Sinnesorgane der Industrie 4.0
Sensorik4.0 als Wegbereiter für Industrie 4.0
Pepperl+Fuchs begreift Sensorik 4.0 als Wegbereiter für Industrie 4.0. Dabei ist es mehr, als eine theoretische Überlegung: das Unternehmen erprobt bereits praktische Anwendungen in der eigenen Produktion sowie in Kooperation mit anderen Firmen. Denn letztlich ist für die Zukunft eines wichtig: grenzüberschreitendes, globales Denken – und die Zusammenarbeit zwischen Automation, Maschinenbau und der IT.
Individuelle Produkte, die sich eigenständig durch die Fertigung navigieren und ihren Herstellungsweg mitbestimmen. Maschinen und Werkstücke, die über eine Cloud miteinander kommunizieren. Tonnenschwere Transportfahrzeuge, die ohne Fahrer durch die Fabrikhallen lotsen. Längst sind Szenen wie diese nicht mehr der bunten Fantasie eines Autors entwachsen, sondern werden in der Realität getestet. Die vierte industrielle Revolution hält ihren Einzug – und beschäftigt weltweit Unternehmen. Denn die Firmen sehen sich mit neuen Anforderungen konfrontiert, müssen ihre Produkte, aber auch eigene Herstellungsprozesse überdenken und sich für die Zukunft aufstellen.
“Sensoren von heute liefern analoge und digitale Messwerte, die zur Überwachung und Steuerung, aber auch in geschlossenen Regelkreisen mit hohen dynamischen Anforderungen genutzt werden. Die Sensoren der vierten industriellen Revolution – Sensorik4.0 – werden hingegen zusätzlich auch zu den wichtigsten Datenquellen der Industrie-4.0-Konzepte“, erklärt Dr. Gunther Kegel, CEO von Pepperl+Fuchs. Dabei ist es dem global agierenden Unternehmen wichtig, den Sensorik4.0-Gedanken auch in der Praxis zu erproben. „Gemeinsam mit anderen Firmen testen wir bereits praktische Umsetzungen. Aber auch innerhalb unserer eigenen Organisation sind wir nicht untätig: Schließlich müssen wir unser Unternehmen fit für die Zukunft machen und können von einer vernetzten Produktion heute schon profitieren“, so Dr. Kegel weiter.
Smart Factory – Smart Business – Smart Product
Ein gutes Beispiel für erste praktische Ansätze bietet der horizontal und vertikal vernetzte Herstellungsprozess der optoelektronischen R100, R101 und R103 Serien im Pepperl+Fuchs-Werk in Berlin. Die vertikale Vernetzung – folglich die Vernetzung unterschiedlicher IT-Systeme auf verschiedenen Hierarchieebenen innerhalb der Fabrik, also der Aktor- und Sensorebene, Steuerungsebene, Produktionsleitebene bis hin zur MES- und Unternehmensplanungsebene – birgt vielfältige Vorteile in sich. „Wir haben den festen Prozessablauf durchbrochen: Nach bestimmten Konfigurationsregeln werden heute viele unterschiedliche Produkte flexibel gefertigt“, erklärt Hinrik Weber, Leiter des Geschäftsfeldes Opto.
Auch entlang der Wertschöpfungskette ist das Unternehmen bestens vernetzt. „Optimierte Bestell-, Qualitäts- und Logistikprozesse sind grundlegend, damit wir schnell und flexibel agieren und unseren Kunden hochwertige Produkte in kurzer Zeit liefern können“, erläutert Weber. „Horizontale Vernetzung ist hier das Stichwort. Große Teile davon laufen innerhalb unseres ERP-Systems – beispielsweise Zulieferwege externer und interner Lieferanten, aber auch Bestellaufnahmen oder Anlieferungen.“
Das fertige Produkt selbst trägt in der Anwendung ebenfalls zur Vernetzung bei, denn die Serien R100, R101 und R103 verfügen über eine IO-Link Schnittstelle und erlauben damit eine durchgängige Kommunikation bis in die Feldebene – die Basis für Sensorik4.0. Somit können die kleinen optoelektronischen Sensoren künftig auch vernetzte Teilnehmer einer Industrie-4.0-Anlage sein.
Grenzwertüberschreitung: Information via E-Mail
Ein weiteres einfaches Beispiel für den Einsatz zukunftsorientierter Lösungen in der Produktion bildet die Verkugelungsanlage, deren Füllstand künftig cloudbasiert überwacht werden soll. Die Anlage befüllt Gehäuse, wie beispielsweise Monitore von Human-Machine-Interfaces, für den Explosionsschutz (Zündschutzart q) mit kleinen Glaskügelchen, um die elektrischen Bauteile zu isolieren. „Mit einem Ultraschallsensor können wir den Füllstand in der Anlage messen und wissen so, wann neue Glaskügelchen nachgefüllt werden müssen“, so Benedikt Rauscher, Entwicklungsgruppenleiter bei Pepperl+Fuchs. „Das Besondere dabei: Wir möchten künftig mittels SmartBridge-Technologie den Sensor über IO-Link an die Cloud anbinden.“
Die SmartBridge-Technologie basiert auf einem IO-Link-Master, der wahlweise direkt mit dem Sensor kommuniziert oder im transparenten Betrieb eine bestehende IO-Link-Verbindung zwischen einem Master und dem Sensor mitprotokollieren kann. SmartBridge ermöglicht es, Daten sicher und nahtlos in die Cloud zu übertragen. Pepperl+Fuchs arbeitet mit dem Start-up connectavo zusammen, das eine Cloud-Lösung für industrielle Sensordaten anbietet. Über das cloudbasierte Portal können zusätzlich Grenzwerte eingestellt werden – in diesem Fall ein bestimmter Füllstand. „Im Beispiel der Verkugelungsanlage soll der zuständige Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin eine E-Mail erhalten, wenn der Grenzwert überschritten ist. Somit wissen wir, wann die Anlage wieder befüllt werden muss. Das spart überflüssige Kontrollgänge und Lagerkosten“, erläutert Rauscher. Dieses einfache Beispiel stellt nur eine Möglichkeit der intelligenten Vernetzung dar. Künftig sollen intelligente Sensoren und cloudbasierte Datenbanken komplexe Prozesse überwachen und einen einfachen, standortunabhängigen Zugriff ermöglichen.
Partnerschaftliche Zusammenarbeit, praxisrelevante Ergebnisse
Für Wirtschaft und Industrie liegt einer der Hauptvorteile des Industrie-4.0-Ansatzes in der möglichen Effektivitätssteigerung von Prozessen: durchgängige Kommunikation und die Verfügbarkeit von Daten von der Feldebene bis in die Steuerungsebene sind zentral, um bereits vorhandene Fertigungslinien und -prozesse effektiver zu gestalten. „In Zusammenarbeit mit der Software AG und dem Verbindungsspezialisten TE Connectivity zeigen wir anhand eines Demonstrators, dass bereits mit wenigen Daten aus dem Fertigungsprozess und einer cleveren Datenanalyse ein deutlicher Mehrwert für die Produktion geschaffen werden kann“, so Michael Bozek, Product & Business Development Management Industrie 4.0.
Darum wurde ein Szenario entwickelt, wie es in Produktionslinien vielfach besteht: Der Shop-Floor, die unterste Ebene des Demonstrators, zeigt die zwei Fertigungsprozesse „Stanzen“ und „Pressen“, die ihre Vorprodukte taktgenau an den nachgelagerten Zielprozess „Montage“ übergeben. Vor- und Zielprozesse müssen nicht nur synchronisiert, sondern gleichzeitig auch bei größtmöglicher Produktivität betrieben werden. „Normalerweise übernimmt diese Aufgabe ein Manufacturing Execution System (MES). Mit dem Demonstrator zeigen wir, dass für einen Systemoptimierung nur wenige, dafür aber gezielte Daten aus dem Shop-Floor benötigt werden“, erklärt Bozek.
Prozessoptimierung, Zustandsüberwachung und Service-on-Demand
Drei wertschöpfende Ansatzpunkte für neue Industrie-4.0-Konzepte sind Prozessoptimierung, Zustandsüberwachung und Service-on-Demand. Durch Ersatz oder Nachrüstung weniger Hardwarekomponenten sowie einer Businessplattform der Software AG können auch bestehende Maschinen und Anlagen dafür aktiviert werden. Auf der Sensorebene erfolgt die Übermittlung der leistungsbestimmenden Prozessdaten vom Sensor zur Businessplattform kabellos mit Hilfe eines SmartBridge®-Interfaces und einem entsprechendem Gateway als Gegenstelle. Auf der Steuerungsebene greift das SPARK-Interface von TE Connectivity kabelgebunden Daten vom Feldbus ab. „Die Businessplattform konsolidiert beide Datenquellen. Mit Hilfe der nachgelagerten Verarbeitung lassen sich bereits anhand der reinen Gegenüberstellung der Prozessparameter Abweichungen erkennen. Das schafft nicht nur erkenntnisreiche Transparenz über den Produktionsprozess, sondern identifiziert auch gleichzeitig die Stellen mit dem größten Potential zur Effektivitätssteigerung“, erläutert Bozek. „So können wir Verzögerungen oder Mikrostandzeiten, die weniger offensichtlich sind, detektieren und die Vor- und Zielprozesse unter Berücksichtigung von Auftragslage und aktuellen Lagerbeständen optimieren.“
Der Weg in die vernetzte Zukunft beginnt heute
Die aggregierten Daten sind grundlegend, um die Maschinen- und Anlagenverfügbarkeit zu verbessern. „Das Mitschreiben von Hinweisen und Warnungen aus den Sensoren ermöglicht die Bestimmung des tatsächlichen Zustandes, nicht nur der Komponente selbst, sondern häufig sogar der Maschine oder Anlage. Historische Werte, die mit den tatsächlichen Maschinenlaufzeiten und Wartungsempfehlungen des Herstellers korreliert werden, liefern ein sehr gutes Bild vom tatsächlichen Zustand der Maschine oder Anlage. Das hilft drohende Ausfälle frühzeitig zu erkennen und in der Folge unliebsame Stillstandszeiten zu verringern“, erklärt Bozek. „Schon heute liefern Industriekomponenten Informationen über Verschmutzung oder Verschleiß, die in der Praxis aber nur selten genutzt werden. Darin steckt großes und bis dato weitgehend ungenutztes Potential: Mit Hilfe von SmartBridge® lassen sich diese Daten aus intelligenten Sensoren extrahieren und per Funk über ein Internetgateway an eine Serviceplattform übertragen. Dort können diese Zustandsdaten ausgewertet und bei Bedarf ein Serviceauftrag in der unternehmenseigenen Instandhaltung oder gar an einen externen Servicedienstleister ausgelöst werden“, erläutert Bozek. „Unser Demonstrator verdeutlicht also eindrücklich, wie einfach und effizient künftig Produktionsprozesse in der Praxis optimiert werden können.“
Diese Beispiele zeigen, dass eine durchgängige Kommunikation von der Feld- bis in die IT-Ebene grundlegend dafür ist, um das Potential intelligenter Sensoren voll ausschöpfen zu können. Dafür sind nicht immer kostenintensive Änderungen von Maschinen und Anlagen erforderlich – teilweise genügt die Investition in wenige zusätzliche Komponenten, um Produktionsprozesse ökonomisch und im Sinne des Industrie-4.0-Gedankens optimieren zu können. Noch ist die umfassende, barrierefreie Kommunikation in der Automatisierung eine Vision – doch den Weg dorthin haben wir heute bereits beschritten.
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