Automatisierung

Seilzug-Encoder mit Ethercat-Schnittstelle messen und dokumentieren Lastverteilungen von Drehgestellen in Schienenfahrzeugen

27.11.2014 -

Was bei einem Auto die Reifen, sind für einen Zug die Drehgestelle. Hier befinden sich zwei oder mehrere von einem ­Rahmen umschlossene Radsätze. Damit der Wagen stets rollt, wird jedes Drehgestell vorab auf einem Prüfstand getestet. Teil dieses automatisierten Prüfkonzepts sind auch Seilzug-Encoder mit Ethercat-Schnittstelle.

Optimierung des Fahrkomforts, Minimierung von Verschleiß, Vermeidung von Entgleisungsgefahren - die Drehgestell-Prüfstände des Schweizer Unternehmens Nencki sorgen für einen sicheren und wirtschaftlichen Betrieb von Metros, Straßenbahnen und Fernzügen. „Die Prüfstände werden bei Rollmaterialherstellern sowie Wartungs- und Instandsetzungsbetrieben von Bahnen, Nahverkehrsbetrieben und Metros eingesetzt, um Radlasten und die Geometrie von neuen, reparierten oder gewarteten Drehgestellen auf jeweils spezifische Anforderungen hin zu prüfen und einzustellen", erklärt Josef Bieri von Sick. Hierzu simulieren Hydraulikzylinder in den Prüfständen verschiedene Fahrzeuggewichte und die frontalen sowie lateralen Kräfte, die in der Fahrt, in Kurven oder bei Seitenwind auf die Drehgestelle einwirken. Eine korrekte Justierung zum Beispiel der Distanzen, Abstände und der Parallelität von Achsen und anderen Parametern optimiert den Fahrkomfort, minimiert Verschleiß und Betriebskosten. Die Mess-, Toleranz- und Einstelldaten können protokolliert und jederzeit zurückverfolgt werden.
Teil dieses automatisierten Prüfkonzepts unter anderem zur präzisen Messung und Dokumentation von Lastverteilungen sind Seilzug-Encoder mit Ethercat-Schnittstelle von Sick. Diese messen und protokollieren in der Endkontrolle verschiedene Prüfmerkmale wie zum Beispiel Federwege. Durch ihre Ethercat-Schnittstelle können die Seilzugencoder direkt in die Beckhoff-Steuerung der Drehgestell-Prüfstände integriert werden. Nencki reduziert dadurch den Verkabelungsaufwand und ermöglicht seinen Kunden Diagnoseoptionen über Ethercat.


Präzision durch 0,001 mm Auflösung
Die Drehgestell-Prüfstände entstehen aus einem modularen Baukasten und werden den spezifischen Anforderungen des Kunden entsprechend ausgerüstet. Eine wichtige Funktion ist dabei die Ermittlung und Einstellung der gleichmäßigen Lastverteilung auf jedes Rad. „Hierzu wird an jedem Rad die Last gemessen und der Primärfederweg mit insgesamt vier Highline-Seilzug-Encodern BTF08 mit Ethercat-Schnittstelle von Sick ermittelt", erklärt Christoph Geiser von Nencki. „Aufgrund ihrer Auflösung von 0,001 mm können sie Abstände, Wege und Positionen extrem präzise erfassen." Ein weiterer Vorteil ist das robuste Metallgehäuse, in dem der Windungsmechanismus untergebracht ist. Schmutzabweisende Bürstenvorsätze am Seileingang verhindern das Eindringen von Staub und Schmutz und stellen so ein präzises Auf- und Abrollen des Messseils sicher. Der Seilzug-Encoder zeichnet sich zudem durch ein hohes Maß an Schock- und Vibrationsbeständigkeit und damit eine hohe Lebensdauer aus.
Der eigentliche Encoder mit seiner integrierten Ethercat-Schnittstelle ist per Servoflansch außen auf die Welle der Seilzugtrommel aufgesteckt. Um die Primarfederung zu prüfen, werden die Encoder BTF08 am Rahmen des Prüfstands mit Magneten fixiert. Im oberen Bereich des Drehgestells nehmen Stangen die Seilöse des Encoders auf. Während des Prüfvorgangs misst der Seilzugencoder als jeweiliges Distanz- beziehungsweise Höhenmaß die Veränderungen der Federwege, die durch die einwirkenden Kräfte verursacht werden. „Die dabei erforderliche Genauigkeit beträgt ±0,1 mm und wird von den Seilzug-Encodern übertroffen", so Christoph Geiser. Kombiniert aus Federweg und Radlast wird für jedes Rad automatisch errechnet, ob und wie stark die Primärfederung korrigiert werden muss. Dies wird durch Entfernen oder Hinzufügen von sogenannten Beilagscheiben bewerkstelligt, die die Federung entsprechend härter oder weicher machen. Die Dicke der einzusetzenden Beilagscheiben wird am Bildschirm des Prüfstands angezeigt.


Einfache Integration durch reduzierten Verkabelungsaufwand
Während sich die beschriebene Messanordnung bereits in zahlreichen Prüfständen bewährt, suchte Nencki nach einer Encoder-Lösung, die sich direkt in die Beckhoff-Steuerung integrieren lässt. Die Zielsetzung dabei: weniger Verkabelungsaufwand und mehr Diagnosefunktionen für die Endkunden. „Wir konnten Nencki aufgrund unserer Schnittstellen-Kompetenz bei Encodern die passenden Lösung mit Ethercat-Interface anbieten", bemerkt Carell Gerig, Application Engineer bei Sick.
Nencki konnte mit dem Einsatz der BTF08-Seilzugencoder mit Ethercat-Schnittstelle in mehrfacher Hinsicht den Integrationsaufwand deutlich reduzieren. „Zunächst benötigen wir keine separate Verkabelung mehr", bestätigt Christoph Geiser von Nencki. „Hinzu kommt, dass die Programmierung der Encoder direkt in die Konfigurationsoberfläche der Steuerung eingebunden ist. Dadurch wird die Einstellung erleichtert und beschleunigt." Zudem eröffnet die Feldbusanbindung umfangreiche Diagnosemöglichkeiten, mit denen sich die Ausfallsicherheit der Encoder inklusive ihrer Seilzugmechanik und damit der Prüfstände weiter optimieren lässt. „Überwacht werden kann beispielsweise die Temperatur im Encoder", erläutert Josef Bieri. „Beim Erreichen vorgegebener Minimum- oder Maximum-Grenzwerte wird die Steuerung direkt vom Encoder auf möglicherweise kritische Betriebszustände hingewiesen".
Als weitere Parameter können über die Feldbus-Interfaces auch die Betriebsstunden, programmierbare Positionsgrenzwerte sowie Geschwindigkeiten und Drehzahlen in die Diagnose einbezogen werden. Ein Zyklenzähler überwacht die Bewegung der Seilzugmechanik. Über die Vorgabe definierter Grenzwerte wird die Einhaltung der zulässigen Lebensdauerzyklen der Seilzugmechanik sichergestellt. Dadurch kann diese in einem Routine-Check geprüft und gegebenenfalls ausgetauscht werden.

Zukunftsfähig ohne Echtzeit-Ethernet?
Neben der Präzision und Robustheit der Weg- beziehungsweise Positionsmessung ist die flexible, steuerungstechnische Integration für Integratoren und Maschinenbauer wie Nencki eines der entscheidenden Auswahlkriterien bei Encodern. Aus den beiden Grundtechnologien Ethernet und Modbus, mit denen die Entwicklung von Feldbussen vor knapp 40 Jahren begann, haben sich mittlerweile mehr als zwei Dutzend industrielle Kommunikationssysteme entwickelt. Heute ist die Vernetzung von Sensorik, Aktorik und Steuerungstechnik fester Bestandteil größerer Maschinen oder Anlagen - und kaum eine von ihnen wird ohne Feldbus- oder Industrial Ethernet-Netzwerk ausgeliefert.
Treten die Prognosen der Studien des Quest Trend Magazins ein, werden „2015 83 Prozent aller Maschinenbauer Echtzeit-Ethernet nutzen." [1] Doch den Feldbus gibt es nicht, weil es auch nicht den Steuerungshersteller gibt. Der Typ der speicherprogrammierbaren Steuerung gibt in der Praxis den Feldbus vor. Laut Quest Trend Magazin [1] machen Profinet, Ethercat und Ethernet/IP aktuell fast 70 Prozent der von Maschinenbauern eingesetzten Echtzeit-Ethernet-Protokolle aus.
Aus diesem Grund unterstützt das Portfolio von Single- und Multiturn-Encodern sowie Motor-Feedback-Systemen von Sick diese und weitere Schnittstellen-Standards, die in der industriellen Kommunikation maßgeblich sind. Das Spektrum reicht von Inkremental-Schnittstellen über eigenentwickelte Interface-Technologie wie SSI, Hiperface oder die One-Cable-Technology Hiperface DSL und Feldbussysteme für die Fertigungsautomatisierung - DeviceNet, Profibus, CANopen - bis hin zu Ethernet-basierten Feldbussen wie Ethernet/IP, Profinet und Ethercat.

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