Deep Learning verkürzt die eigene Lehrzeit
Nachbericht MVTec Innovation Day
Rund 200 Besucher kamen Ende Februar auf Einladung von MVTec ins Haus der Bayerischen Wirtschaft nach München zum mittlerweile dritten Innovation Day. Das Programm versprach Neuigkeiten zum kommenden Release von Halcon 20.05, nützliche Fakten zum Einsatz von künstlicher Intelligenz und nicht zuletzt auch Anwendungsbeispiele für Deep Learning, das mittlerweile auch Nicht-Programmierer handhaben können.
Vor dem fachlichen Teil gab es ein paar Zahlen zum Geschäftsjahr 2019. Demnach legte der Umsatz von MVTec um knapp 10 Prozent auf 29,1 Millionen Euro zu. Auch die Mitarbeiterzahl wächst kontinuierlich. So verdoppelte sie sich innerhalb der letzten fünf Jahre auf nun 180 Mitarbeiter. An diese positive Entwicklung soll auch das Jahr 2020 anknüpfen, für das MVTec ein kräftiges Wachstum erwartet.
In fachlicher Hinsicht den Anfang machte Dr. Maximilian Lückenhaus, Director Marketing + Business Developement, mit einem Vortrag zum Thema Cloud. Er ging insbesondere auf die verschiedenen Cloud-Varianten ein, etwa einer öffentlichen (Public) und einer privaten (private). Letztere hat den Vorteil, dass der Server – und somit die Daten – innerhalb des Unternehmens verbleiben. Mit Pilotkunden laufen bereits die ersten Projekte, in denen Halcon in eben diesen verschiedenen Clouds läuft.
Sonja Schick, Produktmanagerin Merlic, präsentierte unter anderem ein Konzept, wie die Bildverarbeitungssoftware Merlic mit Smartkameras ohne Display zusammenarbeitet. Neben einigen Anwendungsbeispielen, unter anderem in der Qualitätssicherung von Textilfasern, wies Schick auf das neue Release vom 12. März 2020 hin, wodurch Merlic etwa digitale I/Os unterstützt und eine verbesserte Rezepturverwaltung enthält.
Fallstricke der künstlichen Intelligenz
Um das Trendthema Deep Learning drehte sich der Vortrag von Thomas Hünerfauth, Product Owner Halcon Library. Genauer gesagt, standen zunächst Sortieranwendungen mithilfe der Software-Funktion „Anomaly Detection“ (in Halcon-Version 19.11) im Mittelpunkt. Dabei kamen die Potenziale der Technologie zur Sprache, wie einfaches Einlernen und schnelle OK/Nicht-OK-Entscheidungen ohne ein manuelles Markieren relevanter Bereiche. Aber auch die Fallstricke thematisierte Hünerfauth: Etwa, wenn der Algorithmus statt des eigentlichen Objekts stattdessen den Hintergrund als Hauptunterscheidungsmerkmal erkennt – ohne dass dies dem Anwender unbedingt auffallen muss. Jenes lässt sich verhindern, indem beispielsweise der Hintergrund rechnerisch eliminiert wird, wofür Halcon eine entsprechende Funktion bereithält.
Wie sich das Anlernen des neuronalen Netzes mit lediglich 22 Beispielbildern bewerkstelligen lässt, zeigten Dr. Antje Aufderheide, Teamleiterin Solutions, und Mikel Sargardia, Projektingenieur, in einer Live-Vorführung. Dafür verwendeten sie Lederproben, und zwar nur einwandfreie. Optional lassen sich natürlich auch mängelbehaftete Proben einlernen. Dies funktionierte auf Anhieb tadellos: Unter die Kamera gelegte Lederproben mit Rissen und Abrieb wurden sofort als fehlerhaft erkannt. Darüber hinaus ist mit Halcon-Version 20.05 für das Einlernen des Deep-Learning-Modells kein Grafikprozessor einer Grafikkarte oder FPGA mehr nötig. Das verlängert zwar den Einlernprozess, dafür lässt sich dieser aber auf einem Industrie-PC durchführen, ohne spezielle, zusätzliche Hardware vorhalten zu müssen.
Weitere Neuerungen der Halcon-Version 20.05 stellte Luzia Beisiegel, Product Owner Halcon Library, vor. Dazu gehörte die Fähigkeit, Barcodes mit einem Linienabstand von weniger als einem Pixel zu lesen. Genauer gesagt, gelingt dies noch bei einer Breite von 0,7 Pixeln in gut der Hälfte der Leseversuche. Zum Vergleich: Halcon 19.11 erreicht diese Leserate erst oberhalb von 1,1 Pixeln.