Komb aus Getriebemotor und Servo-Umrichter für Tütensuppen
14.01.2013 -
Ob Spargelcremesuppe oder Hühnersuppe: Bevor Tütensuppen die Fabrik verlassen, werden sie gruppiert in Kartons verpackt. Diese Gruppierung übernehmen Fächerketten. Ein Verpackungsmaschinen-Hersteller hat für diese Art von Maschine jetzt ein neues Konzept entwickelt, es läuft mit einer Kombination aus Getriebemotor und Servo-Umrichter.
Gleich welches Nahrungsmittel eine Firma herstellt, es wird vor Versand verpackt und muss hierfür gruppiert werden. Diesen Prozessschritt übernehmen sogenannte Fächerketten. Sie sorgen für die richtige Anzahl an Einzel-Packungen, den korrekten Abstand und bringen die Pakete oder Tüten in die richtige Orientierung. Ursprünglich dachte das Unternehmen Bedo Verpackungstechnik daran, systematisch nach Verbesserungspotential für solche Fächerketten zu suchen. Entstanden ist dabei der Racetrack, eine neue, bereits patentierte Maschine. Das Besondere dieser neuen Fächerkette: Bei einem Formatwechsel entfallen die Umbaumaßnahmen. Bislang zog ein Formatwechsel entweder einen zeitaufwändigen Wechsel der Fächer, die die ankommenden Produkte aufnehmen, nach sich, oder erforderte den Tausch des kompletten Fächerkranzes. Letzteres ging zwar schneller als der mühselige Wechsel der einzelnen Fächer, erforderte aber einen Fachmann. Zudem musste das betreffende Unternehmen für jedes Produkt bzw. Produktformat einen eigenen Fächerkranz vorhalten. Das bindet nicht nur Kapital, sondern nimmt auch viel Lagerraum in Anspruch. Mit dem Racetrack schafft Bedo hier Abhilfe.
Formatumstellung in wenigen Minuten
Dieter Kundt, geschäftsführender Gesellschafter bei Bedo, erklärt: „Bei den bisher auf dem Markt befindlichen Systemen ist die Mechanik inklusive der anhängenden Nester seitlich an den Antrieb adaptiert. Sie muss bei der Umstellung auf ein neues Format als Ganzes entfernt werden. Wir arbeiten stattdessen mit einem Antrieb in Verbindung mit einem Mitnehmer. Letzterer zieht einen auf einem Schienensystem laufenden ‚Zug‘ aus mehreren ‚Wagons‘, die mit den Fächern - bei Bedarf sogar in unterschiedlichen Formaten - bestückt sind." Zum Wechseln der Fächer muss dann das Schienensystem geöffnet und die Wagons mit den andersformatigen Fächern eingehängt werden. Das Antriebssystem mit dem Mitnehmer bleibt hierbei unangetastet. Dadurch entfällt auch die mechanische Feinjustierung des Antriebssystems, die nötig wäre, um die Wiederholgenauigkeit zu gewährleisten. Beim Racetrack reicht genügt ein automatischer Referenzdurchlauf.
Als zweizügige Taktkette verfügt der Racetrack über zwei Antriebssysteme. Sie arbeiten unabhängig voneinander, sodass pro Minute bis zu 300 Stück kontinuierlich ankommender Produkte gruppiert und einem nachgeschalteten Sammelpacker (zum Beispiel Tray- und Wrap-Around-Packer) zugeführt werden. Die Fächer oder Nester werden werkzeuglos in Form von zwei Formatteilen in die beiden Schienensysteme (Shuttleträger) eingesetzt und mittels Schnellverschluss befestigt. Der Austausch dauert weniger als eine Minute.
Komplexe Positionieraufgabe
Bis es so weit war, mussten sich die Ingenieure von Bedo allerdings Einiges einfallen lassen - auch beim Antriebssystem. Dieter Kundt beschreibt die Herausforderung: „Bei konventionellen Systemen sind Antrieb und Fächer über die gleiche Vorschubkonstante mechanisch fest miteinander gekoppelt und ein bestimmter Motordrehwinkel lässt die Fächer eine feste Wegstrecke zurücklegen. Beim Racetrack müssen wir berücksichtigen, auf welcher Position sich der Mitnehmer gerade befindet, um das als Nächstes zu befüllende Fach richtig positionieren zu können."
Zusammen mit Experten von Lenze, die die komplette Applikationssoftware für den Racetrack in enger Abstimmung mit den Verantwortlichen bei Bedo geschrieben haben, wurde eine Lösung für dieses mathematisch schwer fassbare Problem gefunden: Die Positionen werden jetzt im Teach-In-Verfahren einmal erfasst und dann im Normalbetrieb vom eingesetzten Lenze-Getriebemotor in Kombination mit einem Servo-Umrichter vom Typ Servo Drives 9400 automatisch angefahren. Der Servo-Umrichter dient gleichzeitig als Hardware-Plattform für die Applikationssoftware des Racetrack und kommuniziert über ein Profibus-Modul mit der Steuerung des Sammelpackers.
Eine große Auswahl hilft
„Wir haben uns aus mehreren Gründen für Lenze entschieden", erklärt der Bedo-Manager. „Als qualitätsorientiertes Unternehmen setzen wir auf hochwertige Komponenten namhafter Unternehmen. Ein Premiumhersteller von Automobilen kann es sich schließlich auch nicht leisten, seine Fahrzeuge mit Billigreifen auszustatten."
Besonders wichtig war und ist Bedo das umfangreiche Produktportfolio des Automatisierers. „Lenze war unseren Anforderungen in den 15 Jahren unserer Zusammenarbeit gewachsen", erläutert Dieter Kundt. „Unsere Maschinen sind modular und skalierbar aufgebaut - entsprechend benötigen wir auch unterschiedliche Antriebslösungen und Anbindungsmöglichkeiten. Lenze verfügt über ein Produktportfolio, das uns die freie Wahl des Kommunikationsbusses lässt und vom Getriebemotor über den Asynchronmotor bis zum Umrichter und Servo-Verstärker alles aus einer Hand bietet."
Auch beim Racetrack konnten sich die Bedo-Ingenieure diese Angebotsvielfalt zunutze machen, wie der Geschäftsführer berichtet: „Wir benötigten einen Getriebemotor mit 25er-Hohlwelle. Der Lieferant des Produkts, das wir bis dato für solche Fälle eingesetzt hatten, konnte die entsprechend Lösung nicht mehr liefern. Lenze konnte mit dem GKR04 die gewünschte Kegelradgetriebemotorausführung bieten, die sich durch eine solide Bauweise und einen hohen Wirkungsgrad auszeichnet."
Stresstest vor der Inbetriebnahme
So konnte aufgrund der engen Zusammenarbeit der beiden Unternehmen der im Grobkonzept eingeplante Getriebemotor ohne Leistungseinbußen durch eine kleinere Variante ersetzt werden. Das verringerte auch die Komponentenkosten. Lenze-Mitarbeiter prüften diese Lösung bereits vor der Inbetriebnahme auf Herz und Nieren: mittels einer Simulation der Last-, Geschwindigkeits- und Stromprofile mit dem Drive Solution Designer (DSD), der Antriebsauslegungssoftware von Lenze.
Dass die Bewältigung der gesamten Aufgabenstellung wesentlich komplexer war, als dies auf den ersten Blick erscheinen mag, bestätigt denn auch der Geschäftsführer von Bedo: „Wir hatten uns zum Ziel gesetzt, 12 Takte in zwei Sekunden und das ganze Bewegungsprofil innerhalb von 3,5 Sekunden abzuarbeiten. Dabei waren einige Hürden zu nehmen, wie die Tatsache, dass sich mit jedem Beladungsvorgang das Gewicht des Zuges ändert. Es ist uns aber gelungen, alles unter einen Hut zu bringen - auch wegen des bei den Antrieben zulässigen hohen Überstroms."
Bild:
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Die Antriebslösung der neuen Fächerkette: der Umrichter Servo Drives 9400 von Lenze