Automatisierung

Hochgeschwindigkeits-Videokameras zeichnen Crashtest detailgenau auf

05.09.2013 -

In Crashtest geht alles rasend schnell. So schnell, dass das menschliche Auge hier nicht mithalten kann. Highspeed-Videokameras hingegen schon - sie halten auch Veränderungen fest, die nicht einmal für die eingesetzte Messtechnik wahrnehmbar sind.

Die Vorbereitungen für den Crashtest dauern einen halben Tag - der Test selbst nur einen Bruchteil einer Sekunde: Es rumst und die auf dem Schlitten sitzenden Dummys hängen in den Sicherheitsgurten. Der Aufprall geht so schnell vonstatten, dass das menschliche Auge dem Vorgang nicht einmal ansatzweise folgen kann. Daher haben sich Hochgeschwindigkeits-Videokameras (HSV) bei Crashtests etabliert. Denn sie können dem Crashtest genau folgen und jedes Detail aufzeichnen. „Bis zu 24 unterschiedliche Highspeed-Videokameras können je nach Prüfszenario und Vorgaben an einem Test beteiligt sein", erklärt Goran Cogoljevic-Hillringhaus, verantwortlich für die Foto- und Filmtechnik bei der norddeutschen Niederlassung von Autoliv. Der schwedische Konzern entwickelt und produziert Systeme für Insassenschutz, Fahrerassistenz und Unfallvermeidung für alle namhaften Automobilhersteller weltweit. Das Unternehmen betreibt weltweit insgesamt zehn technische Zentren mit 21 Crashbahnen, eines davon in Elmshorn bei Hamburg. Hier entwickelt und produziert Autoliv Sicherheitsgurtsysteme für alle Autotypen und Nutzfahrzeuge sowie die entsprechenden Produktionslinien für Rückhaltesysteme.
Neben Dauertests, in denen die Gurtsysteme Belastungen wie Hitze, Kälte, Staub und salzhaltiger Luft ausgesetzt werden, geben vor allem Crashtests entscheidende Hinweise für die Produktoptimierung. Erst wenn ein Produkt die Dauertests und die anschließende Aufprallprüfung bestanden hat, geht es in Produktion.
Bei den Crashtests wird jedes einzelne Teil des Systems - Retraktor (Gurtautomat), Umlenkrolle, Schloss und Endbeschlag - wahlweise nach Vorgaben des Herstellers oder nach der ECE-Norm R16 (europäische Norm für Sicherheitsgurte in Fahrzeugen) geprüft. Dazu wird je ein Dummy auf dem Fahrer- und dem Beifahrersitz platziert und angeschnallt. Die Sitze sind direkt auf dem Schlitten der Crashanlage montiert. Beim Test prallt der Schlitten mit einem rund zwei Meter langen Dorn in eine Biegeblechbremse. Sie wird vor dem Versuch mit Metallstäben bestückt. Anzahl, Länge und Stärke der Stäbe stellen dabei präzise das Fahrzeugverhalten nach, das in einer KFZ-spezifischen Pulskurve dokumentiert ist: Ein niedriger Pulsanstieg steht für eine „weiche" Stoßstange beziehungsweise die Knautschzone, ein hohes Plateau dagegen für den harten Motorblock. Die Geschwindigkeit des Schlittens richtet sich nach den Testvorgaben, übersteigt jedoch nie die Marke von 64 km/h. „Einen Frontalaufprall bei noch höheren Geschwindigkeiten erhöht das Verletzungsrisiko erheblich", so Goran Cogoljevic-Hillringhaus.

Millisekunden genaue Verfolgung des Tests
Damit die auf dem Schlitten installierten Kameras und Messeinrichtungen wissen, wann sie mit der Datenerfassung beginnen sollen, wird vor dem eigentlichen Test der Triggerpunkt festgelegt. Dazu wird der Schlitten gegen die Biegeblechbremse geschoben, bis sein Dorn die erste Biegestange berührt. Im Test steht dieser Punkt für den Moment des Aufpralls, in dem die Bildaufzeichnung beginnen muss. Da sie auch Vorgänge erfassen, die mit Messinstrumenten nicht aufgenommen werden können, sind Highspeed-Videokameras bei den Crashtests notwendig. Die Bildaufzeichnungsgeräte zeigen auf die Millisekunde genau, ab wann die durch den Aufprall verursachten Belastungen zu Verbiegungen, Rissen oder Instabilität der Teile führen und wie sich diese durch die herrschenden Kräfte verändern.
Je nach Kameratyp und Vorgaben werden dann während der Tests 500 bis 50.000 Bilder pro Sekunde (fps = frames per second) aufgezeichnet - abhängig von der Geschwindigkeit des ablaufenden Vorgangs. „In Crashtests arbeiten wir üblicherweise mit 1.000 bis 10.000 fps. Werden dagegen in Standversuchen die einzelnen Komponenten getestet, benötigen wir bis zu 50.000 fps, um die schnellen geschossartigen Bewegungen wahrnehmen zu können", erläutert Goran Cogoljevic-Hillringhaus. Zu solch schnellen Abläufen zählt beispielsweise das Einrasten der Retraktorverzahnung beim Straffvorgang des Sicherheitsgurts. Da die Auflösung mit steigender Bildrate abnimmt, gilt es die für den jeweiligen Versuch optimale Kombination aus beidem zu wählen. Damit die Kameras in der Kürze der Zeit auch jedes Detail perfekt erkennen, sorgen in den Crashanlagen Hochdruckmetalldampflampen mit einer Leuchtkraft von insgesamt bis zu 400.000 Lux für die erforderliche Helligkeit. Zum Vergleich: Die Mittagsonne hat im Hochsommer eine Leuchtkraft von 100.000 Lux.

Durch integrierten PC als Stand-alone-Lösung einsetzbar
Je nach Testanforderungen nutzt Autoliv in seinen Crashanlagen Hochgeschwindigkeits-Videokameras (HSV = High Speed Video) verschiedener Hersteller und Leistungsklassen. Zu den HSV mit der höchsten Bildrate und Teilauflösung zählen die i-Speed 3 und i-Speed FS von Olympus. Mit 2.000 fps bei voller Auflösung (1280x1024 Pixel), einer Aufnahmegeschwindigkeit von 150.000 Einzelbildern pro Sekunde und hoher Lichtempfindlichkeit auch bei schwachen Lichtverhältnissen eignen sich die beiden Kameramodelle als Analysegeräte für anspruchsvolle Forschungsarbeiten. Dabei bietet die i-Speed FS zusätzlich zu sämtlichen Funktionen der i-Speed 3 Geschwindigkeiten von bis zu 1.000.000 fps, eine IRIG-B-Zeitstempelung und einen globalen 0,2-Mikrosekunden-Verschluss.
Autoliv setzt die beiden Kameratypen im Crashtest festmontiert auf dem Schlitten sowie bei stationären Versuchen und im Labor ein. Die auf dem Schlitten montierten Geräte können Belastungen bis 100 G standhalten - das ist aber nicht die Regel. Bei einem Crash treten um die 45 G auf. Um vor allem die Objektive dieser Kameras vor den auftretenden Belastungen beim Crashtest zu schützen, entwickelten die Elmshorner Konstrukteure für jeden Objektiv- und Kameratyp maßgeschneiderte Panzerungen, die das Objektiv stabilisieren. Ein Vorteil der Olympus-Highspeed-Kamerasysteme kommt vor allem bei Standversuchen und im Labor zum Tragen: Sie verfügen über einen integrierten PC und können daher als Stand-alone-Systeme über eine patentierte Control-Display-Unit (CDU) aber auch über den Gigabit-Ethernet-Anschluss per externem PC bedient werden. „Als wir die i-Speed-Kameras kauften, waren sie vom Preis-Leistungsverhältnis und hinsichtlich der Bedienerfreundlichkeit das Beste, was der Markt zu bieten hatte. Mit den Bedientasten der Control-Display-Einheit lässt sich die Kamera einfach und bequem parametrieren", so Goran Cogoljevic-Hillringhaus abschließend.

Kontakt

Olympus Deutschland GmbH

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Deutschland

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