Automatisierung

„Die Computertomografie erfüllt einen Traum der Messtechniker“

Interview mit Detlef Ferger, Werth Messtechnik

08.09.2021 - Vor einigen Jahren begann der ­Siegeszug der Computertomografie in der dimensionellen Messtechnik. Die messtec drives Automation hat sich mit Detlef ­Ferger, Bereichsleitung Vertrieb und Geschäftsführungsmitglied von Werth Messtechnik, über die ­Vorzüge von CT-Geräten gegenüber konventionellen Koordinaten­messgeräten unterhalten. Für schnelle SPC-Prüfungen haben letztere allerdings nach wie vor die Nase vorn.

Was sind heute die größten Hürden, um ein CT-Gerät in der Qualitätssicherung einzusetzen?

Detlef Ferger: Früher waren Strahlenschutz, hohe Messzeiten, unzureichende Mess­unsicherheiten, großer Platzbedarf und natürlich der Preis Hürden für den Einsatz der Computertomografie. Heute gibt es außer physikalischen Themen, wie zum Beispiel ungeeignete Werkstoffe, kaum noch generelle Einschränkungen. Natürlich muss auch die Röntgen­tomografie entsprechend ihrer Stärken genutzt werden.

Welche Vorteile hat die CT gegenüber einem konventionellen Koordinatenmess­gerät?

In erster Linie liegt der Vorteil in der Fähigkeit, mit einem Mausclick das komplette Werkstück innen und außen innerhalb von Minuten in höchster Präzision zu digitalisieren. Anschließend kann es zum Beispiel mit farbcodierter Abweichungsdarstellung gegen den 3D-CAD-Datensatz verglichen oder die geometrischen Eigenschaften gemessen werden. Insbesondere für viele Prüfmaße ist der Zeitvorteil enorm, etwa bei der Erstbemusterung. Messen auf Knopfdruck war immer der Traum der Messtechniker. 

Und welche Nachteile?

Da die Werkstücke von der Röntgenstrahlung durchdrungen werden müssen, gibt es Einschränkungen hinsichtlich Werkstückgröße und Werkstoff. Aber durch leistungsstarke Technik geht heute sehr viel, was vor zehn Jahren noch undenkbar war. Im Bereich der fertigungsbegleitenden Prozesskontrolle weniger Maße sind konventionelle optische oder Multisensor-Koordinatenmessgeräte oftmals schneller, da das CT-Gerät immer das komplette Werkstück erfasst. Neben Werkstückgröße und Material entscheiden die Art und Größe der zu messenden Strukturen sowie die Anforderungen an Genauigkeit und Geschwindigkeit, ob konventionelle Sensorik oder CT am besten geeignet ist. Zum Glück bieten wir beide Lösungen. 

In welchen Anwendungsfällen kommen CT-Geräte heute vornehmlich zum ­Einsatz?

Aufgrund der guten Durchstrahl­barkeit von Kunststoffen und Leichtmetallen kommen CT-Geräte natürlich in erster Linie in den Industrien zum Einsatz, die diese Werkstoffe verwenden, etwa im Formen- und Werkzeugbau und bei der Messung der entsprechenden Spritzgusswerkstücke. Die Branchen der Anwender sind extrem vielfältig, wie zum Beispiel die Medizintechnik, die Automobilindustrie, die Luft- und Raumfahrt, die Verpackungsindustrie oder der Werkzeug- und Maschinenbau. Ein großer Vorteil der CT ist auch, dass mehrere Werkstücke in Gruppen gemeinsam gemessen werden können und die Messpunktewolken dann in der Mess-Software automatisch getrennt werden. Das schafft Zeitvorteile. Aber auch komplexe, schwer durchstrahlbare Werkstücke aus Hochleistungsstählen, wie zum Beispiel Einspritzdüsen von Pkw-Motoren, werden heute durch intelligente Software-Lösungen mikrometergenau mit unserer CT-Technik geprüft.

Welche Anwendungsbereiche könnte die Computertomografie als Nächstes ­erschließen?

Aufgrund der mittlerweile überschaubaren Investitionssummen für einen CT werden die Geräte in Zukunft sehr viele konventionelle 3D-Koordinatenmessgeräte ersetzen, da sie viele bisher nicht mögliche Aufgaben erledigen können. Diesem Trend tragen wir zum Beispiel mit unseren Tomoscope-XS-Geräten Rechnung, die zum Preis konventioneller 3D-Koordinatenmessgeräte erhältlich sind. Mithilfe leistungsstarker Röntgenquellen und der Möglichkeit zur kompletten Automatisierung können CT-Geräte mittlerweile auch für Inline-Messungen eingesetzt werden. Die weitere Entwicklung geht unter anderem in Richtung noch höherer Auflösung durch Röntgenröhren mit Brennfleckgrößen im Submikrometer-Bereich, die beispiels­weise Messungen von Materialstrukturen oder kleinsten Partikeln mit Größen im einstelligen Mikrometer-Bereich erlauben. 

Im vergangenen Jahr haben Sie das CT-Gerät Tomoscope XS FOV vorgestellt. Was ist das Besondere am neuen Tomoscope XS FOV 500 im Vergleich zu ersterem?

Das Tomoscope XS FOV 500 verfügt über eine höhere Leistung als das erste XS FOV und bietet damit eine höhere Mess­geschwindigkeit sowie mehr Automatisierungsmöglichkeiten für die Messung von Werkstücken bis zu einer Größe von ca. 200 mm­ in Durchmesser und Höhe. Das neue Tomoscope XS FOV 500 ist mit einer wartungsfreien Röntgenröhre im geschlossenen Monoblock-Design ausgestattet. Die Röhrenleistung von 500 W in Kombination mit der Echtzeitrekonstruktion der Messdaten und der On-the-Fly-CT zur Vermeidung der zeitaufwändigen Start-Stopp-Zyklen der Drehachse sorgt für sekundenschnelle Messergebnisse. So erreicht man eine noch effizientere und wirtschaftlichere Qualitätssicherung bei Atline-, Online- oder Inline-Messungen. Das neue Gerät wird mit zwei Jahren Gewährleistung auf die Röntgenröhre ohne Schichtbegrenzung geliefert. 

Was sind die nächsten Schritte von Werth Messtechnik in Sachen Computer­tomografie?

Lassen Sie sich überraschen.

Wie stark beeinflusst der Ausfall der Präsenzmessen Ihr Geschäft?

Zum Glück haben wir viele treue und zufriedene Stammkunden, die auch ohne Messe den Weg zu uns finden. Leider müssen wir im Moment auf die vielen persönlichen Gespräche auf den Messen verzichten, die uns sonst oft Anregungen und Anknüpfungspunkte für neue Projekte in den verschiedenen Branchen gegeben haben. Wir sind jedoch zuversichtlich, den Messebetrieb nach Beruhigung der Pandemielage gegen Jahresende wieder aufnehmen zu können. Bis dahin präsentieren wir unseren Kunden gerne die Produktneuheiten des Jahres 2021 unter Einhaltung der Sicherheits- und Hygieneregeln in unseren Vorführzentren in den wichtigsten Industrieregionen der Welt oder auch gern live in Online-Demonstrationen. Unsere neue Homepage wird ebenfalls in wenigen Wochen online sein, sodass sich interessierte Kunden auch dort informieren können. 

Kontakt

Werth Messtechnik GmbH

Siemensstraße 19
35394 Gießen
Deutschland

+49 641 7938 0
+49 641 7938 719

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