Kugelrollen stabilisieren Wettkampfroboter beim Anfahren und Bremsen
21.06.2011 -
Kugelrollen sind Bauelemente mit sehr geringem Reibungswiderstand, die für den einfachen Transport schwerster Stückgüter in alle Richtungen zum Einsatz kommen. Nun sorgen sie auch für die Bewegungsfreiheit eines Wettkampfroboters. Der soll Ende Mai auf der Eurobot Deutschland gegen seine Konkurrenten antreten und in 90 Sekunden „Schachfiguren" stapeln.
Eurobot ist eine internationale Meisterschaft, bei der selbstkonstruierte, autonome Roboter im Zweikampf gegeneinander antreten. Sie müssen dabei eine jährlich wechselnde Aufgabe erfüllen. Auf diese Weise werden neue Teams nicht benachteiligt, und Erfahrenen bietet sich stets eine neue Herausforderung. Die Teilnehmer der Meisterschaft kommen vor allem aus Europa, der Wettbewerb ist jedoch für Teams aus aller Welt offen. Auch an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig haben Studierende ein Entwicklungsteam für Wettbewerbsrobotik gegründet: die LeoBots. Ihre Motivation ist es dabei, das theoretische erworbene Wissen in einem spielerischen, aber anspruchsvollen Rahmen praktisch anzuwenden.
Roboter stapeln Schachfiguren
Lediglich einige Spielregeln bleiben beim Eurobot unverändert. So dürfen die Roboter eine vorher festgelegte Größe nicht überschreiten, das Spielfeld ist in der Regel nicht größer als 3 x 2,1 m, und ein „Spiel" dauert jeweils 90 Sekunden. Die Länder, aus denen mehr als drei Teams teilnehmen wollen, müssen vorab einen nationalen Vorentscheid organisieren - so auch Deutschland. Daher arbeiten die LeoBots zurzeit unter Hochdruck an ihrem Projekt für den Eurobot Deutschland, der Ende Mai stattfindet. „Chess'Up!" lautet das Motto dieses Jahres, das Spielfeld ist wie ein Schachbrett gestaltet. Darauf müssen die Roboter innerhalb der 90 Sekunden zunächst Spielelemente aus einer neutralen Zone holen und damit einen Turm aus zwei Bauern und einer Dame oder einem König stapeln. Dieser Turm ist vom Roboter zum Ende des Spiels auf einem eigenen Feld - rot oder blau - zu positionieren.
Kugelrollen für mehr Stabilität
Sieben Monate haben die Studenten Zeit, den autonomen Roboter zu planen, zu bauen und alle Systeme zu implementieren. Sie entwickeln u.a. Antriebskonzepte, bei Bedarf eine Hinderniserkennung, Strategien für die Bahnplanung und mechanische Konstruktionen. Dazu gehört auch eine den Roboter tragende Bodenplatte als Fahrgestell, bei dem Präzisionskugelrollen des Eschweiler Antriebsspezialisten Rodriguez zum Einsatz kommen. Es werden zwei autark voneinander gesteuerte Antriebsräder verbaut, damit der Roboter auch Kurven bzw. Drehbewegungen auf der Stelle durchführen kann. Vier Kugelrollen sind in rechteckiger Anordnung in die Ecken der Gestell-Konstruktion eingelassen und dienen als mitlaufende Räder, um den Roboter zu stützen und ihm sowohl im Stand als auch während der Fahrt Stabilität zu verleihen. Dabei handelt es sich um Miniaturkugelrollen mit einem Durchmesser von gerade mal 6,4 mm. Sie unterstützen bestmögliche Bewegungsfreiheit für einen schnellen und flexiblen Richtungswechsel ohne Verzögerungen auf der lackierten Holzplatte, die den Untergrund - das Spielfeld - bildet. Die Kugelrollen bestehen aus Nylon, um unnötig hohe Geräuschemissionen zu vermeiden werden. Zudem sind sie besonders leicht und abriebfest.
Roboter-Positionierung
Die Positionierung des Roboters auf dem Spielfeld muss sehr genau erfolgen; jeder Fehler würde sich mit weiteren Bewegungen fortsetzen. Daher dürfen mitlaufende Rollen keinerlei Kraftwirkung auf den Bewegungsvorgang haben und zudem im Stillstand keine unerwünschten Kräfte bzw. Momente wie etwa bei Omniwheels oder Lenkrollen erzeugen. Dies lässt sich durch den Einsatz von Kugelrollen gewährleisten, denn sie zeichnen sich durch eine geringe Auflagefläche zum Boden (Punktauflage) und die geringe Reibung im Inneren der Kugelrolle aus. Bei der Konstruktion der LeoBots wird die Last des Roboters von ca. 12-15 kg auf sechs Auflagepunkte verteilt. Dabei liegt die Hauptlast auf den beiden Antriebsrädern; die vier Kugelrollen werden hauptsächlich durch dynamische Kräfte belastet. Diese entstehen beim Anfahren bzw. beim Bremsen des Roboters und sind abhängig von Geometrie, Beschleunigung und Bremsmoment.
Alternative Lösungen wären nur mit hohem Aufwand zu integrieren. Sie würden viel Platz in Anspruch nehmen und damit einfach zu kostspielig ausfallen, so dass einerseits die vorgegebene Baugröße und andererseits das Budget zur Realisierung des Systems gesprengt werden könnten. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Wettbewerben steht den Eurobot-Teilnehmern nur ein begrenztes Budget zur Verfügung. So steht auch die Wirtschaftlichkeit der Konstruktion im Fokus.
Neue Transportwege entdecken
Aus diesen Gründen haben sich Kugelrollen auch in den unterschiedlichsten industriellen Anwendungsbereichen bewährt. Flexibel und zuverlässig stellen sie sich den Anforderungen an dynamische Förder- und Transportsysteme, selbst bei schweren Stückgütern, z. B. im Containerumschlag. Ob für durchschnittliche Transport- und Zuführapplikationen, Betriebsbedingungen mit besonderen Stoßbelastungen oder den Einsatz im Außenbereich mit unterschiedlichen Witterungsverhältnissen - Rodriguez bietet ein differenziertes Spektrum an Kugelrollen. Dazu gehören u. a. Universal-, Flansch-, Mini-, Schwerlast- oder Hightech-Ausführungen sowie kundenspezifische Systemlösungen.
Um Ecken herum
Ähnlich wie bei dem Wettkampfroboter liegt der wesentliche Vorteil von Kugelrollen gegenüber beispielsweise Transferrollen darin, dass Lastgut richtungsunabhängig - also auch problemlos um Ecken herum - und mit schnellem Richtungswechsel verschoben werden kann. Fast alle Ausführungen sind standardmäßig durch eine Filzdichtung vor Verschmutzung und somit vor einer Beeinträchtigung der Laufeigenschaften geschützt; verschiedene Typen verfügen zudem über Schmutzausgangslöcher. In den Hightech-Kugelrollen ist eine doppelte Dichtung integriert: Die obere hält große Partikel zurück; die innere Lippendichtung entfernt Flüssigkeiten und Verunreinigungen wie Feinstaub von der Lastkugel und stößt diese nach außen ab. Für eine gleichmäßige Lastverteilung bei unebenen Bodenflächen sind gefederte Produkte erhältlich. Sie ermöglichen einen Höhenausgleich und können durch Schocklasten auftretende Beschädigungen verhindern. Seit kurzem gehören auch Float On-Glasschwenkrollen für den Transport von Flachmaterialien zum Portfolio von Rodriguez. Sie wurden für die Handhabung von Glaselementen konzipiert, ermöglichen aber ebenso den sicheren bequemen Transport von Gütern aus Granit, Holz, Kunststoff, Papier oder Karton. Verfügbar sind Glasschwenkrollen in Rechts- und Links-Ausrichtung in derzeit zwei Baugrößen, jeweils aus Gummi für durchschnittliche Betriebsbedingungen oder aus Polyurethan bei höheren Anforderungen an Verschleißfestigkeit.(sn)