Automatisierung

E-Power auf der Straße: Intelligentes Antriebspaket für vollelektrischen LKW

29.08.2017 -

Schritt für Schritt geht es mit der Elektromobilität voran: Mittlerweile können serientaugliche E-LKWs Güter transportieren – und das sauber und leise. So rückt eine weitgehende CO2-freie Lieferkette in Reichweite.

Das sächsische Unternehmen Framo startete 2016 mit der Produktion batterieelektrischer Nutzfahrzeuge – mit einer zulässigen Gesamtmasse von 7,5 bis 44 Tonnen. Die auf MAN-Chassis aufgesetzten Fahrzeuge basieren auf einem modularen Antriebs- und Batteriekonzept. Hierbei sind die üblichen Aufbauten wie Pritsche, Koffer, Kühlaufbauten, Müllsammelfahrzeuge oder Absetzkipper möglich. Framo, eine Automarke, stellte ab 1927 Kleintransporter, später auch kleine PKWs, her. Nun wird die Marke Framo mit einem E-LKW wieder belebt. Geschäftsführer Andy Illgen bewirbt ihn unter dem Leitspruch „Decarbon your business!“. Unternehmensziel ist es, die Nahverkehrslogistik im Güterverkehr zu elektrifizieren. Im innerstädtischen Einsatz lassen sich so die Lärm- und Luftbelastung reduzieren. Der batterieelektrische LKW wird im Verteiler-Betrieb bei kurzen Strecken oder im internen Werksverkehr eingesetzt. 100 Prozent elektrisch betriebene Nutzfahrzeuge eröffnen neue Möglichkeiten wie Nachtverkehre in verkehrsberuhigten Zonen, Einfahrten bei prekären Luftqualitätssituationen sowie Grenz- und Zielwertüberschreitungen in Ballungsräumen. So bietet sich auch die Möglichkeit, neue Logistik-Konzepte zu erstellen: Beispielsweise kann der E-LKW von Güterzentren („Hubs“) aus als geräuscharmer Pendeltransport die Feinverteilung von Waren in die City übernehmen.

Ein Drittel des Schwerlastverkehrs überflüssig

In verschiedenen Studien wurde festgestellt, dass in Ballungsräumen ein Drittel des Schwerlastverkehrs auf der Kurzstrecke unterwegs ist. Dieses Drittel ließe sich bereits heute durch emissionsarme Fahrzeuge ersetzen.

Beispiele für Anwendungsfälle sind:

  • Lokale Verteilerverkehre mit elektrischen LKWs im Teilladungs- und Stückgutverkehr
  • Shuttle-Verkehre von einem Distributionszentrum auf E-LKWs für die „letzte Meile“
  • Einsatz elektrischer Zugmaschinen im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs

Elektrische Fahrzeuge lassen sich flexibel und modular zusammenstellen: mit Bausteinen wie Batteriespeicher, Antriebsmaschinen und Ladesysteme. Diese können exakt auf die Bedürfnisse der Kunden bezüglich Leistung und Reichweite konfiguriert werden. Eine Ressourcenentlastung im täglichen Betrieb ist garantiert. Fahrzeugführer von batterieelektrischen Fahrzeugen fahren vorausschauender, denn sie nutzen die negative Beschleunigungsenergie bei der Rekuperation zur Energierückgewinnung und tragen so mithilfe der verfügbaren Fahrintelligenz zu höheren Reichweiten bei. Ebenso ist eine spürbare Reduzierung des Einsatzes der konventionellen Bremsen im Betrieb nachgewiesen, was wiederum die Entwicklung von Feinstaub vermeidet und die Lebensdauer der Fahrzeuge erhöht.
Mit dem Truckvermieter BFS verfügt das junge Unternehmen über einen erfahrenen Partner im Bereich Service und Vertrieb. Die BFS ist mit mehr als 70 Partnern ein großer Vermieter für Spezial-Nutzfahrzeuge in Deutschland und der Schweiz.

Motorisierung

Die Kunden können aus verschiedenen elektrischen Motorisierungen von 80 kW bis 420 kW wählen. Durch den modularen Ansatz kann der Antrieb bedarfsgerecht auf das Streckenprofil ausgelegt werden. Entscheidend sind hier das gewählte Fahrzeug mit der gewünschten Nutzlast und die für diesen Zweck notwendige Steigfähigkeit. An diesem Punkt kommt die Firma Sensor-Technik Wiedemann (STW) als Systemlieferant für den Antrieb ins Spiel. STW entwickelt und produziert Komponenten für eine erfolgreiche Elektrifizierung, die in Nutzfahrzeugen sowie in Bau- und Landmaschinen zum Einsatz kommen.

Das Antriebspaket

Das Herzstück bilden die PowerMela-C-Antriebseinheiten, die über ein Summiergetriebe in die Achse eintreiben. Das modulare Antriebspaket von 80 bis 420kW ist kompakt und leistungsfähig. Durch die Integration des Umrichters in das Motorgehäuse entsteht eine geschlossene Einheit, die zudem die Einrichtung eines zentralen Schaltschranks einspart. Die Verkabelung zwischen Umrichter und Motor entfällt vollständig. Mit einer Schutzart von IP6k9k und einem schutzisolierten Aufbau eignet sich der PowerMela-C-Motor bestens für mobile Anwendungen.
Der permanenterregte Synchronmotor hat im Vergleich zu anderen Motortechnologien einen hohen Wirkungsgrad. Die Minimierung der Verluste wird zudem durch eine optimale Auslegung und Abstimmung von Motor, Elektronik und Regelung erreicht. Die Ansteuerung erfolgt bei der PowerMela-C-Serie durch eine feldorientierte Regelung mit dem MTPA-Verfahren (Maximum Torque Per Ampere). Hierbei wird zusätzlich zur Lorentzkraft der Permanentmagneten das Reluktanzmoment des Motors verwendet und so der Motorstrom minimiert. Eine adaptive Regelung, die Änderungen von Motor-Parametern während des Betriebs berücksichtigt, trägt ebenfalls zu einem hohen Wirkungsgrad bei. Durch die Integration des Feldschwächebetriebs wird der Drehzahlbereich um den Faktor 2 auf 6.000 1/min erweitert. In diesem Betriebsbereich steht die volle Leistung unabhängig von der Drehzahl zur Verfügung.

Batteriespeicher

Als Batteriespeicher stehen Kapazitäten von 57 bis 318 kWh zur Verfügung. Durch die Verwendung von langlebigen Lithium-NMC-Zellen werden bis zu 9.000 Ladezyklen à 100 Prozent DoD (Depth of discharge, deutsch: Entladungsgrad oder Entladetiefe) erwartet. Dies entspricht je nach Batteriekapazität einer Laufleistung von weit über 1 Million Kilometer. Dies hängt aber von den Betriebszeiten beziehungsweise den Lade- und Entladeraten ab und wird von weiteren Faktoren beeinflusst. Framo setzt dabei auf ein thermoisoliertes Gehäuse, eine integrierte HV-Distribution sowie eine CCS-Ladeschnittstelle für DC-Schnellladung als auch AC-Onboard-Ladung. Das sichere Management der Hochvolt-Batterie wird vom STW-PowerMela-mBMS organisiert.

Sicheres Management der Hochvolt-Batterie

STW bringt mit seinem mBMS-System einen Baukasten aus Hard- und Software-Komponenten für die Realisierung eines sicheren Management-Systems für Hochvolt-Batterien mit. Die sensorischen Komponenten innerhalb des Speichers dienen zur Messung und Überwachung einzelner Zellspannungen und Temperaturen, der Ströme sowie der Bestimmung des Isolationszustands. Dynamik, Leistung und Effizienz der elektrischen Akkumulatoren richten sich nach dem Ladezustand (SOC), Gesundheitszustand (SOH) und der Temperatur der Batterie. Diese Sicherheitsfunktionen sind ein wesentlicher Bestandteil des Batterie-Management-Systems (BMS). Ihre Implementierung ist den geltenden Vorschriften und Bestimmungen für funktional sichere Systeme unterworfen.
Das redundante BMS enthält Messeinrichtung für Einzelzellspannungen und Zelltemperaturen. Zu jeder Batterie gehören zwei Schütze, welche ein zweipoliges Zu- und Abschalten der jeweiligen Batterie erlauben. Ergänzt werden diese Schütze von einer Shunt-basierten Strommessung und Isolationsüberwachung, sowie einer Vorladeeinheit für das kontrollierte Aufladen der Zwischenkreiskapazität. Zudem verfügt das BMS über einen 32-Bit-Mikrocontroller. Die Software ist von den funktional sicheren Komponenten entkoppelt und führt komplexere Algorithmen zur Zustandsbestimmung (aktuelle Leistungsfähigkeit, SOC und SOH) der Batterie aus.
Mit zunehmender Speichergröße gewinnt auch die Parallelschaltung, nicht nur von Zellen, sondern auch von ganzen Speichersträngen, an Bedeutung. Im Parallelbetrieb kann einem BMS eine Masterfunktion zugewiesen werden. Dieses BMS übernimmt dann die Koordination und lässt das Energiespeichersystem wie eine einzige Batterie mit entsprechend höherer Kapazität erscheinen. Somit ist eine hohe Modularität je nach geforderter Reichweite zu erzielen.

Fahrspaß durch Laufruhe

Die Steuerung des Antriebspaketes erfolgt mit einer ESX-Steuerung von STW, die mit einer Software der Firma CuroCon programmiert wurde. Das Steuergerät CuroControlSRx bietet integrierte Sicherheitsfunktionalitäten und die Einbindung verschiedener Betriebsstrategien. Mittels Rekuperation kann im Bremsvorgang Energie zurückgewonnen und in das vorhandene Speichersystem zurückgeführt werden.
Ebenso können diese Fahrzeuge über die vorhandene Energieinfrastruktur geladen werden. Hierzu bietet Framo verschiedene DC-CCS-Schnellladestationen mit Ladeleistungen von bis zu 150 kW an. Die Schnittstellen setzt der Ladecontroller um.
Die Fahrfunktionalität ist vergleichbar mit konventionellen Fahrzeugen. Angeboten werden zahlreich Fahrerassistenzsysteme wie elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP), elektronisches Bremssystem (EBS), Antiblockiersystem (ABS), Notbremsassistent (EBA), Notbremssignal (ESS), Lane Guard System (LGS) und ein digitaler Fahrtenschreiber. Optional können die Funktionen Klimaanlage mit permanenter Kühlungsfunktion und elektrische Heizung mit Vorheizsystem ausgewählt werden.
Darüber bietet die Fahrt mit einem Elektroantrieb einen Genuss in Sachen Beschleunigung und Laufruhe. Hier spielen elektrische Systeme ihren ganzen Vorteil aus, die je nach Motorisierung vollen Fahrspaß bieten.

Feuertaufe bestanden

Die Feuertaufe wurde auf der E-Mobil-Rally-Tour der 6. Wave „Let’s move the world“ bestanden. Hier wurden mit einem der ersten Fahrzeuge rund 1.800 km als Service- und Begleitfahrzeug zurückgelegt. Das erste Modell wurde auf der IAA-Nutzfahrzeuge im vergangenen September in Hannover dem Markt präsentiert.
Elektromobile Anwendungen etablieren sich in vielen Wirtschaftsbereichen, teilweise aufgrund des öffentlichen Interesses und entsprechender Förderung, teilweise durch eigene Erwägungen der Firmen und aufkommende regulatorische Zwänge. Framo und STW sehen hier einen steigenden Bedarf beim elektrischen Lieferverkehr und werden zukünftig mehr E-Power auf die Straße zum erfolgreichen Einsatz bringen.

Kontakt

STW Sensor-Technik Wiedemann GmbH

Am Bärenwald 6
87600 Kaufbeuren
Deutschland

+49 8341 9505 0
+49 8341 9505 55

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