Automatisierung

Kabel für Windenergieanlagen

17.08.2017 -

Die Windrichtungsnachführung sorgt dafür, dass sich die Anlage optimal zum Wind dreht – ein Prinzip, das sich Ingenieure von der Sonnenblume und dem Sonnenlicht abgeschaut haben. Diese Maßnahme ist sinnvoll für die Auslastung der Anlage, stellt aber für die Verkabelung eine große Herausforderung dar. Hinzu kommen extreme Temperaturen und Abrieb. Was also muss ein Windenergie-Kabel aushalten?

Tagtäglich werden auf der gesamten Welt neue Windkraftanlagen errichtet – unter anderem von dem Unternehmen W2E Wind to Energy aus Rostock. Einer der erfahrenen Ingenieure dort ist Torsten Schütt, Head of Electrical Engineering. Er erklärt: „Die von uns geplanten Windkraftanlagen bewegen sich mittlerweile im Bereich von vier Megawatt. Da kommen mehrere tausend Ampere Stromstärke zusammen. Dafür benötigen wir die entsprechende Verkabelung – für den Stromtransport, aber auch für viele weitere Anwendungen.“ Dazu gehören etwa Steuer-, Daten- oder Kommunikationsleitungen. In den meisten Fällen arbeitet W2E mit Helukabel als Zulieferer zusammen. Alle Leitungen haben dabei eines gemeinsam, wie Uwe Schenk, Global Segment Manager Wind von Helukabel, anmerkt: „In Windkraftanlagen werden Leitungen richtig gefordert“, sagt er. „Unsere Produkte müssen daher eine große Bandbreite von Anforderungen wie Torsionsfestigkeit oder Umweltbeständigkeit erfüllen. Wir stellen durch aufwändige Testverfahren sicher, dass Sie denen gewachsen sind.“ Besonderen Wert legt Helukabel hierbei auf Langlebigkeit. „Windkraftanlagen sind auf eine Laufzeit von mindestens 20 Jahren und mehr ausgelegt“, sagt Torsten Schütt. „In dieser Zeit darf es leitungsseitig zu keinen Ausfällen kommen.“

Maßstabsgetreuer Turm zu Testzwecken

Besonders im Fokus der Kabelexperten steht dabei der sogenannte Kabel-Loop. Dieser stellt sicher, dass sich die Gondel samt Rotorblätter in die von der Windrichtung abhängige, optimale Stellung drehen kann. Durch diesen Vorgang wirken starke Kräfte auf die Leitungen. „Natürlich versuchen wir durch die Konstruktion, die Torsion möglichst gering zu halten“, sagt Schütt. „Es lässt sich allerdings nicht ausschließen, dass sich Leitungen bis zu vier Mal um die eigene Achse verdrehen. Uwe Schenk von Helukabel ergänzt: „Bei ungeeigneten Kabeln wären Schlaufenbildung, Aderbrüche und Materialabrieb die Folge. Das würde zu Anlagenstillstand und teuren Wartungen führen.“ Spezielle Loop-Kabel wie die WK-Serie von Helukabel halten das aus. Als Kupferleitungen der Klasse 5 und 6 sind sie mit einer speziellen Verseilung der einzelnen Litzen ausgestattet. Als Isolationswerkstoff für die Aderisolation und den Mantel werden hochabriebfeste Materialien eingesetzt. So halten die Leitungen 18.000 Torsionszyklen. Das ist mehr als die maximal 15.000 Zyklen, die eine Windkraftanlage innerhalb ihrer Lebensdauer benötigt. „Um diese Standfestigkeit zu garantieren, steht in unserem Werk Windsbach ein maßstabsgetreuer Testturm“, sagt Schenk. „Der Loop in diesem Gittermast ist exakt so aufgebaut wie in Windkraftanlagen.“ Eine speziell angefertigte Antriebs- und Steuerungstechnik führt verschiedenste Torsionszyklen und Programme in Anlehnung an reale Begebenheiten durch. Die Kabel werden dabei mit der größtmöglichen Torsion von bis zu +/-150 Grad je Meter belastet. Diese Testbedingungen sind um ein Vielfaches extremer als die Realität und dauern schon mal vier Monate. Uwe Schenk: „Durch unsere Tests haben wir erkannt, dass Torsionsleitungen mit einem verflochtenen C-Schirm nur bedingt tordieren und schon nach rund 1.000 Zyklen Schaden nehmen. Deshalb haben wir die WK-Serie mit einem D-Schirm ausgestattet.“ Dabei ist der Kupferschirm als Schirmumlegung ausgeführt – und nicht verflochten.

Große Reibungspunkte

Das zweite große Thema im Loop ist neben der Torsion der Abrieb. Durch Vibrationen und die enge Anordnung der Kabel reiben sie permanent aneinander. Dabei lösen sich kontinuierlich kleine Partikel, was die Wandstärke des Außenmantels reduziert. Nach einigen tausend Zyklen ginge so der mechanische Schutz verloren, Aderisolation und Kupferlitze würden freigelegt werden. W2E und Helukabel setzen daher auf abriebfeste Isoliermaterialien wie Polyurethane (PUR) oder vergleichbare thermoplastische Elastomere (TPE). „In der Tribologie der Werkstoffe für Kabel und Leitungen erzielen auch hochwertige PVC-Isolationswerkstoffe gute Ergebnisse“, sagt Schenk. „Wir haben aber mit PUR und TPE wesentlich bessere Langzeiterfahrungen gemacht.“ Neben der Materialwahl ist auch die Veredelung wichtig. Die Oberfläche des Außenmantels muss ädhäsionsarm sein, um ein Gleiten der Leitungen aneinander zu gewährleisten.

Eine Frage des Materials

Windkraftanlagen stehen oft in Gebieten mit extremen und wechselhaften Temperaturen. Die speziellen Kunststoffe von Windkraftanlagen-Leitungen kommen deshalb mit -55 bis +145 Grad Celsius zurecht. Auch wenn sich das Material temperaturbedingt oft ausdehnt und zusammenzieht, wird es nicht spröde. Genauso resistent sind die Leitungen gegenüber den verschiedenen Ölen der Windindustrie. Die WK-Serie ist sogar über das herkömmliche Prüfprozedere nach VDE oder UL (Oil res. I, Oil res. II) hinaus zertifiziert. „Gerade in Europa kommt bei diesen Tests eine weitere Schwierigkeit hinzu“, sagt Schütt. „Viele unserer Kunden verlangen, dass die Werkstoffe ohne Halogenanteil auskommen.“ Der Grund hierfür liegt im Brandschutz: Verbrennen Halogene, entsteht in Verbindung mit Feuchtigkeit toxische und korrosive Säure.
Nicht zuletzt spielt die elektromagnetische Verträglichkeit in der Praxis eine Rolle. Der zusätzliche D-Schirm sorgt dafür, dass sich die Leitungen nicht gegenseitig elektromagnetisch beeinflussen. So können Leitungen zur Spannungsversorgung und solche für sensorische Daten unmittelbar nebeneinander verlegt werden. Schirmungen sind auch am Potenzialausgleich beteiligt und verhindern Schäden bei Überspannungen durch Blitzeinschläge oder Schalthandlungen. Blitze schlagen häufig in den Rotorblättern ein und müssen über Rezeptoren, die definierte Einschlagpunkte vorgeben, von der Nabe über den Turm zur Erde abgeleitet werden.

Kontakt

HELUKABEL GmbH

Dieselstraße 8-12
71282 Hemmingen

+49 7150 9209 0
+49 7150 9209 5462

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