Automatisierung

Kabeltests im "Turm": Interview mit Jennifer Lehmann, Produktmanagerin bei Lapp

21.10.2013 -

Ein alter Aufzugschacht, von den Mitarbeitern „der Turm" genannt, dient Lapp als Testgelände für seine Hoch­leistungskabel. Dort wird schon seit Längerem das neue Etherline-Kabel getestet. Wie es im internen Test ­abschneidet und was es kann, darüber sprach messtec drives Automation mit Jennifer Lehmann, Product Manager Automation & Network.

Frau Lehmann, auf der diesjährigen Hannover Messe haben Sie die neue Etherline vorgestellt. Was zeichnet das neue Kabel aus? Für was ist es geeignet?

J. Lehmann: Unsere neuen Etherline-Kabel sind hochflexible Ethernet-Leitungen, die wir in zwei Varianten führen: Eine Variante für Schleppkettenanwendungen und als torsionsbeständige Leitung. Sie erlauben eine Datenübertragung mit bis zu 10 Gbit/s. Die neue Etherline Cat. 6A ist damit zum Beispiel für den Einsatz in Windenergieanlagen oder Roboteranwendungen sowie für eine Vielzahl bewegter Anwendungen geeignet. Entwickelt wurde sie, um die immer größer werdenden Datenmengen, die in der Produktion anfallen, in kurzer Zeit übertragen zu können.

Aus welchen Materialien besteht denn das Kabel?

J. Lehmann: Der Kabelmantel besteht wahlweise aus PVC oder PUR. Die PUR-Variante ist besonders für raue Umgebungsbedingungen geeignet. Der Außenmantel ist weitgehend beständig gegen mineralische Öle und Abrieb. Als Abschirmung gegen EMV-Einflüsse wird ein Kupfergeflecht verwendet, welches zusätzlich durch ein aluminisiertes Vlies verstärkt wird. Der Kupfergeflechtswinkel variiert je nach Anwendungsgebiet, die vier Adernpaare mit einem Einzelpaarschirm aus kunststoffkaschierter Aluminium-Folie sind aber gleich angeordnet. In der Mitte liegt eine Kreuz aus Polyethylen zur Abschirmung der einzelnen Aderpaare untereinander.

In welchen Steckervarianten wird das Kabel angeboten?

J. Lehmann: Wir bieten es für M12- und RJ45-Stecker an, wobei die RJ45-Variante im Moment stärker nachgefragt wird. Die Kunden kennen das Steckgesicht aus der Office-Welt, er wird auch immer mit Ethernet-Übertragung in Verbindung gebracht. Der M12-Stecker wiederum kommt eigentlich aus dem Maschinenbau und bietet die bessere Schutzklasse: Mit dieser Steckervariante können wir IP68 anbieten, mit RJ45 nur IP20. Zudem hat RJ45 das größere Steckgesicht. Die M12-Variante hat zudem den Vorteil, dass sie werkzeuglos montiert werden kann.

Welches Stecksystem empfehlen Sie denn Ihren Kunden?

J. Lehmann: Es kommt ganz auf die Anwendung beim Kunden an. Rund um den Schaltschrank empfehlen wir RJ45, für eine Anbindung ans Feld M12. Dieses Stecksystem ist etwas sicherer und stabiler in Außenbereichen, der Stecker hat beispielsweise eine Rüttelsicherung. Bei der Geschwindigkeit spielt es keine Rolle, beide eignen sich für hohe Übertragungsraten.

Wie testen Sie Ihre Kabel?

J. Lehmann: Unsere Kabel, auch das Etherline Cat. 6A, werden hier bei Lapp einem harten und intensiven Test im „Turm" unterzogen. Das ist ein stillgelegter, 12 Meter hoher Fahrstuhlschacht, in dem wir die Kabel einspannen, tordieren und lange überwachen können. Weiterhin testen wir die Leitung auf Torsionsbeanspruchung mit einem Winkel von 180°/m in unserem Testzentrum. Die Leitung wird so lange dem Test unterzogen, bis es mechanisch und elektrisch „tot" ist. Insgesamt wird es drei bis sechs Monate getestet und ständig optisch und messtechnisch überwacht. Zusätzlich testen wir die Leitung noch mit einem Roboter. Der Roboter dreht das Kabel dabei kontinuierlich. Uns reichen dabei nicht die elektrischen Parameter, wir wollen genau sehen, ab wann die Verbindung schlechter wird. Wir wollen zum Beispiel sehen, wann keine HD-Videoübertragung mehr möglich ist, und wann das Signal schließlich ganz abreißt.

Was wird an dem Kabel verbessert?

J. Lehmann: Wir arbeiten gerade daran, dass es von den Underwriters Laboratories zertifiziert wird, damit das Kabel auch in amerikanischen Anlagen verbaut werden kann. Alle Produkte sind bereits RoHS-konform, die UL-Zertifizierung fehlt uns allerdings noch. Zudem wollen wir noch das Polyethylen-Kreuz in der Mitte des Kabels, das die Stränge voneinander trennt, soweit verbessern, dass es schwerer entzündlich ist. Wir denken auch daran, es vielleicht durch ein anderes Material zu ersetzen. Wir haben auch schon halogenfreie Materialien in der Testphase, die schwer entflammbar sind.

Warum haben Sie eine grüne Farbe für das Kabel gewählt?

J. Lehmann: Mit grün orientiert sich das Etherline-Kabel an der Profinet-Farbe. Profinet sehen wir als eines der wichtigsten Feldbus-Systeme an, viele unserer Kunden verwenden es. Aber natürlich kann das Kabel auch für Ethernet/IP oder andere Systeme verwendet werden. Die maximale und von uns garantierte Länge beträgt dabei 100 Meter.

Was sagen Sie zum Thema W-Lan: Kann es auf lange Sicht gerade der Etherline-Kabel-Reihe gefährlich werden?

J. Lehmann: Im Moment sehe ich das nicht. In der Fabrik kommt es auf Übertragungssicherheit an, speziell bei hohen Übertragungsgeschwindigkeiten, und gerade in diesen Bereichen ist das Kabel im Moment noch unschlagbar. Zudem sehe ich die Zukunft nicht nur in drahtlosen Übertragungstechniken, sondern eher im Lichtwellenkabel. Wir werden in Zukunft auch in der Fabrik höhere Datenübertragungsraten benötigen, für die Lichtwellenleiter ausgelegt sind. Lichtwellenkabel hat Lapp übrigens auch im Angebot, wir sehen uns deshalb auch für die Zukunft gut gerüstet.

Kontakt

U.I. Lapp GmbH

Schulze-Delitzsch-Str. 25
70565 Stuttgart

+49 71178 38 01

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