Laservibrometersystem mit flexiblen Messköpfen für vielfältige Messaufgaben
06.06.2019 -
Das Herz pumpt, Flügel vibrieren, Laute werden erzeugt und empfangen – das Leben ist ohne Schwingungen kaum denkbar. Um in Natur und Technik die Vielfalt dynamischer und akustischer Phänomene rückwirkungsfrei zu untersuchen, nutzt die Laservibrometrie den Doppler-Effekt zur optischen Schwingungsmessung.
Als Doppler-Effekt bezeichnet man die Veränderung von Frequenz und Wellenlänge von Licht, die bei einer Relativbewegung zwischen Lichtquelle und Empfänger auftritt. Bei der Laservibrometrie ist dieser Effekt gleich zweimal zu beobachten, sowohl beim ausgesendeten Laserstrahl, der auf ein schwingendes Objekt trifft, als auch bei der rückgestreuten Laserwelle, die dann im Messgerät hochpräzise mit der ursprünglichen Welle (Referenzlicht) verglichen wird. Bestens bekannt ist das zugrunde liegende Phänomen aus der Alltagsakustik, beispielsweise von vorbeifahrenden Einsatzwagen von Polizei oder Rettungsdienst. Die Tonhöhe des Martinshorns verrät, mit welcher Geschwindigkeit sich das Fahrzeug nähert oder entfernt, denn die Änderung der Tonhöhe, sprich die Frequenzänderung der Schallwelle, ist direkt proportional zur Relativgeschwindigkeit von Schallquelle und Empfänger. Diese Frequenzverschiebung der Welle, auch Doppler-Frequenz genannt, macht sich die Laservibrometrie zunutze, um berührungslos Objekte auf Schwingung, Akustik und Dynamik zu untersuchen.
Das optimale dynamische Verhalten
Das optimale dynamische Verhalten ist der Schlüssel für die Qualität, Funktionalität oder Langlebigkeit neuer, technischer Systeme. Zur effizienten Charakterisierung des Schwingverhaltens werden deshalb in der industriellen Forschung und Entwicklung Vibrometer von Polytec eingesetzt. Die Größe des Objekts spielt dabei keine Rolle, ebenso wenig wie seine Oberflächenbeschaffenheit. Die Bandbreite reicht von Flugzeugteilen, Autokarosserien, Antriebssystemen über Feinmechanik, Medizin- und Ultraschalltechnik bis hin zu Mikrosystemen. Die Herausforderungen sind dabei vielseitig: Vibrometer meistern Messungen auf glühend heißen Objekten, prüfen zuverlässig die Qualität im Takt der Produktionslinie oder untersuchen mit hoher Messempfindlichkeit komplexe und filigrane Strukturen.
Neue Laservibrometer
Mit dem neuen VibroFlex bietet Polytec nun ein flexibles, vielseitiges und leistungsfähiges Laservibrometersystem, das sich für viele schwingungsmesstechnische Fragestellung in F&E und industrieller Produktion eignet. Die flexiblen Messköpfe werden mit anwendungsspezifischem Zubehör zu Spezialisten: wechselbare Long- oder Short-Range-Objektive, faseroptische Sonden sowie Kompaktmessköpfe mit integrierter HD-Kamera und Mikroskop-Objektive mit Beleuchtung. Damit können Schwingungen auf Mikrosensoren genauso gemessen werden wie auf makroskopischen industriellen Prüflingen. VibroFlex detektiert in einem Messsystem sowohl kleine Schwingungsamplituden im Subpikometer-Bereich, als auch hochdynamische, transiente Prozesse mit bis zu 30 m/s schnellen Bewegungen. Die Frequenzbandbreite umfasst einen Bereich von quasi-statischen Zuständen bis hin zu Bewegungen mit einer Schwingfrequenz von 24 MHz.
Kern des neuen Schwingungsmesssystems ist das Front-End VibroFlex Connect, das mit allen VibroFlex-Messköpfen kompatibel ist. Neben dem Geschwindigkeitssignal sind zusätzlich ein Weg- oder Beschleunigungsausgang und vielfältige Optionen bei Frequenzbandbreite, Messbereichen und Filtern verfügbar. Diese erlauben die individuelle Anpassung an die messtechnischen Anforderungen des Anwenders. Das Trackingfilter gewährleistet verlässliche Messergebnisse selbst unter herausfordernden Bedingungen wie an öligen, nassen, glänzenden oder dunklen Oberflächen. Mit dem großen 7-Zoll-Farb-Touchscreen kann das Gerät einfach bedient werden. Die Bedienung aus der Ferne von einem Computer, Tablet oder anderen Endgerät aus ist ebenso möglich und gibt dem Anwender Freiraum bei der Gestaltung des Messaufbaus, beispielsweise bei der Integration in Prüfstände, die während der Messung nicht mehr zugänglich sind. Mit der VibroLink-Digitalschnittstelle werden Messdaten zur Analyse direkt auf den Computer übertragen – ganz ohne herkömmliche analoge Datenerfassungs-Hardware.
Messaufgabe entscheidet über Messkopf
Durch die Wahl des Messkopfs kann der Anwender sein VibroFlex-Vibrometersystem optimal an die jeweilige Messaufgabe anpassen. Neben den Labormessköpfen VibroFlex Neo und VibroFlex Xtra mit Autofokus, die auch bei größerem Messabstand eine gute Signalqualität bieten, sind die fasergekoppelten Messköpfe VibroFlex Compact und VibroFlex Fiber besonders geeignet für beengte Verhältnisse und Spezialaufgaben, etwa die Messung der Relativbewegung zweier Punkte.
Der robuste Messkopf VibroFlex Neo erfüllt anspruchsvolle Messaufgaben bis ± 12 m/s zuverlässig, auch für Messungen bei durchsichtigen Medien, wie beispielsweise Messungen durch Wasser oder Glas bei Klimakammertests. Mit seiner handlichen Größe und hohen Signalqualität, den wechselbaren Objektiven sowie der integrierten Auto- und Remotefokusfunktion hat er ein vielseitiges Einsatzspektrum – sowohl im Labor als auch in der Qualitätskontrolle in der Produktion.
VibroFlex Xtra ermittelt hochaufgelöste Schwingungsmessdaten von jeder Oberfläche – selbst für hohe Geschwindigkeiten bis ± 30 m/s und auf dunklen, biologischen, rotierenden oder bewegten Messobjekten, bei denen relativ wenig Licht in den Sensor zurückgestreut wird. Die Xtra-Lasertechnologie ist speziell für anspruchsvolle Messaufgaben geeignet, von zerstörungsfreier Prüfung und Schwingwegmessungen aus größerem Abstand über quasi-statischen Wegmessungen bis hin zur Regelung von Shakern.
Zwei Anwendungsbeispiele
VibroFlex Compact ist dank seines platzsparenden Designs leicht zu positionieren und löst Messaufgaben auch bei beengten Platzverhältnissen, beispielsweise in Produktionsanlagen. Mit der optionalen HD-Kamera behält der Anwender das Ziel im Blick und kann den Messpunkt auch auf filigranen Objekten wie feinen elektronischen Bauelementen präzise positionieren. In Verbindung mit einem Mikroskop-Objektiv und der zugehörigen Beleuchtungseinheit können so auch feine Strukturen oder Mikrosysteme mit dem 1,5 µm kleinem Lasermesspunkt geprüft werden (siehe Abbildung).
Der Fasermesskopf VibroFlex Fiber gelangt mit seinen nur 10 mm großen Mini-Faserköpfen an schwer zugängliche Messstellen, zum Beispiel für Messungen während Umwelttests in Klimakammern. Mit seiner differentiellen Faseroptik misst er phasentreu und hochpräzise auch Relativbewegungen, etwa an Fügestellen. Zudem ermöglicht er die Kompensation von Umgebungseinflüssen, beispielsweise bei der Messung des Ventilhubs, indem nur die tatsächliche Relativbewegung des Ventils zum ebenfalls schwingenden Zylinderkopf ermittelt wird.
Zusammenfassung
Ob Nano oder Makro – als modulares Vibrometersystem passt sich das VibroFlex den verschiedenen Messaufgaben an kleinen bis großen Prüflingen und den spezifischen Anforderungen in der Forschung und Entwicklung an und analysiert Schwingungen, Akustik und Dynamik präzise und berührungsfrei.