Gossen Metrawatt legt sein Prüfgerät Secutest neu auf
20.11.2013 -
Elektrische Geräte müssen geprüft werden. Wie genau, das besagen die entsprechenden Normen. Nur ändern sich diese mit den Jahren, und mit ihnen die Mess-größen. Aus diesem Grund legt Gossen Metrawatt sein Prüfgerät Secutest neu auf. Dieter Feulner, Produktmanager Prüfgeräte für elektrische Geräte, berichtet, was sich geändert hat.
Das neue Modell, der Secutest 4.0, löst jetzt die Vorgänger-Version S2N+ ab. Worin bestehen die wesentlichen Neuerungen?
D. Feulner: Das neue Prüfgerät ist wesentlich robuster, da wir auf ein kompaktes Gehäuse mit integriertem Gummischutz setzen. Der Anwender kann das Gerät auch ein-mal fallen lassen, ohne dass beispielsweise der Griff abbricht. Zudem berücksichtigen wir neue Messgrößen, die in Zukunft immer wichtiger werden: So haben wir das Frequenzband der Ableitströme stark erweitert und erfassen DC-Ableitströme. Des Weite-ren dokumentiert der Secutest nicht mehr nur die Kernparameter, sondern viele Neben-Parameter, wie die Höhe der Prüfspannung oder die Prüfstromstärke.
Weshalb ist das erweiterte Frequenzband so entscheidend?
D. Feulner: Die Prüflinge werden heute nicht mehr nur mit 50 oder 60 Hertz betrieben, sondern häufig mit Wechselrichtern oder Frequenzumrichtern, was die Ableitstrommessung sehr komplex macht. Dadurch treten jetzt Frequenzen bis in den Megahertz-Bereich auf. Diese hochfrequenten Ableitströme können den Menschen gefährden, sie verursachen beispielsweise Verbrennungen. Um dies auszuschließen, muss ein weites Frequenzband erfasst werden.
Welches Frequenzband erfasst der Secutest denn?
D. Feulner: Wir erfassen ein Frequenzband von DC bis zu einem Megahertz.
Und weshalb brauche ich die DC-Ableitströme?
D. Feulner: Die Prüfgeräte werden mit 50 oder 60Hertz versorgt, das heißt es entste-hen AC-Ableitströme mit 50 oder 60Hz. Werden nun aber Frequenzumrichter oder Ein-weggleichrichter eingesetzt, können auf der Sekundär- beziehungsweise der gleichgerichteten Seite DC-Ableitströme entstehen. Diese sind fatal: Zum Beispiel reicht ein DC-Ableitstrom von 6 Milliampere, um einen Fehlerstrom-Schutzschalter in einer Anlage wirkungslos werden zu lassen. Im ersten Fehlerfall (bei einem Schutzleiterbruch) fließt der Ableitstrom dann direkt durch den Menschen wenn man das Gerät anfasst.
Welche Schnittstellen weist der Secutest denn auf?
D. Feulner: Wir haben USB-Schnittstellen integriert - zwei verschiedene Typen: USB A und USB B. Die USB-A-Schnittstelle benötigt man, um Drucker, Barcode-, RFID-Leser oder andere Eingabemedien anzuschließen, Typ B überträgt Daten vom Secutest zum PC. Vom Typ A haben wir zwei Schnittstellen eingebaut, sodass man ein Ein- und Ausgabegerät gleichzeitig anschließen kann.
Bei der Produktvorstellung haben Sie sich auch bei Ihren Kunden für deren Input bedankt. Welche Vorschläge haben Sie hier konkret umgesetzt?
D. Feulner: Das bereits erwähnte, kompakte Gehäuse war beispielsweise ein solcher Wunsch. Denn viele unserer Kunden sind Unternehmen mit großen Service-Abteilungen. Deren Techniker ziehen meist mit einem ganzen Repertoire an Geräten los, die brauchen natürlich möglichst kleine Geräte. Ein anderer Wunsch war, einzelne Messungen oder ganze Messreihen speichern zu können, vor allem wenn die Prüfvorgänge komplexer werden. Ein Beispiel sind Röntgenanlagen: Es gibt nicht nur eine, sondern z.B. zwanzig Schutzleiterverbindungen - man muss demzufolge zwanzig Mal messen. Hier haben wir jetzt Multimessungen implementiert, der Anwender kann jetzt also einzelne Messungen als Messreihe speichern. Zudem wurde ein Datenaustausch vom Gerät zum PC gewünscht. In der Vergangenheit hatten wir ASCII-Schnittstellen, die heute für SAP-Anwendungen nicht mehr tragbar sind. Deshalb mussten wir Schnittstellen schaffen, um den Datenaustausch im XML-Format anzubieten.
Mittels Zweifach-Schalter lässt sich das Prüfgerät bedienen. Basiert dieses Bedien-Konzept auch auf Kundenwunsch?
D. Feulner: Der Drehschalter war nur indirekt ein Kundenwunsch: Er bestand darin, dass man einzelne Messungen schnell mit einem Griff anwählen, gleichzeitig aber auch automatische Prüfabläufe starten kann. Die Prüflinge werden ja nach Normen geprüft, die unterschiedliche Prüfabläufe vorschreiben; sie unterscheiden sich hinsichtlich der einzelnen Schritte und der zulässigen Grenzwerte. Diese vorgegebenen Prüfabläufe sollten schnell anzuwählen sein. Da kam uns dann die Idee: Wir verwenden einen Drehschalter, der in der einen Ebene Einzelmessungen vornimmt, und in der zweiten, der gespiegelten Ebene, die automatischen Abläufe abdeckt.
Wann haben Sie mit der Entwicklung des neuen Secutests begonnen?
D. Feulner: Das war eigentlich eine fortlaufende Entwicklung. Das letzte Modell haben wir 1993 auf den Markt gebracht und dieses dann ständig weiterentwickelt. Da die Bauteile für diese Version jedoch immer schwerer zu beschaffen und die Kundenwünsche schon nicht mehr erfüllbar waren, haben wir vor ungefähr vier Jahren angefangen zu recherchieren, was die neue Generation aufweisen müsste. Konkret mit der Hard- und Software-Entwicklung haben wir vor circa zwei Jahren begonnen.
Haben sich Messungen durch neue Normen geändert?
D. Feulner: Ja, zum Beispiel für die mobilen Personenschutzschalter, die „PRCDs", ist jetzt eine Zeitmessung notwendig: Es muss erfasst werden, ob der Schalter in der zulässigen Zeit auslöst. Das war mit den alten Secutest-Modellen nicht möglich.
Der Secutest umschreibt ja eine ganze Geräte-Familie. Sie haben heute das Basis-Modell vorgestellt. Wie sieht es mit den anderen Modellen aus?
D. Feulner: Die Basis-Modelle ermöglichen die Standard Prüfungen der elektrischen Sicherheit, die im Rahmen der Unfallverhütungsvorschriften und des Medizinproduktegesetztes gefordert sind - also Prüfungen, an elektrischen Geräten aller Art. Zusätzlich bieten wir erweiterte Modelle speziell für die Medizinbranche an. Diese verfügen zum Beispiel über zusätzliche Eingänge, um auch die Patientenableitströme zu erfassen: Beim EKG werden beispielsweise bis zu zehn verschiedene Sonden gemessen. Dann haben wir ein Modell für Produktion, wo unter anderem Hochspannungsprüfungen notwendig sind. Dort geht die Prüfstromstärke auf 25 Ampere hoch. Die Basismodelle führen wir jetzt ein, die anderen Modelle werden in den nächsten Jahren ersetzt.
Die anderen Modelle sollen dann über ein Touch-Display verfügen?
D. Feulner: Ja, wir denken über ein Touch-Display nach. Da sind wir noch hin- und hergerissen. Je jünger die Entwickler sind, desto eher geht es in Richtung Touch, während die erfahrenen Anwender eher für den Drehschalter sind. Die Haptik des Drehschalters ist doch anders als bei einem Touch-Screen. Wir haben ein Modell im Programm, den Secustar, der arbeitet nur mit Touch. Bei ihm sind die Reaktionen sehr zwiespältig, es gibt wirklich zwei Lager: Touch- und Drehschalterfans.
Was hat Ihnen bei der Entwicklung am meisten Kopfzerbrechen bereitet?
D. Feulner: Zum einen war der Frequenzgang im Megahertz-Bereich eine echte Her-ausforderung. Zum anderen die Empfindlichkeit, die im Medizinbereich gefordert wird. Hier sollen bei einem Nutzstrom von 16 Ampere Ableitströme im Mikroampere-Bereich sicher detektiert werden.
Gibt es eine Funktion auf die Sie besonders stolz sind?
D. Feulner: Ja, aus dem Medizinbereich: Wenn eine Krankenschwester oder ein Arzt aus Versehen eine der EKG-Sonden falsch anschließt und dadurch Spannung anliegt, darf dem Patient nichts passieren. Das hat man bisher immer mit einem sogenannten „Ersatzpatienten" und einer Ableitstrommessung gemacht, aber viele der Kunden wollten das mit echter Netzspannung prüfen. Diese Messung haben wir jetzt bereits im Basismodell des Secutest integriert.
Gab es schon erste Reaktionen vom Markt?
D. Feulner: Wir haben einigen unseren Kunden das Produkt bereits im Vorfeld gezeigt, die Reaktionen waren durchwegs positiv. Vor allem die Robustheit wird von vielen geschätzt, und natürlich die Mehrfachmessung.
Ist das Gerät bereits erhältlich?
D. Feulner: Ja die Serienfreigabe ist erteilt und wir haben mit der Auslieferung der ersten Geräte begonnen.
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