Neue Konzepte für die Cloud-Anbindung
16.07.2019 -
Bei der Vernetzung von Maschinen und Anlagen sind Bussysteme wie Profinet gesetzt, weil sie für eine reibungslose Kommunikation sorgen. Damit auch die Kommunikation mit der Cloud problemlos läuft, unterstützen jetzt neue Konzepte zur Anbindung der Feldebene.
Höhere Produktivität, verbesserte Qualität oder gar neue Geschäftsmodelle – Cloud Computing gilt als wichtige Voraussetzung, um die Vorteile der Digitalisierung auch in der Industrie zu nutzen. Sei es, um die Produktqualität durch eine Big-Data-Analyse aller relevanten Parameter zu analysieren und zu verbessern. Sei es, um wichtige Kennzahlen zum Einsatz von Maschinen oder Robotern für eine höhere Verfügbarkeit auszuwerten, und das weltweit und für unterschiedliche Hersteller. Und sei es, um als Maschinenbauer neue Vermarktungsmodelle zu ermöglichen, indem die Kunden abhängig von der Nutzungsintensität oder der erreichten Qualität bezahlen.
Doch diese Applikationen können nur funktionieren, wenn sie mit Daten aus der Feldebene gefüttert werden. Der tatsächliche Stromverbrauch, die Temperatur, die Vibration, die Verfahr-Geschwindigkeit und die jeweiligen Kurvenverläufe über die Zeit lassen auf Anlagen-Zustände oder die Prozessqualität schließen. Kombiniert mit weiteren Datenquellen wie das verwendete Material, der Zulieferer oder den Zustand der verwendeten Werkzeuge eröffnen neue Möglichkeiten für die Optimierung der Prozesse. Allerdings macht es kaum Sinn, jeden einzelnen Sensor an die Cloud anzubinden – vielmehr ist die SPS die ideale Instanz, um die Felddaten zu aggregieren. Hinzu kommt, dass die SPS auch prozessrelevante Informationen bereitstellt. So ist ein Vibrations- oder Temperaturwert nur relevant, wenn eine Maschine tatsächlich produziert – so lange sie sich im Standby befindet, liefern die Sensoren zwar Werte, aber keine Aussage über den Produktionsprozess.
Mit den CloudConnect-Produkten bietet Siemens nun die Möglichkeit, diese Informationen optimal an unterschiedliche Cloud-Plattformen wie MindSphere, Microsoft Azure, IBM Cloud oder Amazon-Web-Services (AWS) zu übertragen. Dabei werden drei Anwendungsszenarien unterstützt: Eine integrierte Lösung für Automatisierungsprojekte mit Simatic S7-1500, ein Modul für die Anbindung von Bestandsanlagen (zum Beispiel mit S7-300) sowie ein Industrial-IoT-Gateway wie Ruggedcom RX1400.
Anwendungsszenario 1: Simatic S7-1500
Für das Flaggschiff, die Simatic S7-1500, steht mit dem Kommunikationsprozessor CP 1545-1 ein leistungsfähiges Modul zur Verfügung. Die Projektierung erfolgt integriert im TIA-Portal: Hier werden einfach diejenigen Datenpunkte ausgewählt, deren Werte „nach oben“ sollen. Neben einer zyklischen Übertragung in frei definierbaren Zeitabständen ist es möglich, auch logische Bedingungen zu hinterlegen. Ein Beispiel für die Anwendung: Es soll eine cloudbasierte Überwachung von Pressmaschinen realisiert werden, die die Stromaufnahme als auch die Verfahrgeschwindigkeiten der Zylinder auswertet. Zur Realisierung werden die entsprechenden Werte in der Simatic S7-1500 CPU bereitgestellt und im Engineering für die Übertragung an die Cloud vorgemerkt. Um den „Data Lake“ der Cloud nur mit relevanten Informationen zu speisen, wird im SPS-Programm ein logischer Merker programmiert, der die Übertragung abhängig vom Maschinenstatus steuert.
Anwendungsszenario 2: Simatic CloudConnect 7 für Retrofit-Aufgaben
Damit auch Bestandsanlagen von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren können, wurde das Modul Simatic CloudConnect 7 speziell für Retrofit-Aufgaben entwickelt. Das Modul ruft zyklisch die Daten aus der Steuerung, zum Beispiel einer Simatic S7-300, ab und transportiert sie in die Cloud. Das CloudConnect 7 wird dabei mit dem Frontanschluss der CPU oder aber einem CP verbunden, so dass in der Regel keine Änderungen im Step 7-Programm erforderlich sind. Selbst wenn auf der Hutschiene kein Platz mehr ist, kann das CloudConnect 7 durch diese flexible Verkabelung im Schaltschrank montiert werden. Hervorzuheben ist auch die Anbindung von Profibus-Anlagen – die Unterstützung der MPI-Schnittstelle macht es möglich. Im Engineering wird hier das bestehende Step7-Projekt genutzt, um die bestehende Semantik aus Datentypen und Symbolik zu nutzen – ein erneutes und vor allem fehlerträchtiges Eingeben der absoluten Speicheradressen entfällt. Ebenso wie bei der integrierten Lösung bietet das CloudConnect 7 die Projektierung unterschiedlicher Trigger-Bedingungen zur Steuerung der Cloud-Kommunikation an.
Eine mögliche Applikation für CloudConnect 7 ist die Realisierung von Predictive Quality, das heißt die cloudbasierte Auswertung von Produktionsdaten zur Vorhersage der erwartbaren Erzeugnisqualität – um zum Beispiel kritische Produkte in eine gesonderte Nachprüfung auszuschleusen. Solche Anwendungen machen nur Sinn, wenn sie im gesamten Maschinenpark ausgerollt werden, also insbesondere auch die Bestandsmaschinen einbezieht. Dazu werden die bestehenden Simatic-S7-Steuerungen mit dem CloudConnect 7 ergänzt. Durch Einlesen der Step7-Projekte kann der Applikationsingenieur die relevanten Datenpunkte selektieren. CloudConnect 7 fragt dann zur Laufzeit die entsprechenden Variablen zyklisch ab und überträgt sie zur weiteren Auswertung in die Cloud.
Anwendungsszenario 3: Ruggedcom RX1400 für die Anbindung weiterer IIoT-Geräte
Wird schließlich eine Anbindung weiterer IIoT-Geräte benötigt – zum Beispiel WLAN-fähige Sensoren – ist der Ruggedcom RX1400 die richtige Wahl. RX1400 bietet mehrere Ethernet-Schnittstellen sowie WLAN zur Kommunikation mit der Feldebene und unterstützt auch LTE-Mobilfunk. Statt der CloudConnect-Software kann das Gerät auch selbst programmiert werden, zum Beispiel um eigene Vorverarbeitungen der Daten als Edge-Device zu realisieren. Noch mehr Konnektivität bietet Ruggedcom RX1500, der mit seinem modularen Konzept mit den Anwendungen wächst. Damit können beispielsweise komplexe Kombinationssensoren zur Auswertung von Motorenparametern (Vibration, Temperatur, Stromaufnahme usw.) gesammelt und an die Cloud übertragen werden. Eine App zum intelligenten Wartungs-Management kann aus diesen Informationen und dem erwarteten, künftigen Nutzungsprofil (Großauftrag? Wartung in anderen Anlageteilen?) eine etwaige Überholung planen
MQTT als Cloud-Protokoll
Allen Produkten gemein ist die Nutzung etablierter Standards. Als Cloud-Protokoll kommt das offene MQTT-Protokoll (Message Queuing Telemetry Transport) zum Einsatz, das von zahlreichen Cloud-Anbietern unterstützt wird. Durch vordefinierbare Profile werden alle nötigen Parameter für MindSphere, das IoT-Betriebssystem von Siemens, sowie weitere gängige Cloud-Plattformen mit einem Mausklick festgelegt. Alternativ können alle Kommunikationsparameter auch manuell belegt werden, um weitere Plattformen zu unterstützten. Auf der Feldebene kann der CP 1545-1 direkt in den Datenhaushalt der Simatic S7-CPU zugreifen. Das CloudConnect7 nutzt S7-Kommunikation und Modbus, um Daten aus Feldgeräten zyklisch abzufragen. Und bei den Ruggedcom RX1400/RX1500 können zudem beliebige eigene Protokolle realisiert werden, inklusive einer applikationsspezifischen Verarbeitungslogik. Künftig werden die Geräte auch OPC UA unterstützen, so dass vor allem Simatic CloudConnect 7 auch als Gateway für Bestandsanlagen dienen kann.
Ob als fester Bestandteil von modernen TIA-Installationen, als einfache Möglichkeit für Bestandsanlagen oder als robuster Alleskönner für unterschiedliche IIoT-Implementierungen – mit seinen Cloud Connectivity-Produkten bietet Siemens immer die richtige Antwort, wenn es um die Anbindung der Feldebene an die Cloud geht.