Automatisierung

Durchs Feuer: Kabel mit Brandschutz

18.05.2016 -


Kabel müssen gute Leiter sein – für Strom und Daten, aber nicht für Feuer. Das weiß man auch in Stuttgart bei Lapp: Die Kabel-Profis haben jetzt besonders feuerresistente Produkte vorgestellt. Was sie können und wofür man sie einsetzt, das erfahren Sie auf den nächsten Seiten.

Ein Brand in einem Krankenhaus: Eine Kerze hat sich entzündet, die Flammen breiten sich in den Flur aus. Brandmelder schlagen Alarm und Überwachungskameras zeigen, wo Fluchtwege frei oder versperrt sind – allerdings nur so lange die Kabel zur Datenübertragung nicht selbst Feuer fangen und durchschmoren. „Wo sich viele Menschen aufhalten, sind deshalb nur Leitungen erlaubt, die bezüglich Isolations- oder Funktionserhalt, Brandhemmung, Selbstverlöschung und Emissionen im Brandfall strenge Normen erfüllen“, erläutert Jürgen Burgholzer, Produktmanager bei Lapp Austria in Linz. Auch die Kunden legten vermehrt Wert auf feuerresistente Leitungen. So ist Lapp Austria in Gesprächen, ein öffentliches Gebäude in Österreich mit einem zwei Kilometer langen Kabel auszurüsten, das die Brandmeldeanlagen mit der Leitzentrale verbindet. Weitere ähnliche Projekte wurden bereits erfolgreich abgeschlossen oder sind in Planung.

Feuerfest verlegt
Bei dem Kunden von Lapp Austria kommt das neue Etherline Fire Cat.5e PH120 zum Einsatz, ein flexibles industrietaugliches Hochgeschwindigkeits-Datenkabel von Lapp für die feste Verlegung in Gebäuden. Es garantiert einen Isolationserhalt bei Brandeinwirkung für mindestens 120 Minuten, gemäß der Norm EN50200, die den Erhalt der grundlegenden elektrischen Eigenschaften fordert. „Soweit wir wissen, ist es das einzige Kabel auf dem Markt, das mindestens zwei Stunden im Feuer aushält, und dabei immer noch Daten überträgt“, so Ralf Moebus, Leiter Automation & Networks bei der Lapp Gruppe. Das ist keineswegs selbstverständlich, denn die Norm EN50200 definiert lediglich die Mindestanforderung an ein brandsicheres Kabel. Sie sagt wenig darüber aus, ob eine Leitung im Falle eines Brands ihre Aufgabe, in diesem Fall die Datenübertragung, in vollem Umfang weiter erfüllt. Denn bei den gesetzlich vorgeschriebenen Brandtests wird nur geprüft, ob die Leitung elektrischen Durchgang hat. Das war früher ausreichend, als in Gebäuden oder Fahrzeugen nur niederfrequente Datenleitungen zum Einsatz kamen. Inzwischen geht der Trend aber auch dort wegen der stark zunehmenden Datenmengen zu Ethernet-Leitungen. Ob eine Ethernet-Leitung tatsächlich noch in der Lage ist, bei einem Brand Daten mit Bandbreiten von einem Gigabit pro Sekunde oder mehr zu übermitteln, prüft der Testaufbau nicht. Doch das ist wichtig, damit etwa Überwachungskameras auch bei Feuer weiter Bilder liefern können.

Test unter Realbedingungen
In ihrem Testzentrum gehen die Kabelexperten von Lapp deshalb deutlich weiter, als die EN50200 fordert. Sie messen bei Brandtests weitere Parameter wie Dämpfung und Signalverzögerung. Nur so ist eine Einschätzung möglich, wie verlässlich sich eine Leitung unter realen Bedingungen weiterbetreiben lässt. Ähnliche Tests gibt es auch für Glasfaserleitungen von Lapp wie die Hitronic Fire. Sie ist die passende Alternative, wenn große Distanzen überbrückt werden müssen, etwa in Tunneln. Die Hitronic Fire garantiert sogar einen Isolationserhalt von 180 Minuten.

Mehrschichtiger Schutz
Beim Etherline Fire Cat.5e PH120 erfolgt die Datenübertragung über acht biegsame Kupferleiter. Jeder ist mit Polyethylen ummantelt, darum ist ein nicht brennbares Tape aus mineralisiertem Glasgarn gewickelt. Je zwei Adern sind als Aderpaar verdrillt und mit Polyethylenband umwickelt. Die vier Aderpaare sind durch ein Kreuz aus Polyethylen getrennt und um dieses herumgedrillt, hinzu kommt ein Beidraht zur Erdung. Dieses Bündel wird mit einer weiteren Schicht Mineralglastape umhüllt. Es folgt die Schirmung aus einem Aluminium-Polyester-Tape mit der metallischen Seite innen. Die hier besonders dicke Aluminiumfolie dient gleichzeitig als Abschirmung gegen elektromagnetische Störungen sowie als Hitzebarriere. Außen folgt schließlich der Mantel aus einem thermoplastischen Elastomer (TPE). Dieser Kunststoff ist hochflammwidrig und erzeugt wenig Rauchgas, wenn er abbrennt. Passend zum Einsatzzweck ist der Mantel feuerrot.

Halogene nicht erwünscht
Der TPE-Mantel enthält keine Halogene. Kabel, die besondere Brandschutzanforderungen erfüllen müssen, sind oft aus Polyvinylchlorid (PVC). Neben Chlor enthalten diese Kabel als Brandhemmer weitere Halogene, also die chemischen Elemente der siebten Hauptgruppe des Periodensystems, zu denen neben Chlor auch Fluor und Brom gehören. Wo sich Menschen aufhalten sind PVC-Kabel allerdings tabu, denn die Halogene, die im Brandfall freigesetzt werden, können sich mit Wasser zu Säuren verbinden, die die Atemwege verätzen.

Verkabelung von Bussen
Das Mantelmaterial der Etherline Heat 6722 ist ebenfalls halogenfrei und brandhemmend. Bei dieser Leitung, die eigens für den Einsatz in Omnibussen entwickelt wurde, ist Polyurethan (PUR) das Material der Wahl. Die Leitung erfüllt die ECE-R 118.01, eine neue Norm zur Verkabelung von Omnibussen, die seit 1.1.2016 in der EU gilt. Sie verschärft den Brandschutz in Bussen des Personenverkehrs erheblich. Betroffen sind Leitungen, die im Fahrgastraum verlegt sind, nicht jedoch Kabel im Motorraum, für die es bereits eigene, ebenfalls strenge Standards gibt. Dass in Bussen überhaupt Ethernet-Verbindungen verbaut werden, ist der immer weiter verbreiteten Ausstattung von Bussen mit vernetzten Ticketautomaten, Fahrzielanzeigen, Überwachungskameras, und vor allem bei Fernbussen auch umfangreichen Infotainment-Systemen geschultet. Der Datenverkehr in Omnibussen schwillt dadurch enorm an

Strenger Flammtest
Eine Anforderung der ECE-R 118.01 ist der strengere Flammtest: Im Prüflabor wird eine Flamme an ein 50 Zentimeter langes Kabelstück gehalten und nach 15 bis 30 Sekunden wieder entfernt. Der Brand am Kabelmantel muss innerhalb von 70 Sekunden von selbst verlöschen, und die Ausbreitung der Flamme muss jeweils mindestens fünf Zentimeter vor den beiden Enden des Kabelstücks stoppen. Dies soll sicherstellen, dass sich eine Flamme, die den Mantel in Brand gesteckt hat, nicht wie auf einer Zündschnur ausbreitet und im Bus weitere Kabel und die Inneneinrichtung in Brand steckt – ein Sicherheitsplus für Fahrgäste und Feuerwehr. Und ein Kaufargument für einen deutschen Bus-Hersteller, der die Etherline Heat 6722 in seinen neuen Modellen verwendet.

Kontakt

U.I. Lapp GmbH

Schulze-Delitzsch-Str. 25
70565 Stuttgart

+49 71178 38 01

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