Sanftanlasser starten Großantriebe ohne Spannungsprobleme
21.10.2013 -
Erdöl wird über weite Entfernungen transportiert - häufig mit Pipelines. Diese benötigen allerdings in regelmäßigen
Abständen Pumpstationen, die den Druck immer wieder erhöhen. Damit diese Stationen auch ohne Spannungsprobleme starten können, setzt ein Betreiber in Saudi-Arabien auf Sanftanlasser.
Das Thermometer klettert auf 50 Grad. Die Luft ist staubtrocken. Mitten im Nichts, in der Wüste Saudi-Arabiens, sind nur die Geräusche der Ölpumpstation zu hören. Sie ist eine von sechs Stationen entlang einer Öl-Pipeline, die das schwarze Gold von der Ostküste Saudi-Arabiens an die Westküste befördert. Die Ölfelder des Landes befinden sich mehrheitlich an der Ostküste. Schiffe aus Europa mussten bislang den Weg durch den Suezkanal und um die arabische Halbinsel herum nehmen, um die Ölhäfen an der Ostküste zu erreichen. Dank der Pipeline können die Tanker nun direkt nach der Durchquerung des Suezkanals anlegen und betankt werden. Das spart Zeit und Geld.
Druckschläge verhindern
Die Pipeline wird von Aramco betrieben, dem staatlichen Ölkonzern Saudi-Arabiens. Doch Aramco hat ein Problem. Beim Startvorgang der Antriebe in den Pumpstationen entlang der Pipeline kam es immer wieder zu Spannungsproblemen. Zudem traten mechanische Probleme in Form von Druckschlägen auf - ein typisches Problem bei Pumpenapplikationen. Aus diesem Grund entschloss sich der Anlagenbetreiber, in die Druckerhöhungsanlage einer der sechs Pumpenstationen Sanftanlasser einzubauen. Aramco entschied sich hier für Igel Electric, einem Unternehmen aus dem westfälischen Sendenhorst. Doch bevor sich Igel an die Auslegung der vier 10-MW-Sanftanlasser machte, musste das Unternehmen ein Audit durchlaufen, denn nur von Aramco zugelassene Hersteller werden beauftragt. Beim Audit wurden nicht nur die Produkte an sich, sondern auch die Produktion unter die Lupe genommen.
Das Aramco-Projekt gibt Einblick in die Anforderungen, die beim Einsatz von Großantrieben auf Industrieanlagen zukommen: Zum einen benötigen die vier 10-MW-Pumpen hohe Energiereserven, zum anderen muss das Schaltschrankkonzept so gewählt werden, dass auch die entsprechend hohen Kurzschlussströme handhabbar sind. Eine der Spezifikationen im Aramco-Projekt war die Störlichtbogenfestigkeit von 40 kA.
SPS als Steuer-, Kontroll- und Schutzeinheit
Igel Electric hat die gesamte Koordination zwischen übergeordneter Leittechnik und dem Antrieb übernommen. Das beinhaltete unter anderem eine SPS-Funktionalität im Schaltschrank, die sowohl Steuer- und Kontroll- als auch Schutzfunktionen übernimmt. Im Rahmen der Projektierung wurde der Startvorgang berechnet und simuliert. Auf Grundlage dieser Kalkulation wurden dann die einzelnen Anlagenteile ausgelegt. Igel übernimmt hier die Garantie für die berechneten Werte und den reibungslosen Betrieb der einzelnen Anlagenteile.
In Deutschland wurden die Sanftanlasser für den Einsatz in der Druckerhöhungsanlage gebaut und - noch im Werk - von Aramco abgenommen. Danach folgten weitere Tests in Saudi-Arabien, für deren Durchführung Igel entsprechende Unternehmen aus dem Land beauftragte. In Koordination mit der Gesamtanlage wurden dann die Sanftanlasser in der Ölpumpstation installiert und in Betrieb genommen.
Nicht nur aus antriebstechnischer Sicht war das Aramco-Projekt eine Herausforderung. Die Installation und Inbetriebnahme verlangte auch den Mitarbeitern vor Ort einiges ab. Die Ölpumpstation befindet sich 300 Kilometer nördlich der saudi-arabischen Hauptstadt Riad, mitten in der Wüste. Abgesehen von den klimatischen Bedingungen mussten sich die Arbeiter mit wenig Komfort zufrieden geben. Um die Pumpstation herum gibt es keine Stadt, keine Siedlung, sodass ein Containerdorf für den Zeitraum des Einbaus der Sanftanlasser und der übrigen Anlagenteile errichtet wurde.
Die weiteren fünf Stationen
Der Einbau der vier Sanftanlasser samt zugehöriger Schalttechnik wurde inzwischen beendet. Aramco prüft nun, ob auch die übrigen fünf Ölpumpstationen mit Sanftanlassern ausgestattet werden sollen. Igel Electric konnte im Rahmen des Projekts zeigen, dass mit Hilfe der Sanftanlasser-Technologie Großantriebe in einer Industrieanlage betrieben werden können. Mit der Sanftanlasser-Produktpalette, die von 4 kW und 220 VAC bis 40 MW bei 15 kV reicht, kann das Unternehmen elektrische Antriebslösungen für viele Industrieanlagen anbieten.
Projektierung von Anlage mit Großantrieben
Die meisten Großantriebe werden heute für Verdichter-Lösungen eingesetzt: Dazu zählen Öl und Gas oder der chemische Anlagenbau. Jedoch zeichnet sich auch in anderen Industriezweigen ein Trend zu Antrieben mit Leistungen über 10 MW ab, beispielsweise im Schiffsbau oder der holzverarbeitenden Industrie. Bei der Konzeption einer Industrieanlage wird der Antrieb als größter elektrischer Verbraucher normalerweise isoliert betrachtet. Die Ausrüstung einer Anlage mit einem Großantrieb bedingt jedoch eine ganzheitliche Herangehensweise, da sich der Großantrieb auf sämtliche Komponenten der Anlage auswirkt. Im Regelfall besteht eine Anlage aus vielen, kleinen, elektrischen Verbrauchern, deren maximale Leistung in Bezug auf erhöhte Start-Ströme gering ausfällt - im Vergleich zu einem Großantrieb. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass von sämtlichen Verbrauchern einer Anlage zur gleichen Zeit die maximale Leistung abverlangt wird. Wird die Anlage jedoch mit einem Großantrieb ausgerüstet, besteht die Gefahr einer Überlastung der übrigen Verbraucher, denn für den Start eines Motors mit einer Leistung von 10 MW oder mehr ist das Vielfache des Nennstromes notwendig. Dementsprechend müssen die Anlagenkomponenten aufeinander abgestimmt sein.
Der Einsatz eines Großantriebes stellt so manchen Anlagenbetreiber vor Probleme, da es häufig an Erfahrungen mit derlei Antrieben fehlt. Die Risiken eines Ausfalls der Anlage können jedoch mit einer zentralen Koordination bei der Projektierung, der Installation und der Inbetriebnahme eliminiert werden. Dabei ist der Einsatz von Sanftanlassern in einer Anlage mit einem Großantrieb empfehlenswert. Am häufigsten werden diese in Applikationen mit quadratischen Lasten wie Pumpen, Verdichtern und Lüftern eingesetzt. Bei Pumpen können zum Beispiel mechanische Probleme wie Überdrücke beim Hochlaufen oder Wasserhämmern beim Motorstopp minimiert werden. Sanftanlasser bieten zudem den Vorteil, dass sie keine negativen Auswirkungen auf andere Anlagenkomponenten haben und ohne Filter und geschirmte Leitungen auskommen.
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