Phoenix Contact: Integration von ReSyNet1F in vorhandene SEAB-F1-SysteSukzessive Modernisierung mithilfe neuer Steuerungstechnik
12.08.2014 -
Industrielle Anlagen sind auf eine lange Nutzungsdauer ausgelegt. Doch was, wenn bei Ausfall einer Komponente keine Ersatzteile mehr verfügbar sind? Die Installation eines komplett neuen Systems verlangt nach einem entsprechend hohen Budget. Eine Alternative stellt da die sukzessive Modernisierung dar.
Umso älter eine Anlage ist, desto schwieriger ist auch die Versorgung mit Ersatzteilen. Dies liegt unter anderem daran, dass sich die Herstellung und das Vorhalten solcher Komponenten bei sinkenden Einsatzzahlen aus wirtschaftlichen Gründen nicht lohnen oder der jeweilige Hersteller vom Markt verschwunden ist. Als Beispiel sei AEG genannt. Das 1883 als Deutsche Edison-Gesellschaft für angewandte Elektrizität in Berlin gegründete Unternehmen wurde 1996 durch die Fusion mit Daimler-Benz aufgelöst. Dennoch sind in zahlreichen industriellen Kläranlagen und anderen Applikationen noch AEG-Komponenten zu finden. Da sich kein Ersatzteilmarkt gebildet hat, kann die Reparatur einer älteren Kläranlage hohe Kosten verursachen. Vor diesem Hintergrund muss der Betreiber nach Alternativen suchen, um sein System weiterhin funktionsfähig zu halten. Gleichzeitig dürfen die laufenden Prozesse nicht unterbrochen werden.
Eine Möglichkeit ist die Anschaffung einer vollständig neuen Lösung. Allerdings sind die Mitarbeiter des Leitstands auf das bestehende System geschult und können im Störungsfall schnell reagieren. Abgesehen von einer kompletten Neuanschaffung, die häufig aufgrund der finanziellen Rahmenbedingungen nicht realisierbar ist, lassen sich industrielle Kläranlagen nicht für einen längeren Zeitraum außer Betrieb setzen. Je nach Budget können jedoch frühzeitig unterschiedliche Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt werden.
Über die Jahre haben sich die für die Lauffähigkeit einer industriellen Kläranlage notwendigen Kommunikationsprotokolle gewandelt. Bestehende Komponenten können allerdings nicht einfach durch neue Geräte ersetzt werden, wenn diese das bisherige Protokoll nicht unterstützen. Das bedeutet, dass die neue Steuerungstechnik sowohl den vorhandenen als auch den neue Übertragungsstandard bieten muss. AEG-Steuerungen nutzen beispielsweise das zeitkritische SEAB-1F-Protokoll zur Weiterleitung der Daten. Die Bezeichnung steht dabei für Serieller Anlagenbus für die Fernwirktechnik.
Integration moderner Steuerungstechnik in existierende SEAB-1F-Systeme
Bei SEAB-1F fragt das Leitsystem nacheinander jeden Teilnehmer ab, um eine Änderung der anliegenden Messwerte und Meldungen zu erhalten sowie Befehle oder Sollwerte an die Außenstationen zu senden. Das Protokoll ist dadurch charakterisiert, dass es keine Anfangs- und Endkennung verwendet, wie dies bei aktuellen Kommunikationsstandards der Fall ist. Das Leitsystem erfragt die Daten von einer Außenstation, die innerhalb eines festen Zeitraums antworten muss. Trifft die Antwort nur wenige Millisekunden zu früh oder zu spät ein, gilt die Außenstation als gestört. Anschließend werden alle restlichen Gewerke abgefragt, bis die gestörte Außenstation wieder antworten kann.
Mit der Funktionsbaustein-Bibliothek ReSyNet1F von Phoenix Contact lässt sich moderne Steuerungstechnik in existierende SEAB-1F-Systeme integrieren. ReSyNet1F ist Bestandteil des Fernwirksystems Resy+. Auf Basis dieser Lösung kann der Betreiber seine Kläranlage mit geringem Aufwand modernisieren, indem die defekte SPS durch eine Kleinsteuerung der 100er Leistungsklasse aus der Inline-Produktfamilie ersetzt wird. Je nach Applikationsanforderung erweitert der Anwender den ILC 1xx dann um I/O-Baugruppen und das Kommunikationsmodul IB IL RS Uni. Die Spannungsversorgung übernimmt ein Netzteil aus der Quint-Serie, das aufgrund der eingebauten SFB-Technologie für eine hohe Anlagenverfügbarkeit sorgt. Eine präventive Funktionsüberwachung visualisiert kritische Betriebszustände und meldet sie der Steuerung, bevor Fehler auftreten. Die vorhandenen Modems sind weiterhin nutzbar; sie werden lediglich mit dem Inline-Kommunikationsmodul verbunden. Mit der Retrofit-Maßnahme wird zudem Platz im Schaltschrank eingespart. Durch die Funktionsbaustein-Bibliothek ReSyNet1F lassen sich die Funktionen der AEG-Steuerung gemäß der aktuellen Norm IEC 61131-5 umsetzen. Da die verschiedenen Protokoll-Bibliotheken stets nach dem gleichen Look-and-Feel aufgebaut sind, muss der Integrator über keinerlei SEAB-1F-Kenntnisse verfügen. Auch für den Mitarbeiter im Leitstand ändert sich nichts.
Applikation flexibel an geänderte Bedingungen anpassen
Neben der weiteren Verwendung des bestehenden Systems bietet der Austausch defekter Anlagenteile durch eine Lösung von Phoenix Contact drei Vorteile: Anlagenverfügbarkeit, Erweiterbarkeit und Flexibilität. Das modulare Inline-System stellt in industriellen Kläranlagen eine hohe Anlagenverfügbarkeit sicher. So lässt sich beispielsweise eine Außenstation einfach um ein GPRS-Modem erweitern, das Alarmmeldungen per SMS oder E-Mail an das Service-Personal senden kann. Zudem können weitere I/O-Daten aufgenommen werden, indem der Betreiber entsprechende Inline-Module an die Kleinsteuerung anreiht. Das System passt sich also flexibel geänderten Rahmenbedingungen an. Ferner ist eine sukzessive Modernisierung gemäß des verfügbaren Budgets möglich, bis nur noch das Leitsystem abgelöst werden muss.
In Kombination mit der Funktionsbaustein-Bibliothek des Resy+-Systems unterstützen die Steuerungen von Phoenix Contact nahezu jedes Protokoll. Die neu eingebaute Technik erlaubt somit den flexiblen Wechsel auf verschiedene moderne Kommunikationsstandards. Sobald der Betreiber dann in ein neues Leitsystem investiert hat, wird statt ReSyNet1F eine andere Resy+-Bibliothek genutzt und so auf das neue Protokoll umgesattelt. Ein Umbau der Außenstationen ist nicht mehr notwendig. Wird SEAB-1F gegen eine auf der IEC 60870-5-104 basierende Lösung ausgetauscht, können die vorhandenen Übertragungswege verwendet werden. Lediglich die FKS-Modems sind durch industrielle SHDSL-Standleitungsmodems zu erneuern. Auf diese Weise kann der Betreiber die Kläranlage über einen geplanten Zeitraum mit dem jeweils verfügbaren Budget komplett modernisieren.
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