Im Bochumer Stahlwerk der ThyssenKrupp Steel AG werden nicht rostende Flachstähle und andere Qualitätsstähle produziert. Der Wickelzustand des gewalzten und aufge­wickelten Stahlblechs, des Coils, wird mit einem optischen 3D-Messsystem erfasst. Die 3D-Messungen erfolgen berührungslos ohne zeitlichen Eingriff in die Fertigung und erlauben Rückschlüsse auf den Anlagenzustand und das Materialverhalten der unterschied­lichen Stahlqualitäten beim Aufwickelvorgang. Die Messwerte sollen in Zukunft die Grundlage für objektive Sperrkriterien bilden und Informationen zum Anlagenzustand für Prozessoptimierungen liefern.

Als Messsystem kommt das System Coilcontrol des Garbsener Unternehmens Solving3D zum Einsatz. Coilcontrol ist ein berührungslos und vollautomatisch arbeitendes 3D-Messsystem mit dem der Wickelversatz an der Stirnseite des Coils mit hoher Präzision erfasst und klassifiziert wird. Selbst glühend heiße Stahlcoils mit bis zu 2 m Durchmesser werden mit einer 3D-Genauigkeit von 0,5 mm vermessen. Das System besteht aus einem frei konfigurierbaren Sensorkopf mit abgesetztem Auswerterechner. Der oder die Sensorköpfe mit Kameras und Laserbeleuchtungssystem können in unmittelbarer Nähe des Coils platziert werden. Bewegliche mechanische Komponenten sind nicht notwendig und die Kameras können in wassergekühlten Gehäusen vergleichsweise einfach vor der Strahlungswärme der heißen Coils geschützt werden.

Profilvermessung
Für die Messung des Wickelversatzes wird das Coil mit einer Laserlinie beleuchtet. Die so markierten Profilpunkte werden von einem hochauflösenden Stereokamera-System aufgenommen. Der Sensorkopf nimmt das gesamte Profil mit einer Aufnahme auf. Jedes Profil besteht aus bis zu 1.000 Messpunkten mit einer Tiefenauflösung in Relation zur Länge des Profils von etwa 1:5.000.Der Tiefenmessbereich, beispielsweise zur Erkennung von verlaufenen Bandenden bzw. Bandanfängen, beträgt dabei bis zu 1.000 mm. Ohne dass der Sensorkopf bewegt werden muss können so Coils mit Breiten von 0 bis zu 2.000 mm vermessen werden.
Die Signalübertragung vom Sensorkopf zum Auswerterechner erfolgt mit glasfaseroptischen Kabeln, mit denen sich sehr lange Strecken ohne Einbußen bei der ­Signalqualität realisieren lassen. Auswerterechner, Bedien- und Anzeigeterminal werden geschützt und sicher im Steuerstand montiert. Konsequente Fehlervermeidung mit Coilcontrol wird durch die Software vielfältig unterstützt. Die übersichtliche graphische Darstellung und die integrierte Klassifikation des Wickelzustandes stellt die Ergebnisse der Messung für den Anlagenführer sofort zur Verfügung. Das fehlerhafte Produkt kann aussortiert werden und bei Wiederholungen können frühzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Zusätzlich verarbeitet Coilcontrol Datagramme mit weiteren Daten zum Produkt, wie zum Beispiel der individuellen Coilnummer, der Dicke des Walzgutes, der Breite und Temperatur des Bandes.

Kostensenkung und Qualitätssteigerung
Alle Messwerte werden in einer Datenbank gespeichert, die beliebig viele Datensätze für statistische Auswertungen bereithält. Coilcontrol implementiert eine SQL Schnittstelle zu den gängigsten Datenbanksystemen. Über diesen Datenbestand werden die langfristigen Analysen durchgeführt. Aus den Messergebnissen des Systems können so neben der Coilform indirekt auch Aussagen zum Zustand der Produktionsanlage abgeleitet werden. Die frühe Erkennung von Fehlern verhindert nicht nur die Auslieferung minderwertiger Produkte, sondern reduziert auch direkt Aufwände im Coillager. Die gespeicherten Werte erlauben indirekt die langfristige Beobachtung des Anlagenzustandes. Daraus lassen sich Parameter ableiten, mit deren Hilfe Wartung und Instandsetzung besser geplant werden können. Die erwarteten hohen Potentiale bei Kostensenkung und Qualitätssteigerung haben sich bestätigt.