Automatisierung

CLHS, CoaXPress oder 10GigE

Was ist die Highspeed-Schnittstelle der Zukunft?

15.06.2011 -

Die Sensorenentwicklung hat die Schnittstellenstandardisierung überholt. Neue Hochgeschwindigkeitssensoren können nur als ausgebremste Systeme, als autarke Kurzzeitrekordersysteme mit internem Speicher oder außerhalb vorhandener Spezifikation, teils sogar mit proprietären Schnittstellen, betrieben werden. Höchste Zeit, um die Schnittstellen zwischen Kamera und Framegrabber an die aktuellen Entwicklungen anzupassen.

Mit der proprietären Entwicklung HSLink von Teledyne Dalsa wurde nicht nur die bisherige Geschwindigkeitsmarke von Camera Link mit 850 MB/s (10tap Full Configuration) gebrochen, sondern auch verfügbare Produkte angeboten. Annähernd zeitgleich wurden weitere Entwicklungen angestoßen bzw. weiterentwickelt, die in vergleichbare Performance-Regionen vorstießen. CoaXPress (CXP) und 10-GigabitEthernet (10GigE) wurden bereits Standardisierungsgremien vorgelegt und im November 2009 bzw. im Herbst dieses Jahres als Erweiterung zu GigE Vision veröffentlicht. HSLink geht mit der Namensänderung und technischen Überarbeitungen als Camera Link HS (CLHS) ins Rennen, wird aber voraussichtlich erst im kommenden Jahr als finaler Standard fertig gestellt. Zusammen mit USB3 und FireWire 1600 verfügt die Bildverarbeitung dann über zwei branchenspezifische und drei Konsumer-Schnittstellenstandards. Mit LightPeak bzw. Thunderbolt als einer langsameren Ausführung auf Kupferbasis, gerät noch ein weiterer, (eigentlich schon betagter) Standard immer häufiger ins Blickfeld, der nun eine Renaissance, vorerst über die Apple-Welt, erlebt.
Während auf der Vision 2008 die CoaXPress Technologie erstmals als Prototyp für eine Hochgeschwindigkeitsdatenübertragung vorgestellt wurde und dafür auf der Vision 2009 der Vision Award entgegen genommen werden durfte, wurden 2010 neue Modelle angekündigt. Auf der Automate 2011 konnten nun die weltweit ersten lauffähigen Technologieprototypen für CLHS präsentiert werden. Mikrotron mit dem Kameramodell 4CL HS und Silicon Software mit einem CLHS-Prototypenboard zeigten die Bildaufnahme- und Bildverarbeitungskapazität der neuen Technologie (Abb. 2).

Was können die neuen Schnittstellen?

Nun stellen sich die Fragen nach den Verbesserungen gegenüber vorhandenen Standards und die Abgrenzung der neuen Schnittstellen voneinander. Vorneweg, die neuen Schnittstellen haben aus den Forderungen an die bestehenden gelernt. Lange Leitungslängen, stromführende Technologien, die Nutzung optischer Verbindungen, Plug'n'Play Fähigkeiten, die Skalierbarkeit der Performance, Rückkanäle und Verteilungskanäle; viele der Schlagworte sind in den Standards aufgenommen und umgesetzt worden. Fast ausschließlich kommen serielle Übertragungstechnologien und ‑protokolle zum Einsatz. Mit ihren über 6,25 GHz erreichen sie Bandbreiten bis 2,1 GB/s. In der Unterstützung der Transceiver-Technologien in FPGAs sind aktuell Grenzen von 6,5 GHz (Xilinx) bzw. 8,5 GHz (Altera) erreicht, die erst in einer nachfolgenden Generation fallen werden. Die Kabellängen erreichen auf Kupferbasis über 100 m, fallen aber mit höheren Geschwindigkeiten bis zu 30-40 m zurück. Trotzdem liegen sie damit aber noch im akzeptablen Bereich der meisten industriellen Bildverarbeitungsanwendungen. Als skalierbares System kann die Bandbreite der Punkt-zu-Punkt Verbindung durch die Anzahl der Kabel erhöht werden.

  • CLHS orientiert sich an hohen Bandbreiten. Das System ist auf Anwendungsbreite ausgelegt, egal ob mehrere Kameras mit einem Framegrabber verbunden sind oder umgekehrt; alle Kombinationen sind möglich. Geringe Latenzen und zulässige Jitter bei der Signalübertragung für Trigger, Steuer- und Datensignale prädestinieren sie für Zeilen- und synchronisierte Mehrkameraanwendungen.
  • CoaXPress sieht sich als „best of all worlds" und kombiniert höhere Bandbreiten mit technologischen Camera Link Vorteilen, GigE Vision Vorteilen bei der Kabellänge, Softwarekomfort mit GenICam und reaktiviert wieder das Koaxialkabel.
  • Für 10GigE spricht vor allem die Möglichkeit, die aktuelle Dualport-Lösung (LAG) für GigE Vision wieder auf eine elegantere Einkabellösung zurückzuführen. Durch die nahe Verwandtschaft zu der Vorgängerversion sind keine technologischen Verbesserungen zu erwarten. Mögliche Probleme mit der Wärmeentwicklung müssen allerdings noch gelöst werden.
  • Werden USB3 und LightPeak ein Erfolg in dem Computermarkt, finden die Konsumerschnittstellen auch wieder einen Markt in der Bildverarbeitung. Die einfache Integration und eine höhere Bandbreite sprechen derzeit dafür.
  • Aber wie können die hohen Datenmengen noch verarbeitet werden? Selbst bei USB3 und 10GigE werden aktuelle CPU-Prozessoren ins Hintertreffen geraten. Die möglichen Bandbreiten werden vorerst nur FPGA- oder GPU-basierte Systeme vorverarbeiten können. Auch an Softwarehersteller wird die Forderung herangetragen, mit skalierbaren Lösungen sich den neuen Bandbreiten anzupassen.

Wer braucht diese Schnittstellen?

Nach aktuellem Stand gibt es bereits heute einen Bedarf an schnelleren Kameras und Framegrabbern. Es ist allerdings kein Breitenmarkt. Dennoch haben alle Standards eine Skalierbarkeit, die es ermöglicht, ein breites Spektrum von moderaten bis Hoch-Geschwindigkeiten anzubieten.

  • Trotz zeitlichem Vorsprung von CoaXPress gegenüber 10GigE und CLHS gibt es ein sehr überschaubares Angebot an Produkten. Das Fehlen einer zweiten Lieferquelle für die Equalizer-Technologie ist ein großes Manko.
  • 10GigE ist eine Technologie, die vieles von GigE übernommen hat. Die Vorteile der Technologie können bei der Verzehnfachung der Bandbreite zur Hürde werden. Der aktuelle GigE-Erfolg muss sich nicht zwangsläufig auf 10GigE übertragen.
  • CLHS ist derzeit noch in der Definitionsphase und kann den zeitlichen Nachteil noch für Verbesserungen nutzen.

Allen neuen Schnittstellen ist gleich, dass das Angebot an Produkten gering oder noch gar nicht vorhanden ist, so dass die Entscheidung durch den Kunden in diesem Jahr nicht mehr fällt. Abhängig von der Akzeptanz durch die Hersteller wird letztendlich das Produktangebot der wichtige Ausgangsfaktor sein, welche Schnittstelle das interessanteste und breiteste Sortiment bereitstellen kann, um einen globalen Stellenwert zu erreichen. Sicher ist aber heute schon: Jede Schnittstelle kostet zeitlichen Aufwand und Finanzmittel, aber jede Schnittstelle, die nicht angeboten wird, kostet Kundenpotential. (pe)

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Konrad-Zuse-Ring 28
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