Automatisierung

„Partner für durchgängige Automatisierungslösungen"

14.05.2014 -

Bekannt ist, dass Pilz für Sicherheitslösungen steht. Doch als Systemanbieter realisiert das Unternehmen Lösungen für die komplette Automation - von der Sensorik über die Steuerungstechnik und Antriebstechnik bis hin zur Visualisierung. Das will Pilz nun mit seinem Motto Complete Automation verstärkt kommunizieren. Was sich dahinter verbirgt, erklären Thomas Pilz, geschäftsführender Gesellschafter, und Armin Glaser, Leiter des Produktmanagements.


Wenn Sie den Maschinen- und Anlagenbau allgemein betrachten, welche Rolle spielt hier das Thema Sicherheit? Und wie stufen Sie das Sicherheitsbewusstsein der Anlagenbetreiber ein?

Thomas Pilz: Die Maschinenrichtlinie richtet sich mit klaren Anforderungen an den Maschinenhersteller und -betreiber, sodass sich die Sicherheit heute zu einem Standardthema entwickelt hat. Daher denke ich, dass - zumindest in Europa - ein gutes Sicherheitsbewusstsein vorhanden ist.

Und wie sieht es außerhalb der europäischen Grenzen aus?

Thomas Pilz: Wenn sie Europa verlassen, ändert sich das Bewusstsein je nach Kontinent. In China beispielsweise ist jetzt durch den 5-Jahresplan erfreulicherweise eine Sensibilisierung bezüglich Maschinensicherheit eingetreten. Hier beginnt man sich ernsthaft mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ernsthaft heißt aber auch, nach dem eigentlichen Sinn von Sicherheit zu fragen.

Maschinen und Anlagen werden zunehmend komplexer und die Anforderungen an die Funktionale Sicherheit steigen kontinuierlich. Wie heißt Ihre Antwort darauf?

Thomas Pilz: Die Antwort auf die Komplexität geben wir durch unsere Produktfamilien. Heutzutage ist es möglich, mit dem Automatisierungssystem PSS 4000 oder dem Safe drive-basierten Steuerungssystem PMCprimo DriveP eine komplexe Steuerungsfunktion und Technik abzubilden. Früher hieß die Antwort, mit einfacher Technik beim Sicherheitsrelais PNOZ die Sicherheitsaufgabe in Form der sicheren Abschaltung zu lösen. Das Schöne ist, dass die Aufgabe immer die gleiche bleibt. Das Einzige, was sich ändert, ist die technische Lösungsmöglichkeit. Ziel ist es immer, den Menschen vor der gefahrbringenden Bewegungen zu schützen. Das kann durch einfache Technik, zum Beispiel einem Schutzzaun, einer Schutztür und einem entsprechenden Schalter ausgeführt werden. Oder der Anwender kann die Aufgabenstellung mit einem multifunktionalen Produkt wie dem SafetyEye, einem sicheren Kamerasystem zur dreidimensionalen Raumüberwachung, lösen.

Bedeutet eine hochkomplexe Lösung, dass sich der Anwender intensiv einarbeiten muss?

Thomas Pilz: Genau darin liegt ja für uns als Hersteller die Herausforderung. Das heißt, der Anwender soll die Maschine mit angelerntem Personal betreiben können. Hierin besteht auch die größte Herausforderung für den Maschinenhersteller. Viel von der komplexen Technologie, die ein Maschinenbauer einsetzt, resultiert in einer anwenderfreundlichen Maschine. Lediglich für die Wartungsarbeiten ist weiteres qualifiziertes Personal notwendig.

In vielen Köpfen steht Pilz für Sicherheitstechnik. Seit wann erhalten Kunden bei Ihnen Lösungen für die sichere Automation und Standardautomation und welche Funktionen deckt der Begriff Complete Automation ab?

Thomas Pilz: Wenn ich eine Anlage automatisiere, lassen sich verschiedene Funktionen realisieren. Zum einen die Sicherheitsfunktionen, bei denen Pilz einen sehr guten Namen hat. Eine weitere zentrale Funktion ist der Bereich MotionControl. Und schließlich gibt es noch den Steuerungsbereich, welchen wir bereits seit der Firmengründung besetzen - zuerst mit Quecksilber-Relais, dann folgten Mikroprozessor-basierte Zeitrelais, dann verdrahtungsprogrammierte Steuerungen, speicherprogrammierte Steuerungen SPSen und ab 1986 unser Erfolgsprodukt das PNOZ (Pilz Not Aus Zwangsgeführt), ein Sicherheitsrelais. Zusammengefasst heißt das: Automatisierungslösungen bekam der Kunde bei Pilz schon immer, die Spezialisierung hin zur sicheren Automation hingegen hat erst ab dem Jahr 1986 stattgefunden.
Die Herausforderung für Pilz besteht jetzt darin, dem Kunden zu vermitteln, dass unser Unternehmen die gesamte Bandbreite der Automatisierung abdeckt, eben nicht nur die Sicherheitsfunktionen. Und mit dem Begriff Complete Automation möchten wir unseren Kunden gerne verdeutlichen, dass Pilz hinsichtlich Steuerungstechnik sowohl Automatisierungs- als auch Sicherheitsfunktionen bereithält. Lediglich im Bereich der Sensorik liegt der Fokus weiterhin auf den reinen Sicherheitsfunktionen.

Armin Glaser: Unsere Kernkompetenz basiert natürlich auf der Sicherheit - und so honoriert der Markt auch unser Angebot. Eine sichere Automation mit Pilz ist selbstverständlich - und dieses Selbstverständnis möchten wir auch beibehalten. Mit Pilz hat der Kunde aber auch einen Partner an seiner Seite, der durchgängige Automatisierungslösungen anbieten kann.

Wir sprachen schon kurz über Ihre Systeme: das Automatisierungssystem PSS 4000 und das konfigurierbare Steuerungssystem PNOZmulti, von Einzelkomponenten war bislang nicht die Rede. Kann man schlussfolgern, dass das Komponentengeschäft bald auf der Strecke bleibt?

Thomas Pilz: Nein, der Meinung bin ich nicht. Ich glaube, dass das Komponentengeschäft weiter erhalten bleibt. Es gibt hier zwei Philosophien. Auf der einen Seite gibt es Ingenieurabteilungen, die aus den verfügbaren Spezialkomponenten eine maßgeschneiderte Lösung nach der Best-of-Breed-Strategie herstellen. Auf der anderen Seite gibt es Unternehmen, die gerne auf Lösungen aus einer Hand zurückgreifen. Was für uns allerdings immer wichtiger wird, ist die Beratung zur Komplettlösung hin. Denn umso komplexer die Lösung wird, desto wichtiger ist die Zusammenarbeit mit dem Kunden.

Armin Glaser: Die Diskussion entweder „System oder Komponente" gerät oft etwas einseitig. Wir möchten den Anwender immer mit den auf ihn zugeschnittenen Argumenten davon überzeugen, dass wir ihm ein gutes Lösungsangebot bieten. Die Entscheidung, welches dieser Elemente zum Einsatz kommt, liegt letztendlich beim Kunden. Doch möchten wir uns noch ein Stück weiter differenzieren, indem wir immer eine Bandbreite an skalierbaren Funktionen bieten und gleich, ob der Kunde Stand-alone-Geräte, integrierte Funktionsmodule oder eine Komplettfunktion Automatisierung und Sicherheit nutzt, die Funktionalität, die Sicherheit und die Handhabungseigenschaften, die Pilz ihm anbietet, sind immer vergleichbar.

Komplettlösung oder Komponente - woher wissen Sie, was der Kunde will und braucht?

Thomas Pilz: Erst durch die direkte Zusammenarbeit mit dem Kunden stellt sich heraus, ob sich die Lösung komplett mit Komponenten von Pilz realisieren lässt oder aus einem intelligenten Mix mit Produkten auch anderer Hersteller. Denn unser Anspruch ist es, dass der Kunde am Ende zufrieden ist. Deshalb stellen wir dem Kunden immer die Frage: Was wird eigentlich benötigt? Natürlich können wir ihm eine Komplettlösung anbieten. Wir können für ihn aber auch eine Lösung mit Produkten anderer Hersteller realisieren, da wir hier die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen haben - nämlich unsere Netzwerkschnittstellen, die unsere Steuerungen mitbringen. Wir haben hier von Anfang an auf eine Koexistenz-Strategie gebaut, da wir der Meinung sind, es muss auch möglich sein, über die Pilz-Systemgrenze hinaus, eine gute Lösung herzustellen.

Armin Glaser: Die Offenheit beziehungsweise Koexistenzfähigkeit unserer Produkte ist daher wichtig, weil es weltweit verschiedene Feldbusse gibt - in Asien gibt es andere Feldbussysteme als in den USA oder Europa. Das hängt wiederum mit einer starken Marktbedeutung der lokalen Anbieter zusammen, teilweise ist das Steuerungssystem auch vom Endanwender vorgegeben. Und hier müssen unsere Produkte entsprechend integrierbar sein. Insellösungen werden mehr und mehr in den Hintergrund rücken. Anwender möchten für sich die größtmögliche Wahlfreiheit sicherstellen.

Wenn wir von einer Komplettlösung sprechen, welche Bereiche umfasst diese bei Pilz? Und welche Rolle spielt dabei das Thema Dienstleistungen?

Thomas Pilz: Eine Komplettlösung aus dem Haus Pilz deckt sowohl das Thema Sicherheit ab als auch Antriebstechnik, Steuerung und Visualisierung. Der Dienstleistungsmarkt ist ein wachsender Markt, was daran liegt, dass die Normen sehr viel Spielraum lassen. Dieser Spielraum ist allerdings auch notwendig, da sonst die Technologie eingeschränkt würde. Wir können den Kunden und vor allem den Endanwender beraten, wie er seinen Maschinenpark sicher betreibt.

Wenn wir einen Blick auf Ihre Produkte werfen, ist PNOZmulti eines Ihrer „Complete-Automation-Vorzeige-Produkte". Anhand des konfigurierbaren Steuerungssystems zeigt Pilz, wie Sicherheitslösungen standardisiert werden können. Können Sie die Technologie ein wenig näher erläutern?

Armin Glaser: Die Begriffe „Standard" und „standardisierbar" sind mehrdeutig besetzt. Zum einen definiert eine Norm einen herstellerübergreifenden Industriestandard, entweder einen Marktstandard oder eben einen Sicherheitsstandard. Standardisierbar aus Sicht des Anwenders wiederum heißt, eine Lösung von einem Projekt sehr einfach auf ein Folgeprojekt übertragen zu können und so wertvolle Ressourcen einzusparen. Ein Kennzeichen solcher standardisierbarer Lösungen ist es, wenn ein Produkt für die verschiedenen Branchen und Weltmärkte einsetzbar ist. Dies ist uns mit PNOZmulti sehr gut gelungen: Diese Sicherheitslösung ist gleichermaßen einsetzbar - unabhängig vom gewählten oder vorgegebenen Automatisierungssystem. So ist in diesem Fall diese Lösung im Bereich Sicherheit zum „Standard" geworden. Dabei war das ursprüngliche Ziel von PNOZmulti, vier Sicherheitsfunktionen durch eine Software-basierte Verdrahtung zu optimieren. Inzwischen deckt das System deutlich mehr als diese Grund-Sicherheitsfunktionen ab.

Thomas Pilz: Im Grunde handelt es sich um eine Kleinsteuerung, da sie auch Automatisierungsfunktionen abbildet. Wenn man ein günstiges E/A-Modul anschließt, lässt sich eine Steuerungslösung auch kostengünstig realisieren. Günstiger deshalb, weil auf die Redundanz im Aufbau verzichtet werden kann. Bei einer Sicherheitsfunktion hingegen muss das System redundant aufgebaut werden, was folglich auch mehr Komponenten erfordert.

Armin Glaser: Genau aus diesem Grund sind Anwender auf uns zugekommen. Sie wollten eine optimierte Sicherheitslösung und eine weitere Logiksteuerung vereinen. Wir haben diesen Wunsch umgesetzt, was dem Kunden dann die Verdrahtung mehrerer Geräte, die Peripherieanschaltung und Dimensionierung der Versorgung, Absicherung etc. erspart.

Mit der Produktfamilie PNOZmulti können ja sowohl Standard- als auch Sicherheitsfunktionen umgesetzt werden. Sind Sie dem Wettbewerb durch diese Verschmelzung einen Schritt voraus?

Thomas Pilz: Man muss dazu sagen, dass wir mit der Kombination von Sicherheit und Automation nicht die ersten im Markt waren. Wir zeichnen uns aber durch die Art und Weise, wie wir die Verschmelzung der beiden Anteile realisieren, aus. Häufig sind die Baugruppen für Sicherheit und Automation noch immer nicht rückwirkungsfrei ausgeführt, wenn man einen Blick unter das Gehäuse wirft - nicht so bei Pilz. Das wirklich revolutionäre an unserem PSS 4000 Konzept ist, dass wir uns im Engineeringprozess komplett von der Hardware gelöst haben. Das heißt, wir haben ein Software-Konzept erstellt, mit dem wir die Mechatronik in die Anlagenkonzeption einbinden können und so mechatronische Module erhalten, die sich ausschließlich über ihre Funktionen abgrenzen - aber sich zunächst an keinen Vorgaben der verwendeten Geräte oder Automatisierungsarchitekturen orientieren müssen..

Armin Glaser: Die Grunderwartungen an Performance, Qualität, Robustheit und Stabilität sowie an marktfähige Kostenstrukturen sind direkt auf die Hardware-Eigenschaften eines Produktes bezogen. Differenzierungsmerkmale von Lösungen lassen sich aber zunehmend weniger in den Hardwareeigenschaften abbilden, Anwender beschäftigen sich heute sehr viel intensiver mit den „Soft-facts" als Auswahlkriterien. Bewertet wird, welche Folgewirkungen und -aufwendungen die Lösungen bei Errichtung, im Betrieb und auch im Servicefall verursachen könnten.
Und so schließt sich oftmals auch in Kundendiskussionen der Kreis: Einfache Lösungen sind auch sicherere Lösungen. Sichere Lösungen, die von Anfang an Berücksichtigung finden, steigern die Produktivität und reduzieren die Gesamtkosten.

 

Kontakt

Pilz GmbH & Co. KG

Felix Wankel Str. 2
73760 Ostfildern
Deutschland

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