Automatisierung

Automatisierte Datenauswertung im größten Klimawindkanal der Welt

31.05.2011 -

Im größten Klimawindkanal der Welt kann man feststellen, ob Busse und Bahnen auch bei extremen Temperaturen innen noch ein angenehmes Klima aufweisen. Dort wurde jetzt eine neue Software zur Datenauswertung eingeführt - was sie kann, erfahren Sie hier.

Seit 2003 ist der größte Klimawindkanal der Welt bei der RTA Rail Tec Arsenal Fahrzeugversuchsanlage in Wien-Floridsdorf in Betrieb. In der 65 Mio. € teuren High-Tech-Anlage kann jedes Wetter der Erde auf Knopfdruck produziert werden. Von arktischer Kälte bei -50°C bis zu tropischen Gewittern bei +60°C ist alles möglich. Allein das Gebläse im großen Klimawindkanal hat einen Durchmesser von 6,3 m und eine Anschlussleistung von 4,75 MW, die Kälteanlage sogar 6,25 MW. Ein Wärmetauscher, dessen Wärmeübergangsfläche mit 7.707 m² größer als ein Fußballfeld ist, überträgt die Heiz- bzw. Kühlleistung. In zwei Klimakammern werden Schienenfahrzeuge aus der ganzen Welt, aber auch Autobusse, Lkws und Pkws unter extremen Witterungsbedingungen getestet, um das Bahn-, Bus- oder Autofahren sicher und komfortabel zu machen. Während der Fahrtwind mit bis zu 300 km/h um das Fahrzeug heult und auf Knopfdruck jedes Wetter „zusammengebraut" wird, zeigt im Wageninneren die Klimaanlage, was sie kann. Die Techniker der Betreibergesellschaft kontrollieren die Leistung der Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen genauso wie das reibungslose Funktionieren wichtiger Teile des Zuges wie Türen, Bremsen und Scheibenwischer.

Angenehmer in Bus und Bahn
Einen wesentlichen Platz bei den Versuchen gerade an Schienenfahrzeugen nehmen Aussagen zur thermischen Behaglichkeit ein, geht es doch angesichts der sich verschärfenden Verkehrs- und Klimaproblematik darum, die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs auch durch Verbesserung des Komfortangebots zu steigern. Angesichts der Vergleichsmöglichkeiten der Fahrgäste mit dem eigenen klimatisierten Pkw stehen Schienenfahrzeuge hier in einem harten Wettbewerb, den sie auf Dauer nur bestehen können, wenn sie den anspruchsvollen Vorgaben der Automobilindustrie Angemessenes entgegensetzen können. Anhand einiger normierter und gut messbarer Behaglichkeitsparameter - Lufttemperatur, Oberflächentemperatur, Strömungsgeschwindigkeit, relative Luftfeuchte Frischluftmenge und Gesamtwärmedurchgangskoeffizient (k-Wert) - können wesentliche Aussagen zur voraussichtlichen Akzeptanz des Fahrzeugklimas durch die Passagiere getroffen werden. Die Erfassung der genannten Größen verlangt angesichts der teilweise erhebliche Dimensionen der zu bewertenden Fahrzeuge und der zahlreichen möglichen Aufenthaltsorte der Reisenden eine Vielzahl von Messstellen sowohl im Innenraum, wo sich möglichst jeder Passagier an seinem Platz wohlfühlen soll, als auch auf der Außenhaut des Prüflings. Doch nicht nur aus der schieren Zahl der Messsignale resultieren erhebliche Datenmengen; die einschlägigen Normen für den Nah- und Fernverkehr sowie für die Auslegung von Führerständen schreiben eine teilweise erhebliche Versuchsdauer vor. Diese beträgt, je nach gewünschter Aussage, mindestens drei bis acht Tage.

Aufbereiten und Dokumentieren
Die so aufwändig gewonnenen Versuchsergebnisse erhalten ihren Wert für Hersteller und Betreiber der Fahrzeuge jedoch erst, wenn sie adäquat aufbereitet und dokumentiert werden. Und so umfasst eine Versuchsauswertung neben einer ausführlichen schriftlichen Darlegung der Ergebnisse zahlreiche Berechnungen und vor allem Diagramme, die die zeitlichen Verläufe der erfassten physikalischen Größen visualisieren. Typischerweise nehmen solche Auswertungen eine ganze Menge Zeit in Anspruch, gilt es doch, eine Vielzahl von erfassten Größen zu sichten, miteinander zu verrechnen, in geeigneter Form graphisch darzustellen und schließlich dem Testbericht hinzuzufügen. Andererseits ähneln sich die meisten Auswertungen, beziehen sie sich doch auf ähnliche Prüflinge und prinzipiell gleiche physikalische Vorgänge. Und schließlich ist die Zahl der Hersteller von Schienenfahrzeugen, Bussen oder auch Pkw vergleichsweise übersichtlich und damit auch der Kundenkreis für solche Versuche. In der Regel sind also die Anforderungen an die Auswertung zumindest ähnlich. Anhand dieses Anforderungsprofils entstand vor geraumer Zeit bei RTA eine eigenentwickelte Softwarelösung, die es erlaubte, typische Auswertungen vorzukonfigurieren und auf der Basis dieser Konfigurationen auf Knopfdruck die notwendigen Darstellungen zu erzeugen.

Entscheidung für Diadem
Mit steigender Zahl von Versuchen fehlte jedoch die Kapazität für Anpassungen und Erweiterungen des Systems, ja selbst für die notwendigen Anpassungen an neue PC-Hardware und Betriebssysteme. Deshalb fiel die Entscheidung zum Wechsel auf eine Standardsoftwareplattform, die eine kontinuierliche Weiterentwicklung mit minimalem Aufwand gewährleisten sollte. Dabei musste diese Software neben der Kompatibilität zu den jeweils aktuellen Betriebssystemen auch anpassbar sein an die Spezifika im Hause RTA, vor allem hinsichtlich der verwendeten selbst definierten Datenformate. Nach einer umfangreichen Evaluierung fiel die Entscheidung zugunsten von Diadem, das als Datenplattform von National Instruments speziell auf die automatisierte und interaktive Verarbeitung unterschiedlichster Datenformate optimiert ist.
Die Diadem-Applikation selbst besteht aus zwei voneinander unabhängigen Modulen, eines zur Erstellung von Konfigurationen und eines zur automatisierten Erzeugung von grafischen Versuchsauswertungen. Der zweiteilige Ansatz trägt der Tatsache Rechnung, dass einmal erstellte Konfigurationen nur selten geändert werden, während Versuchsauswertungen häufiger, nämlich jeweils nach Ende eines Versuchs, durchgeführt werden. Die beiden Teilapplikationen wurden jeweils in Visual Basic Script erstellt, der Automatisierungssprache von Diadem, und greifen auf zahlreiche Standardfunktionen der Software, wie die sogenannten DataPlugIns (universelle Datenimportschnittstellen), eine umfangreiche Bibliothek mathematischer Funktionen und flexible Reportlayouts zurück.

Mehr Zeit für die Kernaufgabe
Eine Konfiguration beinhaltet mehr als 10.000 Parameter, die allerdings nicht alle stets angegeben werden müssen. Für viele Anwendungsfälle genügt ein Bruchteil. Wurde sie einmal gespeichert, genügen zur grafischen Versuchsauswertung wenige Schritte. Nach dem Start der entsprechenden Teilapplikation sind lediglich der darzustellende Datensatz und die auf diesen Datensatz anzuwendende Konfiguration auszuwählen. Danach entstehen binnen weniger Sekunden Blätter mit Diagrammen und beschreibenden Texten, die als pdf-Datei sowie in beliebigen Grafikformaten in Versuchsberichte eingebunden werden können.
Ohne weiteren Aufwand für die Darstellung kann sich der Versuchsingenieur auf die Auswertung der Ergebnisse konzentrieren und aus den zahlreichen Kurven Aussagen auch und gerade zum Thema thermische Behaglichkeit ableiten. Diesen Teil der Arbeit kann ihm die Applikation noch nicht abnehmen. Durch die Verringerung des zeitlichen Aufwands für die formale Darstellung der Versuchsergebnisse bleibt dem Ingenieur aber mehr Zeit für seine Kernaufgabe. (gro)

Literatur
[1] Haller G.: Thermische Behaglichkeit in Schienenfahrzeugen: Fachpublikation September 2006: RTA Rail Tec Arsenal Fahrzeugversuchsanlage GmbH

Kontakt

A-Solution GmbH

Industriestr. 39
82194 Gröbenzell

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