Automatisierung

Wegmesssystem für die Bearbeitung von Edelsteinen

25.03.2020 -

Die Bearbeitung von Edelsteinen ist ein hohe Handwerkskunst, bei der aber auch auf eine präzise maschinelle Fertigung nicht verzichtet wird. Die Edelsteinmanufaktur Herbert Stephan entwickelt seit langem ihre eigenen Maschinen und setzt bei Sonderlösungen unter anderem auf magnetische Wegmesssysteme.

„Die Edelsteinbearbeitung ist mittlerweile ein eigener Industriezweig, der einen hochspezialisierten Maschinenpark voraussetzt“, sagt Andrè Jakoby, bei Herbert Stephan verantwortlich für die Instandhaltung elektrischer Anlagen. Das Unternehmen mit eigenem Technologie-Center und einer Produktion bezeichnet sich selbst als High-Tech-Manufaktur, denn „für die maschinelle Edelsteinbearbeitung gibt es im Grunde keine Standardlösungen.“ Daher entwickelt Herbert Stephan ihre Maschinen bis hin zur hauseigenen Softwareprogrammierung für die Steuerungen selbst. Mittlerweile sind das über 130 Sondermaschinen. „Aufgrund dieser konsequenten Eigenentwicklungen haben wir in unserem Segment sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal – und in einigen Bereichen der Edelsteinbearbeitung sind wir sogar Marktführer. Unsere Produktion wird zudem ständig mit modernen CNC-Maschinen erweitert, zum Beispiel aktuell durch 5-Achs-Bearbeitungszentren von DMG Mori.“

Eine der Kernkompetenzen des Unternehmens ist das Gravieren von Formen, Motiven oder Mustern mittels Ultraschalltechnologie und Negativmatrizen in synthetischen und echten Edelsteinen. „Die eigens von uns entwickelte Lösung ermöglicht uns eine maschinelle Fertigung in größeren Stückzahlen zu wettbewerbsfähigen Preisen, wobei ein Mitarbeiter gleich mehrere Maschinen bedienen kann. Mittlerweile haben wir rund 50 solcher Ultraschall-Maschinen im Einsatz“, erklärt Jakoby und beschreibt das Produktionsverfahren: „Auf einen Ultraschallkopf wird eine Negativmatrize gelötet und dann mit diesem Werkzeug mittels hoher Schwingungen und Borcarbit als abrasive Emulsion die entsprechende Form in einen Stein eingearbeitet. Auf diese Weise können wir beispielweise Motive herstellen, die sich normalerweise nicht schleifen lassen. Zudem nutzen wir das Verfahren unter anderem auch, um Vertiefungen in Steine für Goldinlays einzupressen.“

Seilzugsystem: ungenau und anfällig

Ein entscheidender Parameter während der Bearbeitung ist ein möglichst präziser und positioniergenauer Vortrieb des Werkzeugs zum Werkstück. Bislang wurde hierfür ein Seilzugsystem eingesetzt, das aber sowohl aufgrund der prozessbedingten Schwingungen im Bereich von 22 kHz als auch durch das bei der Bearbeitung verwendete Borcarbit immer wieder für Probleme sorgte. „Das System war nicht nur anfällig gegenüber Verschleiß und Verschmutzung, sondern zudem auch ungenau, da sich immer wieder die vordefinierten Parameter, zum Beispiel die Nullstellung des Werkzeugvortriebs, verstellten. Wir mussten daher das Seilzugsystem häufiger neu kalibrieren, mitunter auch während der Fertigung einer Produktionscharge. Auf der Suche nach einer Alternative haben wir uns dann an IPF Electronic gewandt, da wir mit diesem Unternehmen in einigen Bereichen schon länger zusammenarbeiten“, berichtet Andrè Jakoby. Mit einem inkrementell arbeitenden magnetischen Wegmesssystem hatte der Sensorspezialist eine Lösung parat, die vor allem hinsichtlich Präzision und Zuverlässigkeit die entscheidenden Anforderungen erfüllte.

Vom Rechteckimpuls zur exakten Wegstrecke

Im Wesentlichen besteht das Wegmesssystem aus einem Sensor MW110430 in Schutzart IP67 als Tastkopf mit einer sehr hohen Auflösung von 10 µm und dem Impulswächter WY050100.

Bei magnetischen Messsystemen verfährt der Sensor in der Regel berührungslos über ein Magnetband.: „An unserer Sondermaschine ist der Sensor jedoch fest an der Maschine montiert, während sich das am Werkzeugvortrieb befestigte und durch ein zusätzliches Edelstahlband geschützte Magnetband über dem Sensor hinwegbewegt. Diese Lösung stellt sicher, dass das Anschlusskabel für den Sensor durch die Bewegungen des Werkzeugschlittens keinem Verschleiß unterliegt“, so Andrè Jakoby.

Ähnlich wie bei dem Rotor eines Motors befinden sich auf dem Magnetband im Wechsel Nord- und Südpole mit einer exakt angeordneten Polbreite von 5 mm, die beim Abtasten im Sensor eine Sinus-/Cosinusschwingung generieren. Diese Schwingungen wandelt der Sensor in zwei um 90 Grad versetzte Rechteckimpulse. Mit den hieraus resultierenden vier Schaltflanken lässt sich über den Impulswächter die zurückgelegte Wegstrecke des Werkzeugvortriebs bzw. die gewünschte Tiefe der Negativmatrize sowie deren Bewegungsrichtung bestimmen und visualisieren.

Hohe Anforderungen an Auflösung und Abtastrate

„Da die Steine mitunter nur zwei bis drei Millimeter dick sind und wir uns mit den Tiefen teilweise im Hundertstel-Bereich bewegen, muss der Vortrieb äußerst exakt arbeiten. Die hohe Auflösung des Sensors mit 0,01mm liefert uns diese Präzision“, so Jakoby. Weil der Vortrieb darüber hinaus sehr langsam erfolgt und der Prozess gleichzeitig starke Vibrationen erzeugt, ist es außerdem erforderlich, die Rechteckimpulse mit einer möglichst hohen Abtastrate zu erfassen. Auch hier sei man aufgrund der Eingangsfrequenz bzw. Abtastrate des Impulswächters von 250 kHz im Vergleich zur Ultraschallfrequenz des Werkzeuges von 22 kHz auf jeden Fall auf der sicheren Seite, zumal das System die Impulse aufgrund der hohen Auflösung auch beim manuellen Zurückziehen des Werkzeugschlittens sehr sauber verarbeite.

„Vor Beginn der Bearbeitung muss der Werkzeugvortrieb genau in Nullposition stehen, um exakt die Voreinstellungen für das Gravieren einzuhalten. Nach der Bearbeitung, aber zum Teil auch zur Kontrolle während der Erstbearbeitung, wird der Werkzeugschlitten mit der Matrize per Hand zurückgezogen. Das hochgenaue Wegmesssystem gewährleistet hierbei nun, dass sich die Matrize beim anschließenden erneuten Anfahren oder zu Beginn einer neuen Produktion wieder genau in Null- bzw. Startposition befindet. Beim Seilzugsystem konnte diese Position beim schnellen Zurückziehen des Werkzeugschlittens schon einmal verloren gehen, sodass wir nochmals nachjustieren mussten“, präzisiert Andrè Jakoby.

Farbige Anzeige visualisiert Betriebszustände

Der als Fronttafelgerät ausgeführte Impulswächter wird über das integrierte Touchpanel parametriert, wobei derzeit insgesamt vier Maße hinterlegt sind. Der Impulswächter ist so voreingestellt, dass die Anzeige die jeweils aktuellen Maße grün visualisiert, während die Maschine in Betrieb ist. Nach Erreichen des Sollwertes schaltet die Maschine ab und die Anzeige wechselt auf Rot. „Der für die Maschine verantwortliche Mitarbeiter sieht somit sofort, wann die Bearbeitung eines Steines abgeschlossen ist.“

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