Vom Diamanten zum Quantencomputer
02.01.2023 - Die Start-ups SaxonQ und XeedQ aus Leipzig entwickeln im Auftrag des DLR Quantencomputer, die auf Stickstoff-Fehlstellen in Diamant basieren.
Diamanten sind faszinierende Gebilde aus Kohlenstoff: Die Kristalle sind so hart wie kein anderer natürlicher Stoff – und sie können das Quantencomputing voranbringen. Ein vielversprechender Technologieansatz für das Quantencomputing ist die Realisierung von Qubits auf Basis von NV-Zentren in Diamant. Das bedeutet, dass sich die Rechen- und Speichereinheiten eines Quantencomputers in bestimmten Stickstoff-Fehlstellen (nitrogen-vacancy, NV) von Diamanten befinden. Die Quantencomputing-Initiative des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat jetzt Verträge mit SaxonQ und XeedQ zum Bau von NV-basierten Quantencomputern geschlossen. Die beiden Firmen aus Leipzig verfolgen unterschiedliche Ansätze für die Herstellung von NV-Zentren. Die Aufträge haben ein Gesamtvolumen von 57 Millionen Euro.
Perfekte Diamanten bestehen aus einem makellosen Gitter von miteinander verbundenen Kohlenstoffatomen. Eine Stickstoff-Fehlstelle ist eine Störung in diesem Kristallgitter. Sie kann auch natürlich vorkommen. Diamanten mit besonders vielen Stickstoffatomen sind gelblich gefärbt. Für Quantencomputer werden ausschließlich synthetische Diamanten verwendet. Künstlich in das Kristallgitter eingebrachte Stickstoffatome ersetzen Kohlenstoffatome auf deren Gitterplätzen. Wenn sich diese Stickstoff-Fremdatome mit einem benachbarten leeren Gitterplatz verbinden, entstehen NV-Zentren.
„Solche Qubits haben den Vorteil, dass sie bei Raumtemperatur funktionieren. Dies erweitert den Einsatzbereich dieser Quantencomputer deutlich. Andere Systeme, etwa mit supraleitenden Schaltkreisen, können nur bei sehr tiefen Temperaturen betrieben werden“, erklärt Dr Robert Axmann, Leiter der DLR Quantencomputing-Initiative (QCI). NV-Quantenprozessoren gelten als leicht und mobil. Ihr Einsatz ist in Zukunft auch in Flugzeugen oder Satelliten denkbar. Eine der aktuell größten Herausforderungen bei dieser Technologie liegt darin, mehrere geeignete NV-Zentren in geringem Abstand zu platzieren. Erst dann können sie effektiv miteinander verschränkt werden, was die Voraussetzung für einen Quantencomputer ist.
Unterschiedliche Ansätze
SaxonQ erzeugt die NV-Zentren mit einer eigens entwickelten Technik knapp unter der Oberfläche des Diamantkristalls. Diese Technologie verspricht eine hohe Präzision bei der gezielten Anordnung von NV-Zentren. XeedQ ordnet die NV-Zentren in einer dreidimensionalen Struktur im Diamantkristall an, so dass sich eine gegenseitige Wechselwirkung ergibt. Zusammen mit einem speziellen Ausleseverfahren wird so der Bau eines skalierbaren Quantencomputers möglich.
In einer ersten Phase entsteht zeitnah in beiden Projekten jeweils ein Demonstrator-System mit mindestens vier Qubits. In späteren Phasen erfolgt die Entwicklung zu größeren Systemen: Nach vier Jahren soll der Bau von Quantencomputern mit mehr als 32 Qubits abgeschlossen sein, die skalierbar und fehlerkorrigierbar sind.
Die DLR Quantencomputing-Initiative
Im Rahmen der DLR Quantencomputing-Initiative werden innerhalb der nächsten vier Jahre prototypische Quantencomputer unterschiedlicher Architekturen gebaut. Außerdem werden die damit verbundenen Technologien und Anwendungen entwickelt. Das DLR bindet Unternehmen, Start-ups und andere Forschungseinrichtungen ein, um gemeinsam die Arbeiten voranzutreiben.
Quantencomputer sind eine wichtige Technologie für die Zukunft: Sie können Berechnungen und Simulationen auf spezifischen Einsatzgebieten wesentlich schneller als klassische Supercomputer durchführen. Ihr Einsatz ist zum Beispiel im Verkehrs- und Energiebereich, aber ebenso bei der Grundlagenforschung oder dem Betrieb von Satelliten möglich. Quantencomputer nutzen quantenmechanische Effekte wie Verschränkung und Überlagerung aus: Ihre Quantenbits (Qubits) können die Zustände 0 und 1 gleichzeitig einnehmen – und nicht nur nacheinander, wie die klassischen Computer. Das wiederum macht Quantencomputer so leistungsfähig. (Quelle: DLR)
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