"Würden Sie als Avatar durch eine Messe spazieren?“
Im Interview: Holger Bödeker, Geschäftsführer der AMA Service, über die Absage der Sensor + Test und virtuelle Alternativen
Die für Ende Juni geplante Sensor + Test wurde abgesagt. Holger Bödeker sprach mit uns, was das für die AMA Service bedeutet, wie man dennoch in Sachen Sensorik und Messtechnik informiert bleibt und was er von virtuellen Alternativen hält.
Die Sensor+Test findet 2020 aufgrund der Corona-Pandemie nicht statt. Was bedeutet die Absage für die AMA Service – was für Ihre Aussteller?
Holger Bödeker: Anders als die meisten Messeveranstalter konzentriert sich die AMA Service im Wesentlichen auf eine einzige Veranstaltung: die Sensor + Test und die mit ihr verbundenen Kongresse. Sie ist für viele Aussteller die wichtigste, für manche sogar die einzige Messe des Jahres. Sie haben mit uns um ein Stattfinden gekämpft, denn gerade in der jetzigen Situation wären die Messkontakte, selbst wenn es weniger als gewohnt geworden wären, besonders wichtig gewesen. Dazu kommt, dass im Rahmen der Messe viele Meetings von Firmen, Verbänden oder Forschungsgruppen stattgefunden hätten. All dies ist ebenso schwer zu kompensieren wie der wirtschaftliche Schaden für den gesamten AMA-Verbund. Wir werden aber alles geben, damit der Innovationsdialog nicht ins Stocken gerät und zumindest digital weitergeht. Und dann blicken wir gemeinsam nach vorne – auf die nächste Sensor + Test vom 4. bis 6. Mai 2021.
Wie geht es der Branche Sensorik & Messtechnik allgemein? Lässt sich bereits ein Trend für das laufende Jahr erkennen?
Holger Bödeker: Wie im Rahmen des AMA-Pressetages im März berichtet, waren die Erwartungen der Branche für 2020 ohnehin bereits gedämpfter als in den Vorjahren. Die Einschränkungen zur Bekämpfung des Corona-Virus` werden die Situation insgesamt nicht verbessert haben. Inzwischen wissen wir aus Gesprächen mit zahlreichen Firmen, dass diese in Kurzarbeit sind und große Sorgen haben. Für eine genauere Abschätzung ist es aber noch zu früh, hier wird erst die Umfrage des AMA-Verbandes zum Ergebnis des zweiten Quartals Aufschluss geben.
Welche Möglichkeiten bieten Sie Ihren Ausstellern, Ihre Produkte dennoch am Markt zu platzieren?
Holger Bödeker: Auch ohne Messe bleibt das Internetportal der Sensor + Test eine gefragte Quelle für informationssuchende Anwender. Unsere Aussteller können dies unbegrenzt nutzen, um neue Entwicklungen, Lösungen und Leistungen zu präsentieren. Wir werten diese Meldungen aus und transportieren sie auf verschiedenen Wegen zu den Interessenten. Dabei erfreuen sich unsere Social-Media-Kanäle zunehmender Beliebtheit, aber auch die Fachmedien unserer Branche, wie die messtec drives Automation, werden von uns auf interessante Entwicklungen gezielt hingewiesen. Das Ganze wird zum geplanten Termin der Sensor + Test 2020 einen Höhepunkt finden. Auch danach werden die Aktionen unvermindert fortgeführt. So haben unsere Aussteller bis zum Ende des Jahres die Möglichkeit, weiter Informationen zu veröffentlichen, und wir werden unsere Aktivitäten zu deren Verbreitung ebenfalls fortsetzen.
Sie sprachen gerade Ihr Internetportal an. Welche weiteren Möglichkeiten haben Besucher der Sensor + Test aktuell, sich über neue Produkte oder Trends im Bereich Sensorik & Messtechnik zu informieren?
Holger Bödeker: Bereits jetzt haben die Aussteller der Sensor + Test auf der Internetplattform hunderte von Neuheiten und Informationen hinterlegt, die bequem durchsucht oder nach Sachgebieten geordnet betrachtet werden können. Über Highlights und thematische Schwerpunkte informieren regelmäßige Newsletter und die Social-Media-Kanäle, allesamt kostenlos abonnierbar. Darin werden wir auch über die zum Messetermin vom 23. bis 25. Juni 2020 geplanten Aktionen informieren.
Wäre ein virtuelles Messe-Event eine Alternative für Sie respektive Ihre Aussteller? Welche digitalen Wege gehen Sie?
Holger Bödeker: Hand aufs Herz: Würden Sie gerne als Avatar durch eine virtuelle Messe spazieren, auf virtuellen Messeständen andere Avatare treffen oder dort nach Informationen suchen? Unsere Erfahrungen mit der realen Messe zeigen, dass unsere Besucher sehr zielgerichtet vorgehen, sich vorher exakt die für sie relevanten Aussteller und Vorträge heraussuchen und sich eher weniger für schmucke Messestände als für kompetente Gespräche interessieren. Wir konzentrieren uns auf die aktive Vermittlung dieser Kontakte, weil darin aus unserer Sicht zumindest aktuell der größere Mehrwert für Aussteller und Besucher liegt.
Die Corona-Krise ist noch immer beherrschendes Thema. Welche Auswirkungen wird das mittelfristig auf die Messelandschaft haben, wie wird sich diese verändern?
Holger Bödeker: Wir Menschen werden auch in Zukunft weiter den persönlichen Kontakt benötigen, um kompetente Partner für wichtige Projekte zu qualifizieren. Messen bieten hierfür eine effiziente Möglichkeit. Auch wenn diese aktuell blockiert ist, ändert das nichts an dem grundlegenden Bedarf. Natürlich lassen sich viele Aspekte digitalisieren und wir werden in Zukunft sicherlich vermehrt hybride Messen erleben, die sich gleichermaßen real wie virtuell besuchen lassen, um auch Interessenten anzusprechen, die keine Möglichkeit haben, bei der Messe in Persona dabei zu sein. Eine solche Veranstaltung ist jedoch mit einem deutlich höheren Aufwand für Veranstalter und Aussteller verbunden, für den erst einmal wieder Ressourcen verfügbar sein müssen. Entscheidend wird sein, wie lange die Einschränkungen noch bestehen bleiben und wann Messen überhaupt wieder möglich sein werden. Aktuell macht hier nur der Blick nach China Mut, denn dort läuft das Messegeschäft zumindest in Teilen bereits wieder.
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