Automatisiertes Fotomikroskop unterstützt Gesteinsanalytik
18.05.2016 -
In der Öl- und Gasförderung werden Steine auf zahlreiche Merkmale, wie beispielsweise den möglichen Öldurchfluss, geprüft. Mit einem rechnergesteuerten Prüfsystem lassen sich Gesteinsmuster besser verstehen und schneller analysieren. Wichtiger Bestandteil dieses Systems ist ein hochentwickeltes Fotomikroskop.
Conwy Valley Systems aus Nordwales, ein Unternehmen, das 1997 von Dr. Barrie Wells und seinem Partner Mark Gorst gegründet wurde, ist weltweit führender Anbieter von Fotomikroskop-Systemen für die Prüfung, statistische Analyse und Klassifizierung von Gesteinsproben in der Öl- und Gasförderung. Ihr Prüfsystem, das unter dem Handelsnamen PETROG vermarktet wird und allgemein als digitales Petrographiegerät bekannt ist, wird von Nikons Polarisationsmikroskop Eclipse 50iPOL mit Binokulartubus und einem Digitalkamerasystem der „Digital Sight“ Serie ergänzt. Für Analysezwecke überträgt die Digital-Sight-Kamerasteuerung DS-U3 überlappende Bilder der Gesteinsprobe per HighSpeed-FireWire-Schnittstelle an einen Rechner.
Elementare Technologie
Der Technologiezweig Gesteinsprüfung hat so grundlegende Fortschritte gemacht, dass er heutzutage nahezu lebenswichtig für Mineralogen und Geologen, die Fernerkundungsdaten sammeln, geworden ist. Sie nutzen diese Technologie für die Feinabstimmung und das Ground-Truthing (Abgleich der Fernerkundungsdaten gegen die direkt durch Gelände-Erkundung am Boden aufgenommenen Informationen) der Messungen, die sie an Gesteinsstrukturen vorgenommen haben.
Die Struktur von Gesteinsproben, die in Korngrößendaten angegeben wird, lässt in einem quantitativen und neutralen Verfahren, dem sogenannten Point-Counting, ermitteln. Eine dünnwandige Gesteinsprobe wird zu diesem Zweck unter dem Mikroskop betrachtet. Dabei werden so viele Punkte wie möglich auf dem Objektträger erfasst, und es wird genau aufgezeichnet, was an jedem Punkt zu sehen ist. Danach wird eine Beschreibung aller erfassten Informationen zusammengestellt.
Rotierender Objekttisch
Herzstück eines PETROG-Systems ist der kompakte, rotierende, schaltende Objekttisch, der am Nikon Mikroskop angebracht ist. Um statistisch repräsentative Werte zu erhalten, müssen in der Regel 300 bis 500 Punkte einer Gesteinsprobe beschrieben werden – eine sehr umfangreiche Aufgabe. Dabei unterstützt ein automatisiertes Punktezählsystem mit manueller Aufzeichnung der Ergebnisse über Kontrollkästchen. Es bildet die schnellere und präzisere Alternative zur visuellen Mikroskopie. Der Anwender gewinnt ein besseres Verständnis für die Gesteinsprobe, ihre mineralogische Zusammensetzung sowie ihre Kapazität zur Erdölführung und Erdölgewinnung. PETROG zeigt die Ergebnisse fast zeitgleich auf dem Bildschirm an und bietet den zusätzlichen Vorteil, dass alle Fotografien bei Bedarf für spätere Analysen gespeichert werden können.
Aufgeschlossene Probe
Ein weiteres Verfahren zur Prüfung von Gesteinen ist die Analyse der aufgeschlossenen Probe, bei der die Porosität der Probe und somit die Ölmenge, die das Material fassen könnte, analysiert wird. Dieses Verfahren gibt jedoch keinen Aufschluss darüber, wie die Hohlräume innerhalb des Gesteins miteinander verbunden sind und somit auch keine Anhaltspunkte über die Qualität des möglichen Öldurchflusses.
Schaltender Objekttisch
Die Besonderheit des PETROG-Systems beruht auf der Erfindung des schaltenden Objekttisches, der eine automatische Rotation des Polarisationsmikroskopes ermöglicht. Anders als bei herkömmlichen Mikroskopen, bei denen Objektträger und Objekttisch fixiert sind, muss ein Gerät, das für Gesteinsuntersuchungen eingesetzt wird, Lichteinfälle aus verschiedenen Winkeln durch einen Polarisationsfilter betrachten können. Nur so werden die Unterschiede zwischen verschiedenen Elementen, wie beispielsweise Feldspat, Quarz und Ton, erkennbar. Der Objekttisch muss deshalb in bekannten Schritten indexiert werden können. Das System eignet sich gleichermaßen für die Untersuchung von Proben im Auflicht- (mit reflektiertem Licht) und Durchlichtverfahren (Durchleuchtung).
Für Kohlenstoffanalytik geeignet
Ein weiterer Einsatzbereich im Energiesektor ist die Kohlenstoffanalytik, mit der die Qualität von Proben ausgewertet werden kann. Ein Bergbauunternehmen kann auf dieser Grundlage bestimmen, in welchem Mischungsverhältnis sein Produkt verschmolzen werden soll und wo es verkauft werden sollte. Beispielsweise kann ein Stahlhüttenwerk die Informationen über die Mikrostruktur der Kohle nutzen, um zu berechnen, wie lange sie bei Hochofentemperatur brennen wird. Damit kann das Verfahren zur Stahlerzeugung besser kontrolliert und optimiert werden.
Einsatz im Hoch- und Tiefbau
Die Baubranche profitiert ebenfalls von dem PETROG-System, da eine Probe gemischten Betons genauso einfach wie natürliches Gestein analysiert werden kann. Für Conwy Valley Systems erschließt sich damit ein neuer Zielmarkt. Das digitale Petrographiegerät wird bereits in einem staatlichen spanischen Forschungsinstitut eingesetzt, um die Unversehrtheit der öffentlichen Hoch- und Tiefbauten in Spanien, einschließlich kritischer Bauten, wie Dämme, zu überwachen und frühzeitig Hinweise auf Fehler in der Betonstruktur zu erkennen. Außerdem wurde es beispielsweise in Cornwall, Großbritannien genutzt, um Bauträgern dabei zu helfen, den vor Ort hergestellten Beton auf eine spezielle Verunreinigung zu prüfen, die möglicherweise zu Rissbildung hätte führen können. Die sogenannten Mundic Tests (Schwefelkiesprüfungen) waren erforderlich, da Häuser im Südwesten Englands vor 1950 häufig mit Betonsteinen erbaut wurden, die ein Gemenge aus Kupfer- oder Bleihalden enthielten, das wiederum Sulfide enthielt, die oxidieren und den Zerfallsprozess beschleunigen konnten.
Conwy Valley Systems wurde 2011 in der Kategorie „Innovation“ mit dem „The Queen’s Awards for Enterprise“ ausgezeichnet, seine Systeme sind heute in über 40 Ländern weltweit installiert.