Automatisierung

Frequenzumrichter mit Rückspülfunktion reduziert Wartungskosten im Abwasserwerk

27.08.2020 -

Der Wasserver- und -entsorger der Hamburger setzt für die Pumpen in seinem Abwassernetz immer häufiger Frequenzumrichter ein: Denn die geringeren Spülwassermengen bei steigendem Feststoffanteil machen ein intelligentes Stellglied immer wichtiger. Im Pumpwerk Randersweide spart der Umrichter durch seinen Rückspülmodus die vorher sehr oft notwendigen Entstöreinsätze durch Verzopfung.

Hamburg Wasser ist der Wasserver- und -entsorger für rund zwei Millionen Hamburger. Neben der Gewinnung und Aufbereitung des Trinkwassers, bereitet Hamburg Wasser auch das Abwasser wieder auf, das in einem Leitungsnetz von rund 5.800 Kilometern Länge fließt. Die Hausleitungen zur Ableitung des Abwassers in das öffentliche Sielnetz (Siel = Kanal) haben nur einen Durchmesser von rund 15 Zentimetern. Die öffentlichen Kanäle liegen meist zwei bis fünf Meter tief unter der Erde und sind bis zu 150 Zentimeter hoch. Noch größere Kanäle, die Transportsiele und Sammler sowie die älteren Hamburger Stammsiele verlaufen in Tiefen von bis zu 27 Metern und können bis zu 4,70 Meter breit und 3,85 Meter hoch sein. Anders als die Straßenkanalisation haben diese Transportkanäle keinen Anschluss an die Oberflächengewässer, sondern führen – meist im freien Gefälle – direkt zum Klärwerk Hamburg. Transportsiele und Sammler haben die Aufgabe, die örtliche Kanalisation, insbesondere bei Regenfällen, zu entlasten und so vor Wasserüberläufen auf Grundstücke und in die Gewässer zu schützen. Auch der Bau von unterirdischen Mischwasser-Rückhaltebecken dient dazu, die Kanalisation bei Regen zu entlasten: Sind die Kanäle voll, läuft das Wasser über sogenannte Überläufe in die Rückhaltebecken. Dort wird es zwischengespeichert und erst, wenn das Kanalnetz wieder aufnahmefähig ist, durch automatische Pumpen oder im freien Gefälle ins System zurückbefördert.

Applikation Pumpwerk Randersweide

Da im Abwasser viele Stoffe enthalten sind – von Haaren über Tüten bis hin zu Putzlappen – haben die eingesetzten Pumpen ein entsprechend schweres Leben. Die steigende Viskosität der Abwässer führte bei Hamburg Wasser vermehrt zu kritischen Betriebszuständen in Abwasserpumpstationen: Die im Wasser enthaltenen Partikel und Fasern lagerten sich auf den Flügelrädern ab, was zu einer Leistungsminderung und übermäßigen Verschleiß bei den Pumpen führt. Das Pumpwerk Randersweide wurde nach der Sanierung im Jahr 2014 neu in Betrieb genommen. Durch den gewachsenen Zulauf durch zahlreiche Neubauten im Einzugsgebiet kam es hier im Jahr nach der Wiederinbetriebnahme zu 39 Entstöreinsätzen wegen Pumpenverstopfern. Die Wartung einer verzopften Pumpe nimmt viel Zeit in Anspruch: von der Anfahrt zum Standort und dem Heben der Pumpe über die Reinigung bis zum Wiedereinbau. Insofern verursachten die zahlreichen Ausfälle hohe Kosten. Dafür musste eine Lösung her.
Da die Problematik immer weiter zunahm, wurde zunächst versucht, den Pumpenpegel zu optimieren. Zudem versuchte man, die Pumpen nach Störungsmeldung von Hand über die Leitzentrale in Rückwärtslauf zu betreiben. Leider nicht immer erfolgreich, da die Pumpen dann bereits stark verzopft waren. Die Abteilung Betriebstechnik von Hamburg Wasser fing deswegen an, auf dem Markt nach einer automatisierten Lösung zu suchen. Ziel war es, die Pumpen über einen Frequenzumrichter zuverlässig automatisch rückwärts drehen zu lassen bei gleichzeitig wirtschaftlichem Betrieb.

Macht Geld flüssig: Rückspülmodus

Die Verschmutzung von Flügelrädern in Abwasserpumpen durch Ablagerungen bzw. Zopfbildung ist ein generelles Problem, weil sich die Leistung der Pumpe mindert und sie blockieren kann. Deswegen verfügt der VLT Aqua Drive standardmäßig über einen Rückspülmodus, der die Drehrichtung des Laufrades umkehrt, um dadurch Ablagerungen am Flügelrad zu lösen. Da sich nicht jede Art von Pumpe gegenläufig betreiben lässt, muss der Betreiber vor Nutzung dieser Funktion Rücksprache mit dem Pumpenhersteller halten.
Beim Start eines Rückspülvorgangs führt der Frequenzumrichter zunächst eine Rampe bis zum Stopp aus, anschließend läuft eine Abschaltverzögerung ab, bevor der erste Zyklus beginnt. Wenn der Rückspülmodus von einem gestoppten Zustand des Frequenzumrichters ausgelöst wird, wird die erste Abschaltverzögerung übersprungen. Das Rückspülereignis kann aus mehreren Zyklen bestehen. Ein Zyklus besteht aus einem Puls im Rückwärtslauf, gefolgt von einem Puls im Vorwärtslauf. Der Rückspülvorgang ist abgeschlossen, nachdem die angegebene Anzahl von Zyklen beendet wurden. Zwischen den Pulsen wechselt der Frequenzumrichter für die angegebene Abschaltverzögerungszeit in den Freilauf, damit sich die Rückstände in der Pumpe absetzen können.

Entstörungseinsätze von 4 auf 0 reduziert

Der Rückspülmodus lässt sich durch die Konfiguration von Verzögerungszeiten, Rückspüldrehzahl sowie Leistungsüberwachung individuell an die Erfahrungswerte eines Anwenders mit seiner Anlage parametrieren. Der Anwender legt selbst fest, wie oft, wie schnell und wie lange der Frequenzumrichter das Flügelrad in Gegenrichtung drehen soll:

  • bei Start oder Stopp,
  • zeituhrgesteuert mittels Digitaleingang,
  • mittels serieller Kommunikation

oder unter Verwendung einer Reihe programmierbarer Logikregeln.
Ein weiterer Ansatz ist die reaktive Reinigung. Hier leitet der Frequenzumrichter die Reinigung ein, sobald die Pumpe mehr Energie vom Frequenzumrichter bezieht, als sie es normalerweise tun sollte. In diesem Stadium beginnt die Pumpe bereits zu verzopfen. Der Anwender kann die Funktionen zur proaktiven und reaktiven Reinigung kombinieren.
In Randersweide stehen aufgrund der hohen Volllastzeiten der Pumpe sowie der ohnehin geringen Leistung von 9,2 kW Energieeinspareffekte nicht im Fokus. Dafür bringt der Drive-Controller durch die erweiterte Datenerfassung von Zustands- und Motordaten über Wertekorridore einen Mehrwert. In erster Linie macht sich aber die integrierte Rückspülfunktion des Aqua Drive positiv bemerkbar: Musste das Wartungsteam zuvor viermal monatlich ausrücken, ging die Zahl der Einsätze zur Behebung von Verzopfungen mit Einsatz des Aqua Drive auf bislang Null zurück. Damit stellt Hamburg Wasser als Betreiber die Rechnung auf, dass sich die Anschaffung der Frequenzumrichter für 5.800 Euro durch die eingesparten Kosten von 7.500 Euro in einem Zeitraum von sechs Monaten deutlich amortisiert hat. Betrachtet man einen Zehnjahreszeitraum mit 1.900 Betriebsstunden im Jahr setzen sich die Kosten wie folgt zusammen:

Kosten:

Ertrag durch Wegfall

Einbau von intelligenten Frequenzumrichtern                                     5.800,00 €

 

Entstöreinsätze aufgrund von Verstopfung                                                   12.300,00 €

Schadensbeseitigung aufgrund von Verstopfung                                        9.300,00 €

Systemoptimierung                  4.800,00 €

Fehleinleiterüberwachung (nicht bewertet)                                                      12.700,00 €    

 

5.800

26.400

 


 


 

 

 

 

 

 

 

 

Funktionen für Wasseranwendungen

Der VLT Aqua Drive liefert durch seinen hohen Wirkungsgrad effiziente Leistung für die elektrische Antriebstechnik in der Wasser- und Abwassertechnik. Er bietet umfangreiche, auch wasserspezifische Standardfunktionen zur Leistungsoptimierung von neuen Antriebsprojekten und Modernisierungen. Aufgrund der beträchtlichen Lastschwankungen im Tageslauf in Wasseraufbereitungsanlagen bringt eine Drehzahlregelung an Systemen wie Pumpen und Gebläsen oft schnell eine Energie- und damit Kostenersparnis. Die Amortisationsdauer liegt oft bei sechs Monaten bis zu einem Jahr. Durch die lange Lebensdauer, den geringen Energieverbrauch und niedrige Wartungskosten ermöglicht der VLT Aqua Drive minimale Gesamtbetriebskosten. Das Speichern der wichtigsten Parameter an einem zentralen Ort senkt zudem das Risiko einer falschen Konfiguration.
Spezielle Funktionen für Wasseranwendungen bei den VLT-Umrichtern sind beispielsweise die Algorithmen zur Verhinderung von Wasserschlag, Kaskadenfunktion, Rampenfunktionen zur Rohrbefüllung, Rückspülmodus, Leckageerkennung oder Leerlauferkennung. Diese schützen die Anlagen ebenso wie die integrierten EMV-Filter und Zwischenkreisdrosseln zur Reduzierung von elektromagnetischen Störungen und Oberschwingungsverzerrungen. Dazu meldet der Frequenzumrichter direkt am Gerät bzw. alternativ per Feldbus direkt an die Leitzentrale Abweichungen der von ihm überwachten Motorwerte durch frei programmierbare Warnungen. Nutzt man die automatische Energieoptimierung AEO im Betrieb, ermöglicht dies weitere Energieeinsparungen von drei bis acht Prozent im Betrieb.

Condition-based Monitoring bei Pumpen

Eine weitere neue Entwicklung bei den VLT Aqua Drives sind zusätzlich zu den Pumpenfunktionen die Funktionen für eine zustandsbasierte Überwachung, das sogenannte Condition-based Monitoring. Zunächst sind dies drei Optionen: Zustandsüberwachung der Motorisolation, eine mechanische Vibrationsüberwachung mit einem externen Sensor und eine Lasthüllkurvenüberwachung. Der Frequenzumrichter wird durch die Funktionen zum intelligenten Sensor, der auftretende Probleme frühzeitig erkennt und meldet, bevor es zu einem schadenbedingten Stillstand kommen kann. Dies optimiert die bislang meist rein zeitgesteuerte oder wegen eines Schadens notwendige Wartung auf einen bedarfsgerechten Service mit optimalen und somit kostensparenden Wartungsintervallen.
Die Zustandsüberwachung der Motorisolation ist beispielsweise für schwer zugängliche Tauchpumpen relevant, an denen eine Wartung sehr aufwändig und kostenintensiv ist. Die mechanische Schwingungsüberwachung erkennt beginnende mechanische Probleme. Bei Pumpen kann dies helfen, Laufradbruch, Kavitation oder Schäden durch eine Fehlausrichtung zu vermeiden. Mit der Hüllkurvenüberwachung lassen sich Änderungen der Last einer Pumpe erkennen, die zum Beispiel durch Verschmutzung oder Abnutzung des Laufrads verursacht werden. Damit lässt sich auch gewährleisten, dass eine Anlage stets im energetisch bestmöglichen Bereich läuft.

Kontakt

Danfoss GmbH

Carl-Legien-Str. 8
63073 Offenbach
Deutschland

+ 49 69 80885 40

Spannende Artikel zu Fokus-Themen finden Sie in unseren E-Specials. Lesen Sie jetzt die bisher erschienenen Ausgaben.

Zu den E-Specials

Media Kit

Die Mediadaten 2024 sind jetzt verfügbar! Laden Sie sie hier herunter.

Industrie-Lexikon

Begriffe aus der Bildverarbeitung und Automation, die man kennen sollte

Zum Lexikon

inspect award 2024


Die Abstimmung für den inspect award 2024 läuft.

Stimmen Sie jetzt ab!

Spannende Artikel zu Fokus-Themen finden Sie in unseren E-Specials. Lesen Sie jetzt die bisher erschienenen Ausgaben.

Zu den E-Specials

Media Kit

Die Mediadaten 2024 sind jetzt verfügbar! Laden Sie sie hier herunter.

Industrie-Lexikon

Begriffe aus der Bildverarbeitung und Automation, die man kennen sollte

Zum Lexikon

inspect award 2024


Die Abstimmung für den inspect award 2024 läuft.

Stimmen Sie jetzt ab!