30 Jahre AMA: Interview mit Reinhold Rösemann, AMA Fachverband für Sensorik e.V.
07.06.2011 -
Der AMA Fachverband für Sensorik feiert dieses Jahr sein 30-jähriges Jubiläum. Grund genug um nachzufragen, wie seinerzeit alles begann, und was die AMA von anderen Verbänden unterscheidet. messtec drives Automation sprach mit Reinhold Rösemann, Mitglied des Ältestenrates des AMA Fachverbands.
messtec drives Automation: Wie kam es zur Gründung des AMA Fachverband?
R. Rösemann: 1980 war für die Messtechnik und Sensorik eine interessante Zeit. Der Wandel in Richtung elektronischer Messprinzipien war in vollem Gange. Die zu dieser Zeit aktiven deutschen Hersteller und Importeure versuchten ihre Position im deutschen Markt zu festigen. Interessante Messen waren damals die Interkama und die Hannover Messe. Letztere galt als große Industrieschau mit einem enormen Produktspektrum. Die Interkama fokussierte sich auf Messtechnik und Automatisierung und hatte zu der Zeit Erfolge in Düsseldorf. Die etablierten Messen forderten Mindeststandgrößen, was den vielen kleinen Sensorherstellern nicht gerade schmeckte. Weiterhin war es nötig, bei den breiten Produktspektren zu entscheiden, in welchem Fachbereich man seinen Messestand buchen sollte. Wer also Temperatursensoren herstellte, sollte wo seinen Stand buchen? Laboranwendungen, Prozessautomatisierung, Qualitätsprüfung oder, oder ... Die Frage musste beantwortet werden, wie sich ein kleiner Unternehmer mit begrenzter Zahl an Produkten, aber nahezu unendlich vielen Anwendungen für diese Produkte, positionieren sollte. Da diese oder ähnliche Problemstellungen mehrere Unternehmer erkannten, traf man sich, um Lösungen zu erörtern. Erste Schritte zur Gründung einer „Arbeitgemeinschaft für Messwertaufnehmer".
Warum gibt es mit der Sensor+Test eine verbandseigene Messe?
R. Rösemann: Nach offizieller Gründung mit 14 Gründungsmitgliedern wurden die Probleme angegangen. Viele Details - vor allen Dingen Vermarktungsprobleme - wurden diskutiert. Trotz der geringen Mitgliederzahl war jedoch bald der Entschluss gefasst, eine eigene Fachmesse zu gründen. Wechselnde Ausstellungsorte, um nicht an ein Messegelände gebunden zu sein, und starke Konzentration auf die Sensorik sollten u.a. die Lösung sein. Ein zweijähriger Ausstellungsrhythmus wurde gewählt; ein erfolgreicher Messestart konnte erreicht werden. Es dauerte aber nicht sehr lang, bis man sich auf Nürnberg als Veranstaltungsort festlegte.
Wo sind die Unterschiede zu Industrieverbänden wie z. B.. dem ZVEI oder VDMA?
R. Rösemann: Die kleinen Mitgliedsunternehmen hatten andere Probleme als große Industrieunternehmen. Hier mussten mit wenigen Personen Entwicklungs-, Herstellungs- und Vertriebsaufgaben gelöst werden. Wissenstransfer, oder einfacher gesagt gute Kontakte zu Hochschule und Forschung waren sinnvoll. Mitglied konnte werden, wer sich mit der Sensorik und Messtechnik beschäftigte, egal ob als Forschungsinstitut, Entwickler, Hersteller oder Vertriebsunternehmen. Auch die heutigen Zahlen machen dies deutlich. Die rund 460 Mitglieder verteilen sich auf 390 Firmen und 70 Institute. Den Instituten wurde dazu mit dem Wissenschaftsrat ein eigenes Forum innerhalb des Arbeitskreises geboten. Dies führte allerdings dann auch zur Umbenennung in „Fachverband für Sensorik".
Wo sind die Unterschiede zwischen der AMA früher und heute?
R. Rösemann: Es ist klar, dass aufgrund der Umstände zu Zeiten der Gründung der Vertrieb innerhalb der Landesgrenzen eine Hauptaufgabenstellung war. Allgemeine Veränderungen wie das nähere Zusammenrücken der Länder in Europa, aber auch technische Entwicklungen wie der Einsatz von modernen Bauelementen, wie z. B. integrierte Schaltungen und Mikroprozessoren, führten zu mehr Internationalität. Der Vertrieb musste sich diesen Marktverhältnissen anpassen. Die Mitglieder haben dies erkannt und über Wege nachgedacht, wie auch diese Märkte erfolgreich bearbeitet werden können. Die Kongresse, die während der Sensor+Test stattfinden, wurden immer internationaler. Der Anteil ausländischer Aussteller wuchs ebenso. Es musste eine komplett neue Ausrichtung mit wachsendem internationalem Anteil erarbeitet werden. Bereits vor 2000 wurde innerhalb des Verbandes intensiv mit der Evaluierung der ausländischen Märkte begonnen. Erste Gemeinschaftsstände wurden in den USA ausgerichtet. Der startende wirtschaftliche Boom in Asien führte im Jahr 2005 zum ersten AMA Zentrum in Shanghai. Man musste feststellen, dass die kleineren Unternehmen nicht sofort die Chancen im fernen Osten nutzen wollten bzw. die Risiken höher eingeschätzt wurden.
Seit den 80er Jahren entwickelte sich die Branche für Sensor- und Messtechnik schnell zum wichtigsten Innovationsgeber für die fortschrittlichsten Technologien und Anwendungen. Und auch die verbandseigene Sensor+Test gedieh während dieser Zeit zur weltweit erfolgreichsten Messe Sensor- und Messtechnik. Vor diesem Hintergrund verwundert es kaum, dass auch der AMA Fachverband sich über seine Messetätigkeiten hinaus entfaltete, zum nun bedeutendsten Verband und die bedeutendste Interessensvertretung für Institute und Unternehmen der Branche Sensorik und Messtechnik in Deutschland und Europa.
Neben dem Betreiben der Sensor+Test und von drei wissenschaftlichen Kongressen befördert heute der AMA Fachverband für Sensorik aktiv die Vernetzung seiner Mitglieder und ist ein anerkannter Diskussionspartner im politischen Umfeld. Über die ursprünglichen Messeaktivitäten hinaus bietet der Verband heute ein gut frequentiertes Branchenverzeichnis an, versorgt seine Mitglieder mit fundierten Brancheninformationen und mit qualifizierten Bildungsangeboten im Bereich der Hochtechnologien.
Was sind die zukünftigen Ziele der AMA?
R. Rösemann: AMA ist nach wie vor ein Verband, in dem viele Aufgaben ehrenamtlich durch engagierte Personen der Mitgliedsunternehmen geleistet werden. Dies hat viele Vorteile. Der Einzelne erreicht jedoch dadurch leicht das Zeitlimit, das ihm für dieses Engagement zur Verfügung steht. Wir müssen also mehr Unternehmen gewinnen, um mit uns die Leistungsvielfalt des Verbandes zu erhöhen.
In der Kommunikation mit der Branche und Ausweitung unserer Netzwerkfunktionen wird damit eine wichtige Aufgabe für die nahe Zukunft liegen. Aufgaben wie z. B. die Förderung des wissenschaftlich tätigen Personenkreises und bessere Sichtbarmachung des Geleisteten sollen in Angriff genommen werden. Der Vorstand hat sich hier in den letzten Monaten stark engagiert. Aber auch Marketing und Vertriebslösungen unter Berücksichtigung des heutigen Weltmarktes gilt es zu erarbeiten bzw. zu verbessern. Mit der Stärkung der Position unserer Messe Sensor+Test sind wir bereits ein gutes Stück vorwärts gekommen. Die Sensor+Test wird aber auch in Zukunft im Mittelpunkt unserer Anstrengungen liegen.
Was war Ihr persönlicher Höhepunkt?
R. Rösemann: Ich glaube, dass nicht der einzelne Höhepunkt hier das Erfolgserlebnis bringt. Die Verbesserung in mehr oder weniger großen Schritten über einen langen Zeitraum zeigt letztendlich den Erfolg. Meine Tätigkeit im Ältestenrat ist auch mehr, den Vorstand bei seinen Aktivitäten zu unterstützen, und nicht mehr die eigene Leistung in den Vordergrund zu stellen.
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