Automatisierungstechnik als Enabler der grünen Wasserstoffwirtschaft
22.11.2022 - Mit Ökostrom und durch eine explosionsgeschützte Wasserelektrolyse entsteht grüner Wasserstoff. Sensoren und Ex-Komponenten für die H2-Wertschöpfungskette sind dabei unverzichtbar.
Für den Klimaschutz brauchen wir grünen Wasserstoff. Die Gewinnung dieses Gases und der Umgang mit ihm erfordert eine komplexe Infrastruktur. Bei der Automatisierung der Abläufe spielen unter anderem Sensoren mit unterschiedlichen Messprinzipien sowie explosionsgeschützte Komponenten für die Signalübertragung eine wichtige Rolle.
Das Wasserstoffmolekül (H2) ist nur ein Energieträger, es kann aber auch – etwa in der Metallurgie – die Aufgabe des reduktiven Stoffes ausfüllen, für die in herkömmlichen Verfahren Kohle oder Kohlenwasserstoffe verwendet werden. Wasserstoff kann sie ersetzen und den damit verbundenen CO2-Ausstoß vermeiden. Die grüne Wasserstoffwirtschaft wird daher in vielen Ländern massiv gefördert, die Zahl der Projekte auf diesem Gebiet wächst täglich.
Damit der Wasserstoff das Prädikat grün erhält, darf bei der Wasserelektrolyse kein CO2 frei werden, der Strom sollte also aus erneuerbarer Energie stammen. Neben der Wasserkraft sind es vor allem Wind- und Sonnenenergie, welche die erste Station auf dem Weg zum grünen Wasserstoff bilden. Um bei einem Windrad den höchstmöglichen Wirkungsgrad zu erreichen – und so möglichst viel sauberen Strom für die Elektrolyse zu liefern – müssen sowohl die Rotorblätter als auch die Gondel immer optimal zum Wind ausgerichtet sein. Dafür braucht es verschiedene Kenngrößen aus der Anlage, die von Sensoren geliefert werden.
So erfassen zum Beispiel Absolutwertdrehgeber die Position der Gondel sowie die Winkelstellung der Rotorblätter. Die Drehzahl der Generatorwelle wird mit einem Inkrementaldrehgeber gemessen, Schwingungs- und Beschleunigungssensoren zeichnen die Auslenkung der Gondel und des gesamten Turms unter der Windeinwirkung auf. Neben der optimalen Steuerung geht es hier auch um den Schutz der Anlage vor Überlast: Bei Sturm werden die Komponenten in die Position mit der kleinsten Windeinwirkung gedreht. Mit Überspannungsschutzmodulen werden zudem Schäden an der Elektronik durch Blitzschlag verhindert. Alle genannten Sensoren und Module finden sich im Portfolio von Pepperl+Fuchs.
Ähnliche Aufgaben sind auch in solarthermischen Kraftwerken zu lösen, die das Sonnenlicht mit beweglichen Spiegeln einfangen und punkt- oder linienförmig konzentrieren. Die Spiegel werden dabei kontinuierlich dem Sonnenstand nachgeführt. Deren Bewegung entlang der horizontalen und der vertikalen Achse wird von Drehgebern und Neigungssensoren erfasst. Wie die Anlagen müssen diese Geräte den extremen Wetterverhältnissen widerstehen, welche die meist exponierte Lage solcher Kraftwerke mit sich bringt. Sie werden in robuster Ausführung mit widerstandsfähigem Gehäuse, einem großen Temperaturbereich und hohe Schutzarten benötigt.
Ex-Schutz und LoRaWAN
Die zweite wichtige Station auf dem Weg der grünen Wasserstoffwirtschaft ist der Elektrolyseur, der Wasser in H2 und O2 spaltet. Die starke Anziehungskraft, die diese beiden Elemente aufeinander ausüben, macht den Wasserstoff hochgradig explosiv. Sobald er aus dem Elektrolyseur austritt, sind die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen. Da er sich ähnlich wie Erdgas verhält, kann man dabei auf die Technologie zurückgreifen, die sich in diesem Sektor bewährt hat, wie etwa die Stellungsrückmelder für die Ventile zur Regelung des Gasstroms.
Pepperl+Fuchs hat dafür den induktiven Doppelsensor F31K2 im Portfolio, der für den Einsatz im explosionsgefährdeten Außenbereich zertifiziert ist. Bei Instandhaltungsarbeiten in solchen Umgebungen können Techniker die explosionsgeschützten Mobilgeräte und Smart Glasses der Pepperl+Fuchs-Marke Ecom benutzen.
Für die Signalübertragung in Ex-Bereichen bietet Pepperl+Fuchs ein breites Portfolio verbindungstechnischer Komponenten mit unterschiedlichen Schutzarten an. Diverse Signaltrenner sowie das Überdruckkapselungssystem der Serie 6000 sind Beispiele hierfür. Sie dienen unter anderem dem Schutz der Kompressoren, die von der Elektrolyse über die Tankabfüllung bis zum Verbrauchernetz die Voraussetzung für die Weitergabe des Gases schaffen. Komponenten ohne eigenen Ex-Schutz erreichen durch Schaltschränke mit Purge-Ausrüstung die geforderte Sicherheitsstufe. Interfacemodule sowie Klemmenkästen der SR-Serie sorgen für die eigensichere Verteilung der Signale. Das FB-Remote-I/O-System in einem Gehäuse der SR-Serie kann auch auf Gastankschiffen verwendet werden.
Noch findet man grüne Wasserstofftechnologie eher in kleineren Pilotanlagen, doch auch das Wachstum der Anlagengröße ist nur eine Frage der Zeit. In ausgedehnten Anlagen wird die Verkabelung zu einem gewichtigen Kostenfaktor, der sich mit batteriegestützten Funkmodulen minimieren lässt. Als besonders gut geeignet hat sich in anderen Großanlagen bereits die LoRaWAN-Technologie (Long-Range Wide-Area-Network) etabliert. In bebauten Arealen kann sie Signale bis zu zwei Kilometer, auf freiem Feld sogar 15 Kilometer weit übertragen. Die reine Datenübertragung ist dabei kostenfrei und zugleich aufgrund echter Ende-zu-Ende-Verschlüsselung hochgradig sicher. Pepperl+Fuchs gehört zu den ersten Anbietern von LoRaWAN-fähigen Geräten und verfügt auch hier über ein breites, stetig wachsendes Portfolio für den Einsatz in Ex-Zonen.
Grüne Mobilität ohne Batterielast
Beim PKW scheinen die Weichen endgültig in Richtung E-Auto gestellt zu sein. Doch die batteriegestützte Fortbewegung ist in anderen Bereichen des Verkehrs deutlich weniger sinnvoll oder sogar praktisch unmöglich. Dazu gehören zum Beispiel längere nicht elektrifizierte Bahnstrecken, der LKW-Fernverkehr sowie die Schiff- und Luftfahrt. Die hohe Energiekapazität des Wasserstoffs eröffnet hier die wohl effizienteste Möglichkeit für den Transport ohne CO2-Ausstoß. Busflotten für den ÖPNV werden bereits sukzessive auf den Betrieb mit der H2-Brennstoffzelle umgestellt, Lokomotiven und LKW mit dieser Technologie sind ebenfalls schon unterwegs. Neben Gewicht spart Wasserstoff auch Zeit: Das Tanken geht ähnlich schnell wie mit Diesel oder Kerosin.
Die H2-Tankstelle benötigt allerdings wiederum eine spezielle Technologie und entsprechenden Explosionsschutz. So ist es unabdingbar, dass der H2-Füllstutzen absolut dicht mit der Öffnung des Fahrzeugtanks gekoppelt ist. Dieser Zustand lässt sich mit induktiven Sensoren automatisch verifizieren. Zusätzlichen Schutz bietet ein Beschleunigungssensor, der im Fall einer Kollision an der Tankstelle die Sicherheitsschaltung initiiert. Bei der automatischen Abwicklung des Tankvorgangs helfen RFID-Systeme, die das angedockte Fahrzeug identifizieren, damit die passende Druckstufe und das richtige Abbuchungskonto gewählt wird. Für die Mensch-Maschine-Kommunikation beim Tankvorgang stehen hochauflösende, ex-geschützte Industriemonitore wie das HMI-Panel der Serie VisuNet FLX zur Verfügung – eine weitere Komponente aus dem Hause Pepperl+Fuchs.
Autor
Wolfgang Weber, Global Industry Manager