Der Einzug von Ethernet in die Industriehallen ist zweifelsohne ein Erfolg. Dennoch könnte manches besser laufen, findet Karl-Heinz Richter, Geschäftsführer Marketing & Vertrieb bei Indu-Sol. Lesen Sie hier, welche konkreten Anregungen für die Automatisierungs-Branche hat.

In der Automatisierungstechnik vollzieht sich derzeit ein Wandel: Das Ethernet wird echtzeitfähig und hält mit standardisierten Protokollen wie Profinet, Ethercat, und Ethernet/IP erfolgreich in der I/O-Ebene Einzug. Der Mehrwert ist nicht zu übersehen:

Ein durchgängiges Konzept entsteht - auf Basis einer einheitlichen Kommunikationsplattform: vom Sensor bis zur Visualisierung, von der Prozessebene bis zur Leitebene. Insellösungen aus klassischen Infrastrukturen wachsen mit der IT-Welt zu komplexen Automatisierungslandschaften zusammen. Die anfängliche Skepsis ist verflogen, denn der Funktionsnachweis in komplexen Fertigungsbereichen ist erbracht. Und auch in den Wartungs- und Servicebereichen stellt sich allgemeine Zufriedenheit ein. Doch gerade diese Selbstzufriedenheit birgt Gefahren, die es zu vermeiden gilt.

Wir sollten uns nicht von der Anlagenfunktion täuschen lassen und dies mit Netzwerkqualität gleichsetzen. Denn mit dem Begriff Netzwerkqualität, speziell in der Automatisierung, ließen sich ganze Bücher füllen. Jedoch können mit Blick auf das technologisch kongruente Büronetz durchaus wichtige Metriken für die Automation abgeleitet werden. Die folgenden Punkte gilt es zu hinterfragen:

• Portauslastung / Fehlerrate / Telegrammlücken,
• Netzwerklast an I/O-Controllern, I/O-Devices, Endgeräten und Servern,
• Verhältnis von TCP zu den Echtzeittelegrammen und
• Einhaltung der Aktualisierungsraten.

Mich erstaunt die aktuelle Verfahrensweise, dass beispielsweise die entsprechende IT-Abteilung Portstatistiken von Hallenswitchen durch ein umfangreiches Netzwerk-Monitoring-System permanent beobachtet, aber keiner einen Gedanken an die Netzwerküberwachung für den Switch im Schaltschrank investieren möchte. Warum zögert der Verantwortungsbereich der Automatisierung hier?

Blick in die IT-Welt

Will niemand von den Erfahrungen aus der IT-Welt lernen? Hinterfragt niemand das Ziel und den Nutzen eines Netzwerk-Monitorings? Bekanntermaßen ist der Automatisierer ein absoluter Verfechter einer permanenten Netzwerküberwachung. Denn eine „gelebte" Netzwerktransparenz vereinfacht Betriebsprozesse und optimiert Kosten. Das Wissen, wer, wann, mit wem und warum im normalen Ablauf kommuniziert, sind wichtige Informationen zur prophylaktischen Netzwerkoptimierung im Sinne der Warnung vor dem Ausfall. Darüber hinaus stellen diese Informationen die Basis einer Tiefenanalyse im Störungsfall dar.

Von den Erfahrungen anderer lernen

Die Stelle eines DV-Administrators, wie ihn die Bürowelt kennt, und wie er dort nicht mehr weg zu denken ist, wird in der Automatisierung nicht besetzt. Warum?

Sicherlich sind viele Anlagen und Steuerungen auf Ethernet-Basis noch zu neu oder noch gar nicht in die Produktion umgesetzt, um schon über Probleme zu sprechen. Es steht auch nicht die Problemdiskussion im Vordergrund, vielmehr sehe ich die Chance, aus den Erfahrungen anderer zu lernen. Dieser Gedanke ist noch neu, doch die Entwicklung schreitet rasend schnell voran. Ich halte einen Blick in die IT-Welt und ein Gespräch zwischen dem verantwortlichen Administrator, dem Instandhalter und dem Servicetechniker für unentbehrlich.

Möglicherweise sollte auch so manche Dachorganisation, die zur Standardisierung Richtlinien und Leitfäden Ethernet-basierender Automatisierungsprotokolle festschreibt, etwas einlenken und mehr auf das Zusammenwirken und weniger auf die Abgrenzung zur IT-Welt hinarbeiten. Die Automatisierung wird keinen eigenen, sondern nur einen gemeinsamen Weg mit der IT gehen.