Auf Hochglanz gebracht
Deflektometrie enttarnt kleinste Defekte
Spiegelnde Oberflächen müssen perfekt sein. Schon kleinste Fehler machen das Produkt für den Kunden unattraktiv. Für die Inline-Inspektion stellen glänzende Oberflächen oftmals eine Herausforderung dar. Deflektometrie bietet hier einen Ansatz, praktisch alle Defekte zuverlässig zu finden und zu bewerten.
Ein Blick, ein Eindruck, eine Entscheidung. In Sekunden scannt unser menschliches Auge das Produkt der Wahl. Stolpert das Auge über einen Fehler am Produkt, so werden wir uns in den meisten Fällen gegen einen Kauf entscheiden. Ein gutes Beispiel ist der Kauf eines Autos. Selbst ein relativ kleiner Fehler im ansonsten makellosen Lack wird den Käufer verunsichern. Gleiches gilt für den Touchscreen eines Smartphones oder eines Tablets.
Bisher werden viele Objekte meist per Sicht geprüft. Das Ergebnis ist leider oft abhängig von der Tagesform bzw. der Ermüdung der Mitarbeiter. Werden zu Beginn des Tages Fehler noch relativ zuverlässig erkannt, nimmt die Leistung im Laufe des Tages mit zunehmender Überanstrengung des Auges ab. Deshalb wird das menschliche Auge mehr und mehr durch automatisierte und nahezu 100% zuverlässige Prüfungen ersetzt. Das Prinzip der Deflektometrie hat sich als absolut zuverlässige Methode auf spiegelnden Oberflächen erwiesen. Messergebnisse können dadurch dokumentiert und verglichen werden. Treten Fehler auf, bietet sich die Möglichkeit noch während des Produktionsprozesses einzugreifen und sie zu korrigieren. Ausschussware wird vermieden, bares Geld gespart. Zusätzlich lassen sich für Prozessverbesserungen wichtige Rückschlüsse ziehen. Auf spiegelnden Oberflächen sind herkömmlichen Bildverarbeitungssystemen jedoch Grenzen gesetzt. Dem System Reflect Control des Sensorspezialisten Micro-Epsilon aber nicht, denn es ist exakt für diese Oberflächen entwickelt worden und bietet eine optimale industrietaugliche Lösung bei hoher Präzision. Die Größe des Objektes spielt dabei keine Rolle, denn das System existiert als Compact Version für Einzelanwendungen, wie den Laborbetrieb oder für kleinere Messobjekte, wie Smartphones, und als Robotic Variante. Auf einen Roboterarm montiert, wird es bei großen Oberflächen, wie Automobilkarossen, eingesetzt und kann in Fertigungsanlagen integriert werden. Die Detektion der Fehler per Deflektometrie erfolgt dabei ähnlich unserem menschlichen Auge im Zusammenspiel mit den für die Reizverarbeitung zuständigen Hirnarealen – nach dem gleichen Verfahren also, wie wir feinste Fehler wahrnehmen: Gegenstände werden mittels dieses Messprinzips auf Unterschiede in Helligkeit und Intensität untersucht und auf sichtbare, durch Defekte hervorgerufene Abweichungen der Oberflächenbeschaffenheit geprüft. Wir Menschen tun dies oft unbewusst, indem wir den zu untersuchenden Gegenstand „gegen das Licht halten“ oder einfach eine Position einnehmen, in der wir das von der Oberfläche reflektierte Licht wahrnehmen. Auch bei der Deflektometrie wird die Oberfläche als Spiegel verwendet. Eine im Sensor integrierte Lichtquelle erzeugt wechselnde, in ihrer Intensität sinusförmig verlaufende Streifenmuster. Die durch Defekte verursachten Abweichungen in den gespiegelten Bildern, die von den Kameras erfasst und per Software ausgewertet werden, registriert das System automatisch und klassifiziert sie.
Integrierter Aufbau
Beim Reflect Control Compact sind alle Komponenten in einem kompakten Gerät integriert. Im Gehäuse befinden sich ein Bildschirm zur Streifenprojektion sowie bis zu zwei Kameras. Um Fremdlichteinflüsse zu vermeiden, kann das Messfeld auf allen vier Seiten abgedunkelt werden. Die Füße sind verstellbar, um unterschiedliche Bauteilhöhen auszugleichen. Die Bedienung erfolgt über einen touchfähigen Bildschirm bzw. über Maus und Tastatur, die über USB angeschlossen werden. Über die Ethernet-Schnittstelle kann das System in Anlagen eingebunden werden. Verfügbar sind zwei Versionen: Die 2D-Version dient der reinen Defekterkennung auf spiegelnden Oberflächen. Die 3D-Version erlaubt zusätzlich die Vermessung spiegelnder Oberflächen mit Sub-µm-Genauigkeit. Vermessen werden unter anderem Teleskopspiegel und Linsen.
Alles im Lack
Während das Compact-System ideal ist für die Fehlererkennung auf kleinformatigen Objekten, ist Reflect Control ausgelegt für die Inspektion großer Lackoberflächen. Trotz der heutigen optimierten Lackierungstechniken, treten immer wieder Fehler auf. Daher ist es von großer Bedeutung, die Fehler unmittelbar nach der Lackierung zu detektieren. Durch spezielle Lichttunnel schafft man Belichtungsbedingungen, mit denen eine Defekterkennung bis in den Zehntel-Millimeterbereich möglich wird. Die Oberfläche wird als Spiegel auf Basis der Deflektometrie verwendet. Eine Lichtquelle erzeugt wechselnde helle und dunkle Streifen auf dem Fahrzeug. Lackdefekte verursachen Verzerrungen in den gespiegelten Bildern, die automatisch erfasst und klassifiziert werden. Zusätzlich können die Fehler im nächsten Schritt automatisch am Fahrzeug markiert werden, was die Nacharbeit deutlich erleichtert. Das Messprinzip eignet sich für die Fehlerarten Berührung, Einschlüsse, Fussel/Haare, Kleberückstände, Kocher, Krater, Lackablösung, Lacktropfen, Läufer, Nadelstiche, Overspray, Pressfehler, Riefen, Rohbaufehler, Schieberabzeichungen, Schleiffehler, Schweißperlen, Spucker, Stippen, Teil-/Magerlackierung, Verschmutzungen und Wassertropfen.
Große Aufgabe, schnelle Lösung
Die Inspektion der gesamten Karosserie auf Defekte bis herunter zu 0,3 mm Größe, und das bei einer typischen Produktionsgeschwindigkeit von 40 bis 60 Fahrzeugen je Stunde, gleicht einer Mammutaufgabe. Um dies bewältigen zu können, wird das System von Micro-Epsilon in der Linie an bis zu vier parallel arbeitenden Robotern appliziert. Alle Systeme sind mit einem großen Monitor und vier Kameras ausgestattet. Jede Kamera nimmt acht Bilder pro Messposition auf, wobei jede Prüfung weniger als 1 Sekunde dauert. Bei üblichen Robotergeschwindigkeiten können somit ca. 30 Positionen innerhalb eines 60 Sekunden Zeitfensters überprüft werden. Mit dem Einsatz von 2-Megapixel-Kameras entstehen insgesamt ca. sieben Milliarden Grauwerte, die für jedes Fahrzeug aufgezeichnet und zeitnah verarbeitet werden müssen. Dies kann nur durch optimierte Software in einem dezentralen System erledigt werden.
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