte Stillstände des übergeordneten Leitsystems werden durch eine Offline-Tabelle in der SPS überbrückt, die immer die letzten 10 zu prüfenden Getriebetypen lokal vorhält.
Robust und stabil
Klaus Kimmling hat den neuen Farbflächensensor für diese Pilotanwendung in eigener Regie projektiert und hebt insbesondere das intuitive Teachverfahren sowie die variable Anpassung von Bildfenster und Objektabstand an die Anwendung hervor. „Das verkürzt unsere Umrüstzeiten, ohne auf eine leistungsfähige BV zu verzichten.“ Das Prüfsystem läuft seit mehr als fünf Monaten stabil und zuverlässig und erfüllt die gestellten Aufgaben sehr wirtschaftlich.
Die Autorin: Birgit Gottsauner Marketing Promotion Simatic Sensors Siemens AG Automation & Drives A&D PT 7 MP Kennwort: A&D GC 446/05 karin.kaljumae@siemens.com www.siemens.de/simatic-sensors/mv