Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Balluff
07.02.2012 -
Viele Wege führen zum Sensorspezialisten - doch nur einer führt über Fahrräder, Nähmaschinen und Küchengeräte. Mit Balluff-Geschäftsführer Florian Hermle blickten wir zurück auf eine über 90-jährige Unternehmensgeschichte und sprachen über den Wandel hin zum Anbieter für Automatisierungstechnik sowie die Zukunft des Familienunternehmens.
Die Verantwortung für ein weltweit agierendes Unternehmen mit 2.200 Mitarbeitern - Balluff-Geschäftsführer Rolf Hermle überließ die Entscheidung seinem Sohn. Er nahm die Herausforderung an. So trat Florian Hermle Anfang 2010 gemeinsam mit seiner Schwester Katrin Stegmaier-Hermle in die Fußstapfen des Vaters. Doch er sieht die Verantwortung, das Unternehmen in vierter Generation zu führen, nicht als Last, sondern als „große Chance, die einem sonst sicherlich nicht so einfach geboten wird".
Auch Firmengründer Gebhard Balluff nutzte vor nunmehr 90 Jahren die Chance, die sich ihm im Jahr 1921 in Form einer Mechanikwerkstatt bot. Repariert wurden damals Fahrräder, Motorräder und Nähmaschinen. Jahrzehnte später hat sich das Unternehmen als Sensorspezialist und Anbieter von Networking-Lösungen etabliert - doch eines bleibt: der Standort Neuhausen auf den Fildern. „Neuhausen ist und bleibt unser Stammsitz. Wir haben erst im vergangenen Jahr die Gelegenheit genutzt, ein weiteres Grundstück im Industriegebiet zu erwerben, um auch für die Zukunft gerüstet zu sein." Aber auch die Nähe zu den Kunden, die verkehrsgünstige Lage sowie der Zugang zu hoch qualifiziertem Personal sprechen für Neuhausen.
Vergangenheit
Auch mit Blick auf die Historie hat der Standort eine besondere Bedeutung. Denn in Neuhausen entwickelte Balluff 1956 den ersten eigenen Sensor und legte damit den Grundstein für die heutige Unternehmensausrichtung. „Die Firma Balluff hat in dem Sinne eine Evolution erlebt, dass sie schon in den 50er Jahren neben der Durchführung von feinmechanischen Arbeiten auch Spannschlösser für die Luftfahrtindustrie gebaut hat. Nach dem Krieg durfte diese Industrie nicht mehr beliefert werden, sodass wir eine Zeit lang auch Küchengerät gebaut haben." Der Wandel hin zum Automatisierungsanbieter folgte mit der Maschinenfabrik Heller, für die Balluff Anfang der 50er Jahre in Neuhausen Nockenschalter entwickelte, die für elektrische Steuerungen von Werkzeugmaschinen benötigt wurden. Später wird Balluff mit der Weiterentwicklung dieser Produkte betraut. Als Ergebnis geht 1956 der erste patentierte elektromechanische Grenztaster hervor. „Hierbei handelt es sich nicht nur um den ersten Sensor, den wir entwickelt haben, sondern auch um unseren Einstieg als Lieferant des Maschinenbaus", blickt Florian Hermle zurück.
Gegenwart
Von diesem Zeitpunkt an folgen zahlreiche Entwicklungen aus dem Bereich Sensorik, unter anderem die induktiven Näherungsschalter BES, die Optoschalter BOS sowie die Rotationsgeber BRG. Heute - gut 50 Jahre später - gliedert sich das Unternehmen in sechs Business Units: Objekterkennung, Weg- und Abstandsmessung, Industrial Identification, Networking und Connectivity, Zubehör und Systeme. „Der umsatzstärkste Bereich ist historisch begründet die Business Unit Objekterkennung, die über 50 % des Umsatzes ausmacht. Die am stärksten wachsenden und zugleich jüngsten Bereiche sind Industrial Identification sowie Networking und Connectivity." Dem Maschinen- und Anlagenbau ist Balluff treu geblieben. Ein wichtiger Fokus liegt dabei auf der Automobilindustrie und ihren Zulieferern. Aber auch die Bereiche Verpackung, Holz- und Kunststoffverarbeitung, Fluid sowie erneuerbare Energien gehören zu den Zielbranchen des Unternehmens.
Ebenso kontinuierlich ausgebaut wie die Märkte wurde auch das Vertriebs- und Servicenetzwerk. 54 Niederlassungen und Repräsentanzen sowie sieben Produktionsstandorte weltweit sprechen für sich. Doch Florian Hermle sieht noch Potential. „Wir werden vor allem auf Märkte wie China und Brasilien besonderes Augenmerk legen. Aber auch Indien und die Türkei sind Wachstumsmärkte, die in den vergangenen zwei Jahren starke Zuwächse verzeichnen konnten."
Zukunft
Weiterhin zu wachsen, ist auch das von Florian Hermle für seine Amtszeit formulierte Ziel. Für 2012 ist noch immer ein zweistelliges Wachstum geplant. Die Zahlen liegen zwar unter den Vorgaben des vergangenen Jahres, aber noch immer über den Marktprognosen. Bei der Umsetzung seiner Strategie legt er besonderen Wert auf Nachhaltigkeit und eine langfristige Planung. „Wenn wir einen Plan umsetzen möchten, tun wir das mit Gewissenhaftigkeit und Nachhaltigkeit. Wir werfen nicht gleich die Flinte ins Korn, nur weil der berühmte ROI nach sechs Monaten nicht erreicht wurde."
Von Nachhaltigkeit sollte das Handeln auch geprägt sein, als Florian Hermle und Katrin Stegmaier-Hermle Anfang 2010 in die Geschäftsführung wechselten. „Neben meiner Schwester und mir ist Michael Unger als Unternehmenssprecher und damit als ‚primus inter pares' weiterhin in der Geschäftsführung vertreten. Herr Unger stellt damit die Verbindung zur früheren Geschäftsführung dar. Denn es hat auch etwas mit Nachhaltigkeit zu tun, dass es bei solch einem Wechsel nicht zu einem kompletten Umbruch kommt." Mit dem Generationswechsel sollte sich über Nacht nicht alles ändern - die Mitarbeiter sollten keinen „Kulturschock" erleiden. „Denn wir waren immer erfolgreich und wir werden auch weiterhin erfolgreich sein - da braucht man keine Kulturrevolution vom Zaun brechen", so Florian Hermle abschließend.