Eine Frage der Komplexität
Schaltende versus bildverarbeitende Sensoren
Für welche Automatisierungsaufgaben ist ein schaltender Sensor ausreichend, wann ist ein bildverarbeitender Vision-Sensor die bessere Wahl? Anhand von Beispielen aus dem Bereich der Farberkennung werden im Folgenden die spezifischen Vorteile und Grenzen beider Sensorprinzipien aufgezeigt.
Das Funktionsprinzip eines Sensors legt im Wesentlichen den möglichen Aufgabenbereich fest: Mit einem Lichtfleck von typischerweise wenigen Quadratmillimetern Durchmesser kann ein klassischer optoelektronischer Sensor lediglich eine punktförmige Auswertung vornehmen, z.B. die Farbe(n) eines Objekts. Je nachdem, ob diese mit dem (den) zuvor eingelernten Farbwert(en) übereinstimmt, meldet er ein Gut- oder Schlechtteil über seinen Schaltausgang (mit Erweiterungsbox bis zu 32 Ausgänge). Die Auswertung ist für hohe Prozessgeschwindigkeiten ausgelegt, z.B. bis zu 10 kHz beim Farbsensor FT 25-C von Sensopart.
Ein Vision-Sensor erfasst das zu detektierende Objekt hingegen flächig - daher auch der Name Flächensensor - und kann deshalb mehrere Merkmale innerhalb des Bildbereichs simultan auswerten. Denn im kompakten Gehäuse eines Vision-Sensors steckt im Prinzip ein komplettes Bildverarbeitungssystem mit Objektiv, LED-Beleuchtung, digitalem Bildchip und Signalprozessor sowie digitalen Ein-/Ausgängen und Schnittstellen.
Die Anzahl der gleichzeitig auswertbaren Merkmale ist bei einem Vision-Sensor beliebig bzw. nur durch den verfügbaren Sensorspeicher begrenzt. Auf diese Weise können Teile oder auch ganze Baugruppen simultan auf Farbe, Form, Vollständigkeit oder Maßhaltigkeit geprüft werden. Die Detektion erfolgt zudem unabhängig von der Lage der Teile: So können die Teile prinzipiell in beliebiger Orientierung auf einem Förderband angeliefert werden, die definierten Merkmale werden vom Vision-Sensor dennoch erkannt und ausgewertet (sog. Lagenachführung).
Die vielseitigen Auswertemöglichkeiten von Vision-Sensoren sind insbesondere bei komplexeren Qualitätskontrollen von Nutzen. Zum Beispiel werden in einer Abfüllanlage Shampoo-Flaschen anhand der Deckelfarbe sortiert, ein schaltender Farbsensor erledigt diese Aufgabe zuverlässig und mit hoher Geschwindigkeit. Soll allerdings gleichzeitig überprüft werden, ob die Deckel gerade auf der Flasche sitzen und korrekt geschlossen sind, wäre dies eine Aufgabe für einen Vision-Farbsensor, wie den Visor Color von Sensopart, der auch die Farbsortierung übernimmt.
Weitere typische Anwendungen für Vision-Farbsensoren sind die Belegungskontrolle von Kabelbäumen oder die LED-Bestückungskontrolle. Da schaltende Sensoren prinzipbedingt keine selbstleuchtenden Farben erkennen können, kommt im zweiten Fall nur ein Vision-Sensor in Frage.
Flexible Konfiguration und Datenausgabe
Neben der Komplexität der Automatisierungsaufgabe gibt es noch weitere Kriterien, die eine Entscheidung für einen Vision-
Sensor bedingen können, beispielsweise die größere Flexibilität gegenüber Prozessänderungen. So lassen sich bei einem Vision-Sensor mehrere Konfigurationen direkt im Sensorspeicher ablegen und bei Bedarf aktivieren, während ein schaltender Sensor mit nur einem Schaltausgang bei jeder Konfigurationsänderung (Produktwechsel) neu eingelernt werden muss. Auch bei der Datenausgabe bieten Vision-Sensoren mehr Möglichkeiten: So bietet der Visor von Sensopart bis zu sechs Schaltausgänge, die den Ausgabedaten beliebig zugeordnet sind und zusätzlich mit Logikfunktionen belegt werden können. Zudem werden diverse serielle Schnittstellenprotokolle (Ethernet, Profinet, Ethernet/IP, RS422, RS232) für die Anbindung an Feldbusse oder übergeordnete Steuerungen unterstützt.
Der Funktionsumfang von Vision-Sensoren wächst ständig und steht dem von klassischen, rechnerbasierten Bildverarbeitungssystemen inzwischen kaum mehr nach. Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist die „Messschieber"-Funktion des Visor, mit der Abstände zwischen beliebigen Objektmerkmalen ermittelt und so beispielsweise Längen, Breiten oder Durchmesser subpixelgenau bestimmt werden können.
Kostengünstige Automatisierung komplexer visueller Aufgaben
Während ein schaltender Sensor in der Regel über eine Teach-Taste oder eine Konfigurations-Software (über RS485-Schnittstelle) vor Ort eingestellt wird, erfolgt das Einlernen eines Vision-Sensors ausschließlich über eine PC-Konfigurations-Software (Ethernet). Im laufenden Betrieb wird kein PC benötigt, der Vision-Sensor arbeitet dann autark wie jeder andere Sensor auch.
Die Konfiguration eines Vision-Sensors ist zwar umfangreicher als ein einfaches Teach-in, mit der intuitiven Visor-Konfigurations-Software kommen jedoch auch Nutzer ohne Bildverarbeitungskenntnisse zurecht. Insofern lässt sich sagen, dass im Vision-Sensor die Vielseitigkeit eines Bildverarbeitungssystems und die einfache Bedienung eines klassischen Sensors vereint sind.
Daher übernehmen Vision-Sensoren immer mehr Aufgaben in der Industrieautomation, für die früher schaltende Sensoren zum Einsatz kamen, beispielsweise um mehrere Prüfschritte zusammenzufassen. Andererseits ermöglichen aktuelle Vision-Sensoren die kostengünstige Automatisierung komplexer visueller Prüfungen, ohne auf ein teures und aufwändig einzurichtendes Bildverarbeitungssystem zurückgreifen zu müssen.
Fazit: Jeder Sensor hat seine Berechtigung
Trotz all dieser Vorzüge der bildverarbeitenden Vision-Sensoren hat der Einsatz schaltender Sensoren auch weiterhin seine Berechtigung, denn bei den meisten Anwendungen in der Industrieautomation handelt es sich um einfache Detektionsaufgaben, die schnell und zuverlässig erledigt werden müssen. Erst wenn der Komplexitätsgrad einer Anwendung steigt, lohnt es sich, über den Einsatz eines Vision-Sensors nachzudenken. Ohnehin gibt es in der Praxis weniger ein „entweder oder" als vielmehr ein „sowohl als auch": Denn z.B. das Triggersignal für die Bildaufnahme eines Vision-Sensors liefert in vielen Fällen ein schaltender Sensor.
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