Automatisierung

Zunahme an nichtlinearen Verbrauchern beeinträchtigt N-Leiter

Netzstöranalysator von Gossen Metrawatt zur rechtzeitigen Erkennung und Charakterisierung von Oberschwingungen

11.08.2014 -

Aus Gründen der Effizienz wird in modernen Betriebsmitteln vermehrt Hochleistungselektronik eingesetzt. Einerseits senken effiziente Komponenten den Energieverbrauch, andererseits verursachen sie durch ihre Rückwirkungen massive Störungen im Versorgungsnetz und in den angeschlossenen Verbrauchern.


Elektrische Energie und die Effizienz elektrischer Betriebsmittel spielen in modernen Produktionsprozessen eine zentrale Rolle. Vor allem die Just-in-Time-Produktion, bei der Material nur in dem Umfang und zu dem Zeitpunkt produziert und geliefert wird, in dem der Kunde es tatsächlich benötigt, stellt hohe Anforderungen im Bereich der Energieversorgung. Das Ziel einer optimalen Kapazitätsauslastung tut sein Übriges.

Störgröße Oberschwingungen

Oberschwingungen werden von nichtlinearen Verbrauchern verursacht, die Bauteile wie Thyristoren, IGBTs und Varistoren enthalten. Diese Komponenten werden unter anderem in Gleichstromversorgungen (Netzteilen), Computern, elektronischen Vorschaltgeräten und Dimmern sowie in Stromrichtern und Frequenzumrichtern in Motorantrieben mit regelbarer Drehzahl verbaut. Die moderne Elektronik arbeitet mit konstanter Gleichspannung. Dazu muss der eingehende Wechselstrom über einen Brückengleichrichter gleichgerichtet und mittels Glättungskondensator ausgeglättet werden. Die Stromaufnahme erfolgt aufgrund der stoßartigen Aufladung des Glättungskondensators hinter dem Gleichrichter pulsförmig. Durch die stoßartige Aufladung wird der Strom in seiner Form verzerrt, was gleichbedeutend mit Oberschwingungen ist. Die Folge ist, dass der Verbraucherstrom dem Netz nicht mehr sinusförmig entnommen werden kann (s. Abb. 1).

Auswirkungen auf Neutralleiter

Die Theorie besagt, dass der Neutralleiter in einem sinusförmigen Drehstromnetz im Idealfall - bei symmetrischer Belastung - stromfrei ist. Bei ungleichmäßiger, also unsymmetrischer Belastung, aber noch sinusförmigem Stromverlauf, ist die Summe der Phasenströme selten Null. Der Strom, der in diesem Fall im N-Leiter fließt, ist gewöhnlich weit geringer als jeder der Außenleiterströme. Dieser theoretische Ansatz gilt aber nur für lineare Verbraucher und ist nicht mehr zeitgemäß.
In der heutigen Praxis sind mehr und mehr nichtlineare Verbraucher anzutreffen, die nicht-sinusförmige Ströme aus dem Netz entnehmen. Dazu zählen zum Beispiel PCs, Energiesparlampen, drehzahlgeregelte Motorantriebe (Frequenzumrichter) oder Geräte der Unterhaltungselektronik. Durch die Zunahme nichtlinearer Verbraucher hat sich der Oberschwingungsanteil im Versorgungsnetz massiv erhöht. Vor allem die Stromharmonischen der dritten Ordnung erweisen sich als sehr problematisch. Für die dritte Harmonische mit ihrer Frequenz von 150 Hz sind 120° gleichbedeutend mit 360° für die Grundschwingung. 120° beträgt aber auch der Versatz zwischen den Phasen und so liegen die drei dritten Harmonischen, die in den drei Außenleitern fließen, exakt in Phase zueinander. Das hat zur Folge, dass die Ströme sich im Neutralleiter nicht auslöschen, sondern zum dreifachen Scheitelwert bzw. zum 1,73-fachen Effektivwert addieren (Abb. 2). Gleiches gilt für alle Oberschwingungen, deren Ordnungszahl ein ganzzahliges Vielfaches von 3 ist (zum Beispiel neunte, fünfzehnte, einundzwanzigste usw. Harmonische). Der größte Teil der Verzerrung steckt aber in der dritten Teilschwingung. Durch dieses Phänomen verdreifacht sich der Strom im Neutralleiter. Das hat zur Folge, dass der Strom-Mittelwert im N-Leiter den Gesamt-Effektivwert der Außenleiterströme übersteigt und somit zur Überlastung des Neutralleiters und im schlimmsten Fall zu Brandschäden führen kann.

Herausforderung für N-Leiter

Der vermehrte Einsatz nichtlinearer Verbraucher führt zur Überbeanspruchung des PEN-/N-Leiters. Die Ströme, die dieser Leiter abführen muss, können unter Umständen viel höher sein als die der Außenleiter. In vielen Altbauten beispielsweise wurde der PEN-/Neutralleiter nur mit halbem Querschnitt (ab 16 mm²) bemessen und verlegt. Der hohe Stromfluss durch den Rückleiter setzt nicht nur die Belastbarkeit der Kabel herab, sondern verursacht auch eine starke Wärmeentwicklung.
Demzufolge führt eine Überlastung des PEN-/N-Leiters zur Überschreitung der zulässigen Betriebstemperatur von Isolierstoffen (70 °C für Thermoplaste oder 90 °C für Duroplaste) und stellt womöglich eine potentielle Brandgefahr dar, zumindest aber eine erhebliche Verkürzung der Lebensdauer der Leitung. Zudem kann der thermodynamische Wechsel eine Lockerung der Schraub- beziehungsweise Klemmverbindungen bewirken und somit zur Unterbrechung des PEN-/N-Leiters führen. Diese Unterbrechung könnte wiederum zu einem „frei schwebenden" Sternpunkt (unkontrollierte Sternpunktverschiebung) und Spannungsüberhöhungen führen. Beides resultiert letztlich in der Zerstörung von Geräten und Anlagenteilen.

Netzüberwachung zahlt sich aus

Fazit: Sogar bei symmetrischer Aufteilung der Lasten kann der Neutralleiterstrom größer werden als in jedem der Außenleiter. Um eine Überlastung zu vermeiden, müssen daher nicht nur Außenleiter, sondern auch N-Leiter und - wenn vorhanden - auch PE (Schutzleiter) überwacht werden. Dabei liefern Power-Quality-Geräte wichtige Informationen zum Ist-Zustand. Durch die permanente Überwachung ist man in der Lage, schon bei kleinen Veränderungen im Netz rechtzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten. Moderne Netzstöranalysatoren wie Mavowatt 40 und 70 von Gossen Metrawatt erfassen nicht nur die Anomalien im Netz, sondern charakterisieren diese und bestimmen sogar deren Richtung (stromaufwärts oder stromabwärts). Der Fehlerbereich wird eingegrenzt und die Fehlersuche für den Anwender erheblich erleichtert.

Kontakt

GMC-I Messtechnik GmbH

Südwestpark 15
90449 Nürnberg
Deutschland

+49 911 8602 0
+49 911 8602 674

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