Automatisierungssystem für sichere Kabelkarusselle im Hafen von Rotterdam
16.10.2020 -
Kabelkarusselle findet man im Hafen Rotterdam verteilt an zahlreichen Docks. Die tonnenschweren Kolosse sorgen dafür, dass Leitungen oder auch Elektrokabel auf dem Meeresboden verlegt werden können. Damit die Sicherheit – auch für das mit der Vorbereitung und Verlegung betraute Fachpersonal – gewährleistet ist, setzt das niederländische Unternehmen Blue Offshore auf sichere Automatisierungstechnik.
„Maximale Sicherheit bei höchster Verfügbarkeit“, erklärt Evert-Jan van Wijk, der Blue Offshore 2009 gegründet hat, ist für den Schifffahrts- und Offshore-Experten oberstes Ziel. Bei der Lösung von Blue Offshore kommt alles aus einer Hand: Das Paket beinhaltet über die Module für die Kabelkarusselle und über die einzelnen Systemkomponenten für die Deckausrüstung hinaus auch das Fachpersonal, das die Ausrüstung bedienen und warten kann. „Wir bieten zudem an, die kompletten Steuerungen der Kabelkarusselle auszutauschen“, so Evert-Jan van Wijk. Da dies ein sehr komplexer Vorgang ist, der auch den Aspekt „Sicherheit“ strapaziert, hat Blue Offshore nicht nur im übertragenen Sinn Pilz mit ins Boot geholt.
Das modulare System ist komplex: Dazu gehören neben den Inhouse-Kabelkarussellen Spannvorrichtungen, Wickelantriebe sowie Komponenten, die speziell für das Verlegen flexibler Leitungen, Hydraulikleitungen und Elektrokabel benötigt werden. Alle Systemkomponenten sind dabei so konstruiert, dass sie in demontiertem Zustand von einem normalen Containerschiff transportiert und vor Ort rasch montiert werden können. „Natürlich verfügen sämtliche Komponenten über die erforderlichen Zulassungen und Zertifikate, einschließlich Lloyds“, betont Evert-Jan van Wijk.
Kabelverlegung ≠ Kabelverlegung
Das erste Kabelkarussell von Blue Offshore ging 2012 in Betrieb. Doch kein Projekt gleicht seitdem dem anderen: „Leitungen und Elektrokabel auf dem Meeresboden zu verlegen, ist jedes Mal wieder anders, sogar einzigartig“, schaut van Wijk zurück. Denn die geologische Beschaffenheit des Meeresgrundes und weitere Faktoren bestimmen, wie groß, wie leistungsstark und wie schnell die Deckausrüstung sein muss. Und der Meeresboden ist nun mal so unterschiedlich beschaffen wie die übrige Erdoberfläche.
Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Systemkomponenten je nach Anforderung, zusammengestellt und so unterschiedliche Kundenanforderungen bedient werden können. Größe, Leistungsstärke und Schnelligkeit der Deckausrüstung variieren so von Projekt zu Projekt.
Die jeweils benötigten Komponenten werden am Dock auf einem dafür vorgesehenen Schiff installiert und im Anschluss mit den Leitungen bzw. Kabeln beladen. Das so ausgestattete Schiff macht sich anschließend auf den Weg zur Verlegestelle auf See, wo es angekoppelt wird. Sämtliche Leitungen – dies können sowohl flexible Leitungen, Hydraulikleitungen oder Elektrokabel sein – werden anschließend per Kabelkarussell über die Spannvorrichtung zur Plattform, Verteilereinrichtung oder Windenergieanlage verlegt. Dabei sorgt ein elektrohydraulischer Motor nicht nur für den Antrieb des Kabelkarussells, sondern auch für die Führung der Leitungen oder Kabel beim Einholen bzw. späteren Abwickeln.
Sicherheit als steter Begleiter
Bei allem steht der Schutz des Bedieners für Blue Offshore im Mittelpunkt. Van Wijk macht deutlich: „Schließlich sind hier Menschen am Werk und da passieren eben Fehler. Zum Beispiel, wenn sich Personen während des Betriebs im Gefahrenbereich des Kabelkarussells aufhalten.“ Regelmäßige Wartung und Grundüberholung der Kabelkarusselle ist Standard. 2017 stand so auch eine Grundüberholung für das erste, 2012 in Betrieb genommene, Kabelkarussell an. Mit einem Leergewicht von 600 Tonnen und einem Durchmesser von 23 Metern sowie einer Kapazität von bis zu maximal 5.000 Tonnen, die es aufnehmen kann, ein echtes Schwergewicht. Die Wartung umfasste über Standards wie den Tausch von Verschleißteilen, hier gehören die Hydraulikschläuche dazu, oder auch ein neuer Anstrich, eine Reihe kundenspezifischer Verbesserungen: Die Erweiterung der Kapazität der Spannvorrichtung von fünf auf 15 Tonnen, die Wartung der Hydraulik sowie das Upgrade des Steuerungssystems auf den neuesten Stand der Technik.
Zudem sollte aber das Kabelkarussell mit Blick auf die Sicherheit des Bedieners nur noch von der Bedienerkabine aus gesteuert werden können. Sollte zukünftig ein Problem auftreten, sollen die Decksysteme zu einem sofortigen Stopp kommen und das Steuerungssystem die Störung anzeigen, sodass diese schnell und effizient behoben werden kann. Maximale Sicherheit bei minimaler Ausfallzeit war Ziel des Umbaus.
System, das (zusammen)passt
Automatisierung, die Maschine und Mensch sicher und effizient arbeiten lässt, Steuerungssysteme, die auch die Sicherheit mit abdecken, müssen 100-prozentig zuverlässig sein. Pilz, Anbieter von Automatisierungslösungen mit der Kernkompetenz Sicherheit, war hier aus Sicht von Blue Offshore der richtige Partner. „Pilz verfolgt dieselbe Sicherheitsphilosophie wie wir“, so van Wijk. „Pilz ist nicht nur Technologieführer in der sicheren Automation, sondern auch stets auf der Suche nach der besten Lösung – da gibt es keine Feierabendmentalität“, so der Blue Offshore-Chef weiter. Überzeugen konnte auch das weltweite Netz von Niederlassungen, sprich Know-how und Kundennähe: „Pilz kann direkt vor Ort und in der Landessprache unterstützen, die Sprache war keine Barriere, was für ein so sensibles Thema wie ‚Sicherheitssteuerungen‘ absolut relevant ist“, nennt er weitere Gründe.
Teamwork als Basis der Zusammenarbeit
Das Rotterdamer Dock war von Beginn des Umbaus an quasi Schauplatz des Geschehens: Verstehen und sehen wie das Decksystem funktioniert, war essenziell und Ausgangspunkt aller Überlegungen der Grundüberholung und Wartung, über Tage. Ein erstes Ergebnis war, die Software grundsätzlich anzupassen, um die notwendig werdenden zusätzlichen Funktionen auch verarbeiten zu können.
Nächster Schritt war, eine passende Steuerung einzubinden. Die Wahl fiel auf die zum Automatisierungssystem PSS 4000 gehörende Steuerung PSSuniversal PLC. Die intelligente Steuerung sorgt nun zum Beispiel dafür, dass ein akustisches Warnsignal 10 Sekunden vor Anlaufen des Karussells ertönt. Oder eine „Ampel“ über Grün oder Rot signalisiert, ob Mitarbeiter das Kabelkarussell betreten dürfen oder nicht.
Die anfängliche Anforderung an Pilz, die Module des Decksystems transparenter in der Software abzubilden, wurde ergänzt durch eine schnelle Diagnoselösung, die die notwendigen Diagnosefunktionen wie das schnelle Rückmelden, etwa von den Not-Halt-Systemen, einschließt. Fehler können so nun schneller verfolgt und behoben werden.