Automatisierung

Magnetostriktiver Wegaufnehmer analysiert Wurfbewegung von Leistungssportlern

05.09.2013 -

Moderne Sensortechnik findet auch in der Sportwissenschaft Anwendung. So liefert beispielsweise ein berührungsfrei arbeitender magnetostriktiver Wegaufnehmer mit freiem Positionsgeber, wie er üblicherweise in der Industrie eingesetzt wird, Daten über die Wurftechniken von Leistungssportlern.

Verschleiß- und wartungsfreie magnetostriktive Wegaufnehmer wie der MK4-Onda von Gefran werden meist im industriellen Umfeld eingesetzt. Hier stellen sie in Spritzgieß- und Blasformmaschinen der Kunststoffindustrie oder in Blechbiegemaschinen für die Metallbearbeitung eine Alternative zu den bisher eingesetzten potentiometrischen Wegaufnehmern dar. Anwendungsfelder gibt es aber auch in der Sportwissenschaft. Aktuelles Beispiel ist der Wurfsimulator - ein Trainings- und Testgerät speziell für Speerwerfer und Handballer - am Institut für Sportwissenschaften der Universität Tübingen.
Entwickelt wurde das Gerät von Veit Wank und seinem Team des Arbeitsbereichs für Bewegungswissenschaft, Biomechanik und Trainingswissenschaft des Instituts für Sportwissenschaft der Universität Tübingen. Wank und seine Mitarbeiter befassen sich vor allem mit der Analyse und Optimierung von sportlichen Bewegungsabläufen. Im Vordergrund steht dabei die Diagnose von Kraftfähigkeiten in Individualsportarten. Der Wurfsimulator entstand im Zuge aktueller Forschungen auf dem Gebiet der biomechanischen Modellierung sportlicher Bewegungen. Er dient Leistungssportlern und Profis in erster Linie dazu, ihre Wurfkraftfähigkeiten zu erfassen. Die Analyse und Optimierung der Wurftechnik ist ein praktischer Nebeneffekt.
Das Trainings- und Testgerät besteht im Wesentlichen aus einer geneigten Ebene mit einem linear geführten Lastschlitten, an dem wahlweise ein Speergriff oder ein Wurfball montiert werden kann. Der Sportler hat die Aufgabe, den Schlitten entweder aus dem Stand oder mit einer Auftaktbewegung die geneigte Ebene hoch zu „werfen" und ihn dabei maximal zu beschleunigen. Die Strecke, die ihm dafür zur Verfügung steht, ist 4,5 Meter lang. Am Ende seiner Bahn wird der Schlitten von einem Industriestoßdämpfer abgebremst und fährt wieder in seine Startposition zurück. Der Winkel der Zugebene ist zwischen 0° und 35° frei wählbar und die Last des Schlittens kann von 2,5 bis 40 Kilogramm variiert werden. Auf diese Weise lassen sich verschiedene Bewegungskonstellationen von geraden flachen Handball- beziehungsweise Baseballwürfen bis zu Würfen mit Winkeln, wie sie beim Speerwurf angestrebt werden, mit unterschiedlichen Widerständen trainieren und analysieren.

Sensorik hilft, die Leistung des Athleten zu bewerten
Die Analyse der Wurfbewegung erfolgt auf Basis einer Positionsmessung mit einem drei Meter langen magnetostriktiven Sensor vom Typ MK4 der Firma Gefran. Der Sensor codiert die Position des Schlittens im Verlaufe der Wurfbewegung durch ein analoges Spannungssignal, das über einen AD-Wandler von einem PC registriert und ausgewertet wird. Das analoge Messsignal wird mit 1.000 Hz abgetastet. Die Forscher leiten den Zeitverlauf der Geschwindigkeit und die Beschleunigung aus dem gemessenen Weg-Zeit-Verlauf des Wurfschlittens ab. Die wichtigsten Auswerteparameter sind dabei die Maximalgeschwindigkeit des Schlittens, die Abwurfposition, die Beschleunigungsweglänge sowie der Zeitpunkt und die Höhe des finalen Beschleunigungsanstiegs. „Unser Ziel ist es, festzustellen, was der Athlet kann, wie erfolgreich die bisher eingesetzten Trainingsmethoden sind, ob das aktuelle Training in die richtige Richtung geht oder ob an den Übungseinheiten etwas geändert werden muss", erklärt Wank. Zum Vermessen der Wurftechnik werden pro Athlet drei Versuche durchgeführt.
Die Messergebnisse zeigen, ob der Athlet die Technik beherrscht oder nicht und in welchem Trainingszustand er sich befindet. Es lassen sich unter anderem Wurfverzögerungen, der Beginn der Hauptbeschleunigungsphase sowie die maximale Speer- beziehungsweise Ballgeschwindigkeit ablesen. „Dabei repräsentiert die Messung genau das, was der Athlet macht - zweifelsfrei ohne Interpretationsspielraum", so Wank.

Präzise Erfassung der Schlittenposition
Für die Messung der Schlittenposition wählten Wank und sein Team den magnetostriktiven absoluten Wegaufnehmer MK4 mit freiem Positionsgeber von Gefran. „Wir setzen diesen Sensor auch in anderen Analyse-Tools ein und haben bisher nur gute Erfahrungen damit gemacht", erklärt Wank. Im Vorfeld galt es lediglich zu klären, ob der Sensor die geforderte Maximalgeschwindigkeit von etwa 15 m/s leisten kann und ob er auch bei einer Länge von drei Metern die erforderliche Positioniergenauigkeit von einem Millimeter erreicht. In beiden Fällen erfüllte der MK4 die Anforderungen. Mit einem Linearitätsfehler von unter ±0,01% und einer Wiederholgenauigkeit von einem hundertstel Millimeter garantiert er eine präzise und zuverlässige Erfassung der Schlittenposition. Dazu nutzen Sensoren wie der MK4 das magneto-mechanische Phänomen der Magnetostriktion.
Hierzu wird in ein ferromagnetisches Messelement - den Wellenleiter - ein Stromimpuls geschickt, der ein Magnetfeld erzeugt, das beim Zusammentreffen mit dem magnetischen Längsfeld des Positionsmagneten einen Torsionsimpuls bewirkt. Dieser läuft als Körperschallwelle mit konstanter Ultraschallgeschwindigkeit zu den beiden Enden des Wellenleiters und wird dort in einen elektrischen Impuls umgewandelt. Aus der Laufzeit der Körperschallwelle lässt sich exakt die Position bestimmen, die in marktüblichen Signalen ausgegeben wird.

Analoge Ausgänge für eine einfache Datenauswertung
Im Fall des Tübinger Wurfsimulators ist der MK4 in die Führungsschiene des Schlittens integriert. Eine spezielle Modifizierung war dazu nicht erforderlich. Es gab nur eine Vorgabe für die Sensor-Laufschiene: Sie musste mindestens so lang wie die größten zu erwartenden Beschleunigungswege sein. Das sind bei Abwürfen mit einem Auftaktschritt bei großen Sportlern etwa 2,80 Meter. Da Gefran den MK4 standardmäßig in Längen von 500 bis 4.000 Millimetern anbietet, war das kein Problem.
Am Schlitten ist ein Magnet befestigt, über den der Sensor die Position des Schlittens ermittelt. Dazu sendet der magnetostriktive Wegaufnehmer 500 bis 1.000 Informationen pro Sekunde über den aktuellen Standort des Magneten an die Steuerung. Da der Wegaufnehmer über eine breite Auswahl an Analogausgängen (in Spannung oder Strom) für die direkte Messung von Weg und Geschwindigkeit oder die inverse Messung (nur Weg) verfügt, stehen die von ihm gelieferten Signale unmittelbar zur Auswertung zur Verfügung. Das Team der Uni Tübingen entschied sich für einen MK4 mit analogen Ausgängen, da Umsetzung und Auswertung dieser Variante einfach sind. Gefran bietet den magnetostriktiven Wegaufnehmer auch mit direkten digitalen Ausgängen an. Damit kann der Positionswert wahlweise über eine SSI oder CANopen Schnittstelle direkt und ohne Verzögerung in die Steuerung eingelesen werden.

Alternativen?
„Wir hätten die Messung auch mit Hochgeschwindigkeitskameras durchführen können. Doch der Aufwand wäre unvergleichlich viel größer. Schließlich erfordert dies die Befestigung von Markerpunkten an verschiedenen Körperpositionen und die anschließende Digitalisierung der Markerkoordinaten", so Wank. Auch die Reibungswiderstandsmessung oder der Einsatz eines translatorischen Inkrementalgebers wären Alternativen zur magnetostriktiven Messmethode gewesen. Die Reibwiderstandsmessung ist jedoch im Vergleich zur magnetostriktiven Messung bei der geforderten Sensorlänge kostenintensiver und gleichzeitig mit Verschleiß und elektrostatischer Aufladung verbunden. Einem translatorischen Inkrementalgeber fehlt die feste Anfangsposition, was die Messung sehr aufwendig macht.
Wank und sein Team kennen den Gefran-Sensor MK4 bereits seit 10 Jahren und setzen ihn bereits in anderen Testverfahren ein. Da der Sensor zudem als Standardprodukt ohne applikationsspezifische Anpassungen kostengünstig ist, gab es keine wirkliche Alternative. Zudem ist er verschleißfrei und langlebig, da sich zwischen dem Positionsgeber und der Führungsschiene ein drei Millimeter breiter Luftspalt befindet und der Wegaufnehmer berührungslos arbeitet.
Die Vibrationen des Systems, die entstehen, wenn der zwei bis drei Kilogramm schwere Schlitten, der mit bis zu 40 Kilogramm Zusatzlast beladen werden kann, am Dämpfer an der Endposition der Führungsschiene anschlägt, verträgt der Sensor gut. Hier wird die Zeit zeigen, ob sich diese untypische Dauerbelastung nachteilig auf die Sensorleistung auswirkt, denn bisher gibt es keinerlei Erfahrungswerte, wie sich der Sensor bei solchen Impacts verhält. Wank geht allerdings nicht davon aus, da der MK4 weder mechanisch anfällig noch empfindlich gegenüber Erschütterungen und Vibrationen ist.

Kontakt

Gefran Deutschland GmbH

Philipp-Reis-Str. 9 a
63500 Seligenstadt
Deutschland

+49 6182 8090
+49 6182 809 222

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