Robuste Automatisierungstechnik für Bahn-Applikationen
15.10.2012 -
Damit die Wagen beim Rangieren nicht unkontrolliert aufeinander prallen, müssen sie abgebremst werden. Hierfür hat das Unternehmen FEW Blankenburg ein Bremssystem entwickelt, das auf Strom statt auf Hydraulik oder Pneumatik setzt. Für das exakte Steuern, Regeln und die Anzeige von Statusmeldungen sorgen Automatisierungskomponenten.
Güterzüge befördern meist unterschiedliche Dinge - Container, Kessel- oder Kühlwagen, Autos oder auch Holz. Unterschiedlich sind auch die Absender, sodass die Wagen individuell, das heißt nach den Zielbahnhöfen sortiert, in speziellen Rangierbahnhöfen zusammengestellt werden müssen. Der Ablauf ist dabei immer gleich: Die Wagen kommen an, rollen einen Ablaufberg hinunter und erreichen über Weichen das jeweils gewünschte Zielgleis, solange, bis der neue Mischzug komplett ist. Da viele Güter empfindlich sind, dürfen die Wagen nicht unkontrolliert hinunterrollen. Denn ein mit Neuwagen beladener Waggon würde einen heftigen Aufprall auf die dort bereits stehenden Wagen nicht ohne Blessuren überstehen. Spezielle Gleisbremsen sorgen deshalb dafür, dass die Fahrt der Wagen verlangsamt wird, bevor sie ihren Zielpunkt erreichen.
Einziges Problem: Jeder Wagen ist anders und jede Ladung hat ein anderes Gewicht. Die Länge und der Achsabstand variieren ebenso wie die Laufeigenschaften der jeweiligen Waggons. Zudem wirken sich auch Windrichtung und Windstärke auf die Geschwindigkeit der Güterwagen aus.
Am oberen Teil des Ablaufberges müssen also verschiedene Parameter gemessen werden, aus denen dann die erforderliche Bremskraft für jeden einzelnen Waggon berechnet wird. Radargeräte messen beispielsweise die Geschwindigkeit, Sensoren ermitteln Gewicht, Achsabstand oder die Windstärke. Davon ausgehend packt dann die Bremse beim Durchlaufen und verlangsamt die Geschwindigkeit des jeweiligen Wagens so, dass er ganz sanft auf die schon im Zielgleis stehenden Wagen aufläuft.
Bremsstrom ohne USV regeln
Die meisten dieser Bremssysteme arbeiten hydraulisch. Nachteile bestehen zum einen darin, dass Öl auslaufen kann und die gesamte Strecke immer wieder kontrolliert und gewartet werden muss. Zum anderen können die Bremsen durch den Einsatz im Freien einfrieren. FEW in Blankenburg hat deshalb eine elektrodynamische Gleisbremse entwickelt, die wartungsarm ist. Das Bremssystem verzichtet auf Hydraulik oder Pneumatik und damit auf verschleißanfällige Komponenten und setzt auf Strom.
Die elektrodynamische Gleisbremse, die auf beiden Seiten in die Schiene integriert wurde, arbeitet wie ein großer Magnet. Durch das von einer inneren und äußeren Spule im Grundkörper erzeugte Magnetfeld werden die Bremsträger zum Rad in die Mitte gedrückt. Je stärker die benötigte Bremskraft, desto größer sind Bremsstrom und Magnetfeld. Die Schiene selbst liegt dabei in einer magnetisch neutralen Zone.
Die Bremsströme, die dafür erforderlich sind, können bis zu 600 A bei 750 V Gleichspannung betragen. Trotzdem ist das Bereitstellen dieser hohen Ströme kein Problem, denn FEW nutzt hier Hochleistungsenergiespeicher mit Boost-Cap-Modulen, das heißt Kondensatoren, die kontinuierlich aufgeladen werden und den Bremsstrom in der benötigten Stärke abgeben. Vorteil hierbei: Die Spitzenlast kann deutlich reduziert werden. Zudem ist der Energiespeicher so dimensioniert, dass keine USV notwendig ist. Daraus resultieren ein hohes Maß an Sicherheit und Kostensenkungen bei der Energieversorgung gleichermaßen.
700 Variablen schnell und zuverlässig verarbeiten
Wichtig für alle Steuer- und Regelprozesse vom Aufladevorgang bis zum präzisen Bremsstrom ist eine leistungsfähige CPU, die alle Messwerte schnell und sicher verarbeitet. Allein für die Statusmeldungen, die im Stellwerk auflaufen, sind über 700 Variablen von Bedeutung. Die Verantwortlichen in Blankenburg setzen hier auf Vipa. Die Geschwindigkeit der Speed-SPS des Unternehmens war aber nicht der einzige Grund für die Entscheidung. Viele der hier eingesetzten Steuerungen kommunizieren untereinander, wobei ein Großteil der Kommunikation über die MPI-Schnittstelle abgewickelt wird.
Als eines der ersten Projekte in Zusammenarbeit mit Vipa wurde 2006 der Rangierbahnhof Seddin bei Berlin umgerüstet, auf dem seitdem problemlos rangiert wird. Auch die Analogwerte werden hier über Vipa-Module erfasst. Im Technikraum befindet sich zudem ein 10"-Touch-Panel des Herstellers, auf dem vor Ort der Status angezeigt oder auf Wartungsmodus umgeschaltet werden kann. Die Visualisierung wurde von FEW mittels Movicon-Software erstellt, die leicht zu bedienen ist und viele Features bis hin zum Alarmmanagement bietet.
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