Automatisierung

Fünfzig Jahre Polytec: Eine Erfolgsgeschichte

Ein Pionier startet durch

17.08.2017 -

Als noch niemand ahnte, wozu man Laser einmal gebrauchen könne, machte sich der Physiker Heinz G. Lossau für die Technologie stark. 1967, kurz nachdem das Laserlicht kommerziell genutzt werden konnte, gründete er sein eigenes Unternehmen – Polytec. Heute, 50 Jahre später, hat das Unternehmen mehr als 400 Mitarbeiter und zahlreiche innovative Messlösungen im Portfolio.

Heinz G. Lossau ist ein exzellenter Wissenschaftler. Und Visionär. Er studiert Physik und arbeitet danach viele Jahre im Vertrieb von Instrumenten für Forschung und Entwicklung. Sein Fingerspitzengefühl lassen ihn persönliche und erfolgreiche Geschäftsbeziehungen aufbauen. Diese legen dann auch den Grundstein für den Erfolg seines eigenen Unternehmens, das er 1967 mit seiner Frau, der Diplom-Betriebswirtin Liselotte Lossau, gründet. In einem Wohnhaus in Grünwettersbach bei Karlsruhe startet Lossau mit Polytec als Gesellschaft für Analysen, Mess- und Regeltechnik. 1968 besucht der Physiker die erste Laser-Ausstellung im US-Handelszentrum: Es gelingt ihm, mit Coherent Radiation Laboratories und neun weiteren Herstellern Vertretungsverträge abzuschließen. So präsentiert Lossau auf der Achema, der Ausstellung für Apparatewesen, 1970 die ersten Laser in Deutschland. Damit gelingt ihm der Durchbruch: Viele Wissenschaftler und Entwickler interessieren sich für die Anwendungsmöglichkeiten der Laser. Sie beantragen Finanzmittel, um sie für ihre Forschungsarbeit einzusetzen. Besonders die großen Argon-Ionen-Laser sind begehrt. Polytec liefert 25 dieser Systeme. Per Luftfracht kommen sie in großen Kisten aus Kalifornien und werden bei den Kunden mit Wasserkühlung und Starkstromanschluss installiert.

Das erste, eigene Produkt entsteht

Gut drei Jahre nach der Unternehmensgründung entscheidet sich Lossau, das Geschäftsfeld auszuweiten. Polytec solle nicht als reine Handelsfirma weitergeführt werden, sondern auch eigene Produkte entwickeln und herstellen. Dazu stellt er ein Team von Physikern und Elektronik-Ingenieuren zusammen, stellt Facharbeiter für die Fertigung ein und investiert in Maschinen und Fertigungseinrichtungen. Das erste, eigene Produkt, das hierbei entsteht, ist das Fern-Infrarot-Spektrometer (FIR-30). Es wird für viele Jahre das einzige FIR-Spektrometer auf dem Markt sein. Das Gerät mit Vakuum-Probenkammer und eingebautem Kleincomputer in einem großen Elektronik- Schrank ist ein Fortschritt gegenüber den üblichen Infrarot-Spektrometern.
Mit dem Erfolg des FIR-Spektrometers benötigt Polytec mehr Platz für die eigene Fertigung und für weiteres Wachstum. Und so erwirbt das Unternehmen ein Gelände im Kurort Reichenbach, einem späteren Ortsteil von Waldbronn. Im Dezember 1972 ziehen die 20 Mitarbeiter in ihre neuen Büros und Werkstätten ein.

Neuer Wind fegt durch Polytec

Durch enge Kooperation mit Kunden, Forschungsinstituten und Universitäten werden zahlreiche neue Entwicklungen für Eigenprodukte angestoßen. So entwickelt Polytec in den Jahren 1977 und 1978 Messgeräte zur Analyse von Strömungen. Dazu gehören das Laser-Doppler-Velocimeter und später das Laser-2-Fokus-Velocimeter (L2F). Doch mit 80 Prozent dominieren noch immer die Vertriebsprodukte das Lieferprogramm. Die Geschäftsführung setzt sich diesbezüglich ein ehrgeiziges Ziel: Sie strebt eine 50-zu-50-Gewichtung beider Aktivitäten an. Ein Ziel, an dem das Unternehmen schließlich knappe zehn Jahre arbeitet, um es zu erreichen. Dazu erweitert Polytec sein Sortiment an Helium-Neon-Lasern. So wird eine Reihe hochwertiger HeNe-Laser aus deutscher Fertigung mit hoher Präzision und kurzer Lieferzeit angeboten. Diese speziellen Laser lösen viele Messaufgaben und es besteht großer Bedarf. So benutzt beispielsweise die Automobilindustrie die HeNe-Laser, um Fahrzeugachsen präzise zu vermessen, damit eventuelle Spurfehler zuverlässig aufgespürt und korrigiert werden können.
Am 1. April des Jahres 1990 kommt es bei Polytec zu einer Umstrukturierung. Neben der Familie Lossau gibt es jetzt fünf weitere Gesellschafter. Es werden drei Geschäftsführer ernannt: Dr. Karl Spanner als kaufmännischer Geschäftsführer, Dr. Helmut Selbach für den Bereich Forschung & Entwicklung sowie Dr. Jürgen Weber für Marketing und Vertrieb.

Entwicklung von Laservibrometern

Um Kenntnisse über die Laservibrometrie zu erlangen, belegen Lossau und Selbach einen Kurs an der englischen Universität Kent. Sie sind von den Möglichkeiten dieser Technologie begeistert – und beschließen, die dafür geeigneten Geräte für die optisch berührungslose Messung mechanischer Bewegungen, speziell von Schwingungen, herzustellen: Laservibrometer. Damit Polytec schnell zu Know-how gelangt, sehen sich die Herren nach einem Experten um: Die Wahl fällt auf den Referenten aus Kent. Um den englischen Wissenschaftler zu einem Unternehmen im Schwarzwald zu bewegen, laden Liselotte und Heinz Lossau ihn nach Waldbronn zu einem Besuch ein. Das Vorhaben gelingt: Der Wissenschaftler Andrew C. Lewin arbeitet für Polytec.
Als das Vibrometer schließlich entwickelt ist, wird es zunächst der heimischen Automobilindustrie angeboten. Doch die Branche ist noch nicht bereit für die innovative Messtechnik. Um geeignete Anwendungen und damit auch die richtigen Kunden zu finden, wird das Produkt weltweit bei Forschungseinrichtungen und Firmen vorgestellt. Der entscheidende Hinweis kommt von einem Professor der Universität San Diego in Kalifornien: Ein Vibrometer sei genau das, was in der Festplatten-Entwicklung gesucht werde. Jetzt ist die Stoßrichtung für das Produkt klar – und die Vibrometrie wird an der weiteren erfolgreichen Unternehmensentwicklung von Polytec maßgeblich beteiligt sein.

PSV-3D vermisst Bremsen

Im Jahre 2000 wird Polytec von einem Kunden vor die Herausforderung gestellt, ein PSV (Polytec Scanning Vibrometer) mit drei Messköpfen herzustellen. Nach einer eingehenden Entwicklungsphase wird 2003 die Serienreife erlangt. Das PSV-3D überraschte die amerikanischen Kollegen des Auftraggebers – hatten sie doch ursprünglich ein 3D-Holografie-Gerät für das Vermessen von Bremsen verlangt, da es zu der Zeit Scanning Vibrometer mit drei Messköpfen noch gar nicht gab. Die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen ist die Initialzündung, die das PSV-3D weltweit bekannt macht. Inzwischen nutzen viele Automobilhersteller und Zulieferer das Gerät, um Quietschgeräusche bei Bremsen zu orten und zu eliminieren. Mittlerweile hat sich das PSV-3D für eine Vielzahl weiterer Anwendungen etabliert.

Umbrüche in der Firma

Im Jahr 2000 wird eine Unternehmensberatung beauftragt, Polytec für eine erfolgreiche Weiterentwicklung neu zu strukturieren. Durch die Intensivierung des internationalen Geschäfts erhält Polytec einen Wachstumsschub, in dessen Folge auch die Mitarbeiterzahl stark wächst. So gibt die Unternehmensberatung Anstöße zur Implementierung von Strukturen und Prozessen, die das Wachstum beschleunigen.
Am 12. Dezember 2005 stirbt Firmengründer Heinz G. Lossau im Alter von 82 Jahren. Polytec verliert mit ihm einen herausragenden Pionier der Lasertechnik, der die Entwicklung dieser Technologie weltweit vorangetrieben hat. Seine Ehefrau und die Geschäftsführer werden mit den über 350 Mitarbeitern seine Visionen von innovativen Technologien und Produkten weiterführen.

Zukunftsfähige Ausrichtung

2007 verschiebt sich schließlich der Unternehmensschwerpunkt. Der Erfolg der Polytec-Entwicklungen macht sich immer mehr beim Umsatz bemerkbar. Das Verhältnis verschiebt sich mit 75 Prozent zugunsten der Eigenprodukte. Vom Erfolg beflügelt eröffnet Polytec 2008 das RoboVib-Test-Center – eine vollautomatisierte Messstation zur Schwingungsanalyse in allen Raumrichtungen. Der Eröffnung ist eine intensive Entwicklungsphase vorangegangen, zusammen mit Kuka und dem Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung. In einer Kombination aus 3D-Scanning-Vibrometer und Industrieroboter lassen sich komplexe Komponenten bis hin zu gesamten Fahrzeugkarosserien über Nacht vermessen. Ein Konzept, das einen japanischen Automobilhersteller überzeugt: Er bestellt die neue RoboVib-Structural-Test-Station. Das Umsatzvolumen dieses Auftrags ist hoch, er bedeutet den bis dahin größten Auftrag der Firmengeschichte. Für RoboVib ist Polytec 2009 für den Innovationspreis der Deutschen Wirtschaft nominiert.
Die Wirtschaftskrise 2009 durchkreuzt Polytecs Pläne kaum. Zwar werden einige Investitionen aufgeschoben, doch Mitarbeiter keine entlassen. Bereits 2010 zieht der Umsatz wieder an. So wird die geplante Erweiterung doch gebaut. 2012 ist es weit: Der Neubau wird eingeweiht – damit vergrößert sich die Nutzfläche von 6.000 auf 14.000 Quadratmeter auf mehr als das Doppelte. Damit nicht genug. 2016 kauft Polytec das Nachbargrundstück: Ein wichtiges Zeichen an alle Mitarbeiter, dass es mit dem Unternehmen weiter aufwärts geht.

Kontakt

Polytec GmbH

Polytec-Platz 1-7
76337 Waldbronn
Deutschland

+49 7243 604 0
+49 7243 69944

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