Schritt in Richtung Systeme
26.05.2015 -
Vom Komponenten- zum Systemlieferanten: Nabtesco möchte sein Geschäft weiter ausbauen. Um diesen Wunsch umsetzen zu können, zog der Getriebehersteller nun an den Düsseldorfer Flughafen und verfügt dort über ein größeres Lager und Montageplätzen. Über Nabtescos konkrete Pläne sprach Marcus Löw, Vertriebsleiter, bei der Einweihung der neuen Zentrale.
Was wird heute eingeweiht?
Marcus Löw: Die neue Europazentrale, in die wir vergangenes Jahr gezogen sind.
Sie möchten ab sofort als Systemlieferant auf dem Markt in Erscheinung treten. Inwiefern bietet Ihnen dieser Standort die Möglichkeit dafür?
Marcus Löw: Hier verfügen wir über die Fläche, um die Dinge zu installieren, die wir in Zukunft umsetzen wollen, wie die Bevorratung von Getrieben sowie Montagekapazitäten. Zudem können wir hier unser Personal aufstocken. Das gesamte Paket ermöglicht es uns, den Schritt in Richtung Systeme zu gehen und nicht mehr länger nur Getriebe einzukaufen und zu verkaufen. Standardprodukte sollen naütrlich weiterhin in Japan in großer Stückzahl gefertigt werden. Hier in Europa wollen wir die Flexibilität haben, Kundenanpassungen vorzunehmen. Auch die technischen Unterlagen, wie Zeichnungen oder Kalkulationen, wollen wir nach dem DIN- oder ISO-Standard zur Verfügung stellen und nicht nach dem japanischen Jis-Format. Dies hat in der Vergangenheit immer wieder zu Komplikationen geführt.
Bislang verkauften Sie Präzisionsgetriebe. Was ist nun konkret der nächste Schritt?
Marcus Löw: Zunächst wollen wir Getriebe modifizieren: Anbauteile an die Getriebe montieren oder Getriebe anderer Hersteller als Vorstufen anbauen - bis hin zu dem Schritt, einen Motor mit unserer Getriebeeinheit zu verheiraten und dieses Paket dann an den Kunden auszuliefern.
Die Getriebeserie RH-N wurde ja eigens für den europäischen Markt entwickelt - sie ist modular aufgebaut. Was bedeutet das?
Marcus Löw: Ich muss den Adapterflansch nicht mehr bei jedem Kundenprojekt neu anpassen. Stattdessen arbeiten wir mit einer Motoradapterplatte: Egal welcher Motoren-Typ kommt, ob ein europäisches, japanisches oder amerikanisches Fabrikat, die Platte gibt uns die Flexibilität, an das Getriebe anzuflanschen. Das ist unser Ansatz: Wir stecken das Getriebe mit den Teilen zusammen. Erst die letzte Adapterplatte ist dann speziell für die jeweilige Motoranbindung vorgesehen.
Für welche Anwendungen eignen sich die Nabtesco-Getriebe?
Marcus Löw: Ob Medizintechnik oder Antennentechnologie: Die Anwendungen sind vielfältig. Ein Schwerpunkt liegt auch auf Maschinen für die Lebensmittel- oder Getränkeindustrie. Hier müssen wir beispielsweise die Getriebe mit Schmiermittel füllen, die lebensmittelverträglich sind.
Auch Service-Roboter sind ein Zukunfts-Markt. Gleichzeitig erwähnten Sie, dass Ihre Getriebe nicht die günstigsten sind. Wie passt das zusammen?
Marcus Löw: Service-Roboter haben eine große Spannweite: Das geht von Robotern, die Fensterscheiben reinigen, bis hin welchen, die mit Werkern Montage-Arbeiten in der Fertigung übernehmen, worauf unser Schwerpunkt liegt. Hier sind Präzision, Verlässlichkeit und Genauigkeit der Getriebe gefragt. Die Kosten sind dabei nicht wesentlich anders als bei den Industrierobotern. Natürlich werden wir nie in den Bereich der günstigen Planetengetriebe kommen, aber das wollen wir auch nicht, wir liefern andere technische Möglichkeiten.
An welche Kunden richtet sich Ihr System-Angebot hauptsächlich?
Marcus Löw: Wir wollen die klein- bis mittelgroßen Kunden (von den Stückzahlen her) erreichen. Dem Kunden wollen wir ein Stück seines Entwicklungsaufwands abnehmen und ihm die komplette Lösung liefern.
Was kommt an neuen Produkten?
Marcus Löw: Ein Schwerpunkt sind Aktuatoren, also die Einheit Motor / Getriebe. Dabei wollen wir nicht einfach nur einen Motor anflanschen. Wir arbeiten an pfiffigeren Lösungen, um die Kompaktheit der Einheit zu gewährleisten - und diese als Wettbewerbsvorteil zu nutzen. Denn das Thema „enger Bauraum" wird aus meiner Sicht immer wichtiger.
Wie sieht es mit dem Einsatz der Getriebe im Vakuum beziehungsweise Reinraum aus?
Marcus Löw: Hierfür haben wir ein spezielles Dichtungskonzept entwickelt, das Nabtesco auch patentiert hat. Dieses ermöglicht es uns, die Getriebe im Grenzbereich Vakuum und Atmosphäre einzusetzen, wie beispielsweise beim Vakuumschweißen. Die Entwicklung kommt aus der Flachbildschirm-Herstellung, bei der wir in Japan einen großen Marktanteil haben. Dort ist dieser Dichtungsring entwickelt worden. Diesen wollen wir jetzt auch mit den Standardprodukten kombinieren.