Konfigurierbares Steuerungssystem mit Motion Monitoring für sichere Antriebe in Zigarettenproduktionslinien
27.11.2014 -
Wenn von vollautomatischen Anlagen hoher Durchsatz und kurze Zykluszeiten erwartet werden, muss auch das Sicherheitssystem hohen Standards entsprechen. Ein Hersteller von Produktionsanlagen für Tabakwaren setzt daher beim Schutz von Mensch und Maschine auf ein konfigurierbares Steuerungssystem mit Motion Monitoring.
Hauni Maschinenbau, Anbieter von Anlagen zur Tabakverarbeitung sowie Filter- und Zigarettenherstellung, und Pilz, Komplettanbieter für die sichere Automation, verbindet seit vielen Jahren eine konstruktive Partnerschaft. Im Mittelpunkt der Zusammenarbeit stehen heute integrierte und softwarebasierte Automatisierungssysteme. „Mit dem technischen Fortschritt sind die Anforderungen an unsere Anlagen enorm gestiegen. Auf diesem Wege haben wir gemeinsam mit Pilz immer wieder neue Automatisierungslösungen entwickelt oder bestehende optimiert, die sämtlich im industriellen Alltag bestehen können", so Carsten Schmidt, Konstrukteur im Innovationscenter für Automatisierungstechnik bei Hauni.
Die generelle Entwicklung war vorgezeichnet: weg von verdrahtungs- und zeitaufwändigen Einzelschaltgeräten hin zu konfigurierbaren busgeführten Automatisierungs- und Steuerungssystemen. Als eines der ersten Unternehmen setzte Hauni um die Jahrtausendwende das konfigurierbare Steuerungssystem Pnozmulti in seinen Zigarettenproduktionslinien ein, kurz darauf ergänzt um einen Drehzahlwächter. Im Jahr 2012 stand bei Hauni die Entwicklung einer neuen Filterproduktionsanlage an. In regelmäßigen Projektbesprechungen bei Hauni wurden neue Anforderungen definiert, die Pilz bei der Entwicklung des neuen Systems berücksichtigte: Pnozmulti 2, das als Neuentwicklung gerade spruchreif geworden war, hatte als konfigurierbares Steuerungssystem das Potenzial für vielfältige Einsatzzwecke.
Mit 45 Millimetern Baubreite ist das konfigurierbare Steuerungssystem schlanker als sein Vorgänger. Zusätzlich konnte durch die kompakteren Erweiterungsmodule der Platzbedarf im Schaltschrank bei gleichzeitig höherem Leistungsumfang um bis zu 2/3 reduziert werden. Das neue Pnozmulti 2 ermöglicht eine offene und transparente Kommunikation, durchgängige Diagnose und verbraucht bis zu 80 Prozent weniger Energie als vergleichbare Produkte.
Ebenfalls bei Hauni zum Einsatz kamen die neuen Motion-Monitoring-Module des Pnozmulti 2. Dort überwacht jeweils ein konfigurierbares Steuerungssystem in Verbindung mit den neuen Motion-Monitoring-Modulen die drei Achsen der Applikation, die beim Abschalten einen Nachlauf aufweisen, auf Stillstand und Überdrehzahl. „Vor einem erforderlichen Eingriff und dem Öffnen der Schutztür muss zweifelsfrei geklärt sein, dass die Achse wirklich still steht. In der Produktionsphase sorgt ein definierter Maximalgeschwindigkeitswert dafür, dass der Antrieb nicht durchdreht und bei Nennwertüberschreitung sofort abschaltet", erläutert Carsten Schmidt. Dabei wird die Bewegung nicht über ein Gebersystem, sondern pro Achse über zwei installierte Initiatoren ermittelt. Somit ist ein größtmöglicher Schutz für den Maschinenbediener gewährleistet. Aber auch die Maschine selbst ist vor Schäden, die als Folge einer unkontrollierten Beschleunigung auftreten könnten, geschützt. Über den sicheren Betriebshalt und die sichere Geschwindigkeit hinaus lassen sich Intervallgrenzen definieren, innerhalb derer sich eine Achse bewegen darf, ohne dass es zu einer Abschaltung kommt. Eine weitere Funktion ist bei Bedarf die Überwachung der sicheren Bewegungsrichtung, die Rechts- von Linkslauf unterscheidet.
Bei der Filterproduktionsanlage überwacht Pnozmulti 2 zudem auch die installierten Not-Halt-Taster sowie die an Hauben und Türen angebrachten magnetischen Sicherheitsschalter Psenmag, ebenfalls von Pilz. Die Sicherheitsschalter dienen sowohl der Stellungsüberwachung von trennenden Schutzeinrichtungen nach EN 60947-5-3 als auch der Positionsüberwachung und gehen so auch mit der neuen Schutztürnorm ISO 14119 konform.
Einfach konfigurieren anstatt programmieren
Beim neuen Pnozmulti 2 gilt: einfach konfigurieren anstatt kompliziert programmieren. Denn die intuitive Bedienung mit dem Pnozmulti-Configurator ermöglicht es dem Anwender, seine Sicherheitsfunktionen übersichtlich und fehlerfrei zu erstellen. „Die Entscheidung für das neue Pnozmulti 2 war sehr eng damit verknüpft, dass wir auch weiterhin mit dem leicht bedienbaren und um zahlreiche neue Funktionen erweiterten Software-Tool Pnozmulti-Configurator arbeiten können. Mit diesem Werkzeug sind die gewünschten Funktionen schnell und einfach erstellt", betont Carsten Schmidt. Musste man vor noch nicht allzu langer Zeit Grenzwerte aufwändig am Modul mittels Schraubendreher einstellen, gelingt das heute komfortabel und manipulationssicher über das Software-Tool. Zudem kommen bei der neuen Maschinenserie auch dezentrale PDP67-Module von Pilz zum Einsatz, mit denen sich die sichere Sensorik direkt vor Ort einbinden lässt. Pnozmulti 2 kommuniziert mit sämtlichen gängigen Kommunikationssystemen wie zum Beispiel Profibus, Powerlink, Ethercat, Profinet oder auch CANopen.
Getrennt oder konvergent: Beides ist möglich
Obwohl das konfigurierbare Steuerungssystem gerade bei kleinen und mittleren Anlagen neben Sicherheits- auch Automatisierungsaufgaben übernehmen kann, wollte man bei Hauni die Trennung von Sicherheit und Maschinen-/Antriebssteuerung beibehalten. Vorteil: Alle sicherheitsrelevanten Informationen sind in einem System zusammengeführt, die Zuständigkeiten sind somit klar geregelt. Zwischen beiden Systemen existiert nur eine Schnittstelle. Über die erweiterte Diagnosefunktion des Feldbusmoduls gelangen Status- und Fehlermeldungen an die Maschinensteuerung, sodass im Fehlerfall schnell gehandelt werden kann. Die Motion-Module selbst sind mit der industrietauglichen Schnittstelle Mini-I/O ausgestattet, die auch bei robusteren Umgebungsbedingungen für eine stabile Datenübertragung sorgen.