Automatisierung

Steuerung von Windkraftanlagen – wohin geht die Reise?

17.06.2011 -

Flauten, Brisen und Turbulenzen beschäftigen die Menschheit in der Nutzung der Windenergie seit Jahrhunderten. Angesichts begrenzter fossiler Energieträger sowie eines verstärkten Umweltbewusstseins hat die Erzeugung elektrischer Energie mittels Windkraftanlagen in den vergangenen Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Die natürlichen Gegebenheiten der Energiequelle Wind stellen dabei höchste Anforderungen an die verwendete Hard- und Software.

So muss eine Windkraftanlage unberechenbaren Naturgewalten gewachsen sein und zudem auch noch mit einer Vielzahl anderer schwieriger Einflüsse zurechtkommen. Die primäre Aufgabe der Steuerungstechnik ist daher die optimale Betriebsführung. Hier geht es darum, unter den gegebenen Rahmenbedingungen wie Windverhältnissen, Materialbelastungen, sicherheitstechnischen Aspekten, etc., ein Maximum an Energieertrag sicherzustellen.

Mit der Weiterentwicklung und Verbreitung der Technologie sind aber auch zusätzliche Anforderungen entstanden. Wurden Windkraftanlagen früher eher isoliert als Einzelanlagen und „negative Verbraucher" gesehen, so steht heute in den meisten Fällen die Integration in Windparks bzw. in komplexe Energieversorgungskonzepte im Mittelpunkt. Zudem errichten Betreiber Windkraftanlagen häufig in entlegenen und schwer zugänglichen Gegenden. Damit gewinnen Fernwirkankopplungen, offene Kommunikationsmechanismen, Netzservices und Ertragsprognosen an Bedeutung. Zusätzlich resultiert daraus die Forderung nach höchster Verfügbarkeit und einer Betriebsdauer von mehr als 20 Jahren.

Standardisierte Steuerungs-Plattformen senken Systemkosten

Im Hardware-Bereich zeigt sich ein deutlicher Trend in Richtung standardisierter Steuerungs-Plattformen. Diese bieten in der Regel mehr Flexibilität und Funktionalität. Komplexe Basisfunktionen wie durchgängige Fernwartung, Web-Anbindung, eine breite Verfügbarkeit verschiedener Protokolle und Feldbusse sollten bereits bei entsprechenden Systemen Standard sein. Zwar können Sonderlösungen auf die Anwendung exakt zugeschnitten werden, in den meisten Fällen gelingt die Senkung von Systemkosten jedoch durch den Einsatz standardisierter Steuerungssysteme. Dies resultiert aus Synergieeffekten mit anderen Branchen, die zu höheren Stückzahlen und damit zu einer Verdünnung der Basisentwicklungskosten führen. Vorraussetzung für den erfolgreichen Einsatz einer standardisierten Steuerungsplattform ist allerdings das Systemverständnis und die Leistungsfähigkeit der eingesetzten CPUs, um auch die komplexen Algorithmen und Aufgaben in der erforderlichen Qualität abzuarbeiten.

Spezifika einer Windkraftanlage

Im Prinzip unterscheidet sich die Windkraft-Anwendung nicht wesentlich von anderen komplexen Maschinen, dennoch gibt es bestimmte Schwerpunkte, die besonders gut abgedeckt werden müssen, wie z. B. Fernwartung und Fernvisualisierung. Diese sind deshalb erforderlich, da der Anlagenbetrieb in der Regel unbemannt erfolgt. Vorgaben kommen hier in der Regel von den Netzbetreibern bzw. vom Parkmanagement. Um diese bestens zu erfüllen, muss die Steuerungssoftware eine effiziente und performante Basis und Entwicklungsumgebung für modellbasierte Regelungsverfahren bereithalten. Dies betrifft sowohl die Entwicklungsumgebung als auch die Steuerungsplattform und das Zusammenspiel der Komponenten auf der Anlage. Geringe Latenzzeiten, volle Synchronisation aller Kommunikationen und damit geringste Jitter sind die Basis für den Erfolg. Insbesondere im Hardwarebereich gibt es aufgrund der exponierten Lage, der manchmal schlechten Erreichbarkeit und den rauen Umgebungsbedingungen einen erhöhten Qualitätsanspruch. Die bereits erwähnte Verfügbarkeit und Lebenserwartung an Anlagen erzwingen ein sehr robustes und ausgereiftes Produkt sowie ein proaktives Qualitäts- und Versionsmanagement.

Wertvolle Potentiale in der Windkraftregelung

Eine zentrale Frage im Zuge der Steuerung von Windkraftanlagen ist die gezielte Ausrichtung der Rotorblätter. Das Augenmerk liegt dabei sowohl auf einer erhöhten Stromproduktion als auch auf der Vermeidung von Belastungen der Anlage durch Winddruck. Diesen gesamten Prozess zu beherrschen ist Aufgabe der Pitchregelung. Je besser das ganze System funktioniert und kooperiert, desto effizienter arbeitet die Anlage. Zugleich lassen sich dadurch aber auch die Belastungen reduzieren, wodurch die Anlagen leiser werden und eine längere Lebensdauer aufweisen. Entscheidend in diesem Bereich ist es, kooperativ mit dem Hersteller zusammen zu arbeiten oder den Hersteller bei dieser Arbeit mit ausgereifter Basistechnologie zu unterstützen.

Aktuell erkennt die Regelung Störgrößen durch Turbulenzen nur sehr gedämpft und mit großer Verzögerung an der Drehzahländerung im Antriebsstrang. Jeder, der schon einmal in einem Flugzeug in Turbulenzen geraten ist, hat eine Vorstellung davon, mit welcher Energie und Dynamik diese Strömungsänderungen auf eine Tragfläche wirken. Hier sind also noch große Potentiale in der Regelung vorhanden, Anlagen effizienter zu machen und die Materialbelastung zu reduzieren. Vor allem von der interdisziplinären Zusammenarbeit von Mechanik, Steuerungstechnik und Sensorik werden wertvolle Verbesserungen im Bereich der Regelung erwartet.

Die Wahl des richtigen Bussystems

Im Hinblick auf das ideale Bussystem muss grundsätzlich zwischen Systemen innerhalb einer einzelnen Windkraftanlage und den Vernetzungen der Anlagen bzw. der Anbindungen einer Windkraftanlage an externe Systeme unterschieden werden. Innerhalb der Anlage gibt es relativ klar abgegrenzte Subsysteme, innerhalb derer jede Lösung möglich ist, sofern sie die spezifische Aufgabe erfüllt. So sind beispielsweise auch proprietäre Bussysteme denkbar. Die Verbindung zwischen den Subsystemen (z. B. Maincontrol, Pitchsystem oder Generator) sollte jedoch über standardisierte Busse erfolgen, wobei in der Regel verschiedene Systeme zum Einsatz kommen. Meist gibt die Komponenten- oder Lieferantenauswahl das Bussystem bereits vor.

Für die Entscheidung wichtig ist auch, die Physik zu beachten. Werden die Signale über Schleifringe geführt, sollte aufgrund der EMV Thematik oder Kabellänge auf Glasfaser umgesetzt werden. Zusammen mit wichtigen wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Überlegungen schränken diese Rahmenbedingungen die Bussystemauswahl ein. Während man bei weniger performanten Verbindungen häufig CAN oder Profibus antrifft, setzen Anlagenbetreiter in Bereichen, bei denen es auf große Dynamik und geringen Jitter ankommt, vorwiegend auf Echtzeit Ethernet Protokolle wie z. B. Powerlink.

Die Verbindung einer Windkraftanlage nach außen erfolgt in den meisten Fällen über Ethernet. Für die verschiedenen Aufgaben werden jedoch unterschiedliche Mechanismen und Protokolle verwendet. Für Visualisierungen findet man oftmals Web-Services oder OPC und OPC UA. Für die Fernwirkaufschaltung existieren eigene IEC Normen wie z.B. die IEC 61400-25 oder auch die Standards IEC 61850-7-410 oder IEC61870-7-420. Aber auch andere Kommunikationsmechanismen auf TCP/IP-Basis finden Verwendung.

Steuerung von Windkraftanlagen

Seit Jahren zeichnet sich ein Trend zu größeren Leistungen ab. Regional gibt es dabei allerdings deutliche Unterschiede. Während beispielsweise Offshore Leistungen mit größer 5 MW entwickelt werden, besteht in anderen Regionen auch weiterhin Bedarf an Einzelanlagen mit Leistungen kleiner 1 MW. Zudem werden hydraulische Pitchsysteme zunehmend von elektrischen Systemen verdrängt. Durch diese größeren Anlagen in Verbindung mit den Regelungsmöglichkeiten elektrischer Pitchsysteme ergeben sich wirtschaftliche und technische Rahmenbedingungen, mit denen weitere Optimierungen und Innovationen ermöglicht werden. So wird man sich in den nächsten Jahren verstärkt mit den Kernthemen Individual Pitch, aktive Schwingungsdämpfung und integriertes Condition Monitoring beschäftigen. Durch die Kombination von weiterentwickelten Modellen und neuen Sensormöglichkeiten sind auch in den Bereichen der Rotor- und Leistungsregelung wertvolle Fortschritte zu erwarten.(pe)

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