Automatisierung

Neues Energie-Rückspeisesystem: Bremsenergie effektiver nutzen

26.05.2015 -

Bei horizontal arbeitenden Einzelachsen kommen derzeitige Energie-Rückspeisesysteme an ihre Grenzen. Um beispielsweise auch Fahrantriebe im Materialfluss sinnvoll mit einer Rückspeisung versehen zu können, arbeitet ein Automatisierer in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit einer Hochschule nun an einer Neuentwicklung.

Was muss eine Netzrückspeisung für Frequenzumrichter mitbringen, damit ihr Einsatz - zum Beispiel in einem Logistikzentrum - so effektiv wie möglich ist? Mit dieser zentralen Fragestellung im Hintergrund haben Lenze und die Hochschule Ostwestfalen ein gemeinsames Forschungsprojekt gestartet. Die Partner machten sich mit Unterstützung des Bundesforschungsministeriums auf die Suche nach einer Alternative zu den bekannten Verfahren der Rückspeisung, die nur in einem kleinen Anwendungsfenster sinnvoll einsetzbar sind. Lediglich der Zwischenkreisverbund bietet hohen Nutzen für wenig Geld. So interessant der DC-Verbund in Mehrachssystemen (beispielsweise in einem Handlings-Portal) ist, so ungeeignet ist sein Einsatz bei Einzelantrieben. Folglich wird gerade hier die beim Bremsen entstehende generatorische Energie immer noch über Bremswiderstände verheizt, weil die Menge keine teuren Rückspeisesysteme oder rückspeisefähige Frequenzumrichter rechtfertigt.

Anforderungen an eine neue Technik
Der Blick in die Praxis macht das Anforderungsprofil für ein neues System deutlich. Gefragt ist eine skalierbare, modulare Lösung, die die in einer Applikation entstehende generatorische Energie sinnvoll nutzt. Damit der Aufwand im Engineering möglichst gering bleibt, sollen die vom Maschinenbauer verwendeten Frequenzumrichter mit ihren wirkungsgradoptimierten Gleichrichtern idealerweise unverändert bleiben. Bei Notfällen muss ein Bremswiderstand übernehmen können. Damit die neue Technik im Maschinenbau Zustimmung findet, muss die Projektierung generell so einfach wie möglich sein.

Der Forschungsauftrag bestand ebenfalls darin, ein System zu entwickeln, das auch parallel zu einem Zwischenkreisverbund arbeiten kann, damit der direkte Austausch von Energie beim Bremsen und Beschleunigen als effektivste Methode der Nutzung nach wie vor möglich ist. Die Gesamtkapazität des Zwischenkreisverbunds sollte dabei keine Rolle spielen. Zudem sind kurze Amortisationszeiten gefragt. Auch eine Nachrüstbarkeit im Zuge eines Retro-Fit innerhalb der Einhaltung einschlägiger Normen sollte einfach möglich sein. Erste Geräte im Prototypenstadium präsentierte Lenze der Fachwelt auf der Sps Ipc Drives 2014 in Nürnberg. Aktuell laufen Labortests unter realen Einsatzbedingungen und in engem Kontakt mit Maschinenbauern.

Nur das zurückspeisen, was übrig ist
Die Haupteigenschaft der Rückspeiseeinheit besteht darin, dass eine spezielle Rückspeiseschaltung direkt an einen beliebig großen Zwischenkreis angeschlossen werden kann, die generatorische Leistung über einen eigenen Netzstromrichter autark ins Netz einspeist. Die Rückspeisefunktion ist so geregelt, dass nur dann ins Netz zurückgespeist wird, wenn tatsächlich zu viel Energie im Zwischenkreis vorhanden ist. Sonst bleibt das Gerät passiv.

Durch diese Entkopplung von Einspeisung- und Netzrückspeisung kann der ungesteuerte Brückengleichrichter des Frequenzumrichters unverändert bestehen bleiben und die Rückspeiseschaltung sowie das Netzfilter brauchen nur auf die tatsächlich notwendige Rückspeiseleistung ausgelegt werden. Dies hat zudem den Vorteil, dass teuer eingekaufter Strom primär möglichst lange im eigenen Prozess genutzt wird, statt ihn für deutlich weniger Geld zurückzuspeisen.

Kleinere Geräte, die sich schneller amortisieren
Herzstück der neuen Rückspeiseeinheiten sind schnell schaltende Halbleiter aus Siliziumcarbid (SiC). Weil diese Bauteile dank des verwendeten High-Tech-Werkstoffes hohe Schaltfrequenzen ermöglichen, sind die Geräte nur halb so groß und schwer wie aktuelle. Die gute Nachricht für den Maschinenbetreiber: Die Geräte werden sich im Vergleich zu Block-kommutierten Lösungen in der Hälfte der Zeit amortisieren. Ziel ist, je nach Energieverbrauch der Maschine eine Amortisationszeit von unter zwei Jahren zu erreichen. Das neue Rückspeisekonzept hat Lenze so konzipiert, dass die Geräte ohne Parametrierung oder Kommunikationsschnittstelle zum Einsatz kommen können. Die Installation erfolgt am Zwischenkreis des Umrichters oder, falls dieser nicht vorhanden ist, am Brems-Chopper-Anschluss. So kann die neue Technologie auch einfach in bestehende Anlagen nachgerüstet werden und ist dabei durch Parallelschaltung in seiner Leistung skalierbar - aktuell in einem Bereich von 2 bis 48 kW. Der fokussierte untere Leistungsbereich der Antriebe soll zwischen 500 W und 5 kW liegen. Das neue Prinzip eignet sich auf gleiche Weise auch für Anwendungen mit leistungsstärkeren Antrieben.

Fazit
Mit der Entwicklung einer effektiven Rückspeiseschaltung für Frequenzumrichter mit Gleichspannungszwischenkreis haben Lenze und die Hochschule Ostwestfalen einen Weg eröffnet, generatorische Energie optimal zu nutzen. Die Schaltung kann direkt an den Zwischenkreis von Frequenzumrichtern oder die für den Bremswiderstand vorgesehenen Anschlüsse angeschlossen werden und kann auch nachträglich in bestehenden Installationen integriert werden.

Durch die Entkopplung von Vorwärts- und Rückwärtszweig bleibt der bewährte ungesteuerte Brückengleichrichter bestehen und die Rückspeiseschaltung muss nur für die tatsächliche Rückspeiseleistung ausgelegt werden. Durch die Verwendung neuartiger Bauteile erreicht die Rückspeiseeinheit einen hohen Wirkungsgrad und ist kompakt und leicht. Damit empfiehlt sie sich auch für Anwendungen mit vergleichsweise kleinen Rückspeiseleistungen von einigen 100 W bis wenigen kW bei denen sich bisher Energierückspeisung nicht lohnte. Für den Maschinenbau eröffnen sich damit völlig neue Perspektiven, auch in Anwendungen, in denen sich eine Energierückspeisung bis dato nicht lohnte.

 

Kontakt

Lenze SE

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