Bosch setzt auf autonome visuelle Inspektion
20.12.2020 -
Qualitätssicherung von Kunststoffsteckverbindern für die Automobilbranche
Das Bosch-Werk in Waiblingen produziert Kunststoffsteckverbinder für den Automobilsektor. Spritzgießen ist traditionell eine schwierige Anwendung für herkömmliche Bildverarbeitung, weil der Kontrast zwischen dem Hintergrund und dem zu prüfenden Teil fehlt – die Bilder sind schwarz auf schwarz. Um dieses Problem zu lösen, wandte sich Bosch an den Hersteller eines autonomen Bildverarbeitungssystems.
Die Qualitätsstandards in der Automobilindustrie stellen hohe Anforderungen an die Produktion. Globaler Wettbewerb und Markterwartungen setzen Automobilhersteller zudem weiter unter Druck, ihre Qualitätssicherungsverfahren zu verbessern und von manuellen zur automatisierten Inspektion überzugehen. Die Herausforderung ist dabei, moderne Bildverarbeitungsmethoden zu finden und umzusetzen.
Das Problem: schwarze Teile auf schwarzem Förderband
„Der Kunststoffspritzguss bringt für herkömmliche Bildverarbeitungssysteme eine Menge Probleme mit sich“, erklärt Zohar Kantor, Vice President Sales & Project Management bei Inspekto. „Es ist schwierig, die stark reflektierende Oberfläche von Kunststoff richtig auszuleuchten. Wenn außerdem das Hintergrundmaterial, die Form und der Kunststoff alle eine ähnliche Farbe haben und die verfügbare Beleuchtung suboptimal ist, dann kann der Mangel an Kontrast die korrekte Funktion des Bildverarbeitungssystems stark beeinträchtigen.“
„In Kombination mit der Tatsache, dass herkömmliche Systeme nur eine Produktart auf einmal inspizieren können – während Hersteller Produktreihen in verschiedenen Farben und Größen fertigen müssen – wird deutlich, warum in der industriellen Bildverarbeitung eine grundlegende Veränderung nötig ist.“
Teilevielfalt bringt Qualitätssicherungssysteme an ihre Grenzen
Dies ist genau das Problem, dem Bosch gegenüber stand. Das Unternehmen stellt in Waiblingen Kunststoffsteckverbinder für Fahrzeuge her, besonders für Zündkerzen, Geräte und Sensoren. Dazu verfügt das Werk über zahlreiche Produktionslinien und Spritzgießmaschinen.
„In der Anlage werden herkömmliche, hochmoderne Bildverarbeitungslösungen eingesetzt, die teils intern entwickelt und teils von externen Bildverarbeitungsexperten erstellt und integriert wurden“, erklärt einer der Entwicklungsingenieure für optische Inspektionssysteme bei Bosch.
„Für einige unserer Anwendungen sind diese Lösungen jedoch nicht geeignet, weil das zu inspizierende Produkt aus schwarzem Kunststoff besteht, der vor einem schwarzen Hintergrund erscheint. Unter diesen Bedingungen ist es praktisch unmöglich, die Parameter für die Inspektionslösung zum Erkennen von Defekten festzulegen.“
Die Steckverbinder mussten daher im Werk manuell geprüft werden. Da dies eine repetitive und ermüdende Aufgabe ist, können die Mitarbeiter leicht unaufmerksam werden und Fehler übersehen. Darüber hinaus sind die Kosten für das Inspektionspersonal beträchtlich.
Nachdem Bosch in einem Anwenderbericht über die autonome Maschinenbildverarbeitung gelesen hatte, entschieden sich die Führungskräfte, Inspekto zu kontaktieren und sich nach einer möglichen Lösung zu erkundigen, die die speziellen Herausforderungen dieser Situation bewältigt.
„Anschließen und Inspektion starten” war das Versprechen
Autonome Bildverarbeitung (autonomous machine vision, AMV) ist eine Kategorie der Bildverarbeitung zu Qualitätssicherungszwecken, die Inspekto laut eigenen Angaben erfunden hat. Im Jahr 2018 brachte das Unternehmen mit dem Inspekto S70 sein erstes AMV-System auf den Markt und etablierte damit einen neuen Ansatz für die Qualitätssicherung.
„Inspekto S70 ist das erste eigenständige Produkt für visuelle Qualitätssicherung, Einspeisung und Sortierung“, sagt Kantor. „Das Produkt ist in wenigen Minuten einsatzbereit und enthält alles, was der Bediener benötigt, um sofort mit der Inspektion von Produkten zu beginnen. Der Installationsprozess ist schnell und einfach. Werksmitarbeiter können das System ohne externe Systemintegratoren einrichten und schulen. Vor allem benötigt der S70 durchschnittlich nur 20 bis 30 gute Proben, um die Eigenschaften eines perfekten Produkts einzulernen.“
Deshalb entschied sich Bosch für ein Pilotprojekt in Waiblingen, um zu prüfen, ob das System dort helfen könnte, wo herkömmliche Lösungen gescheitert waren. Inspekto und Bosch riefen eine Anwendungspartnerschaft ins Leben und schon nach wenigen Wochen war das erste System bereit für den Einsatz in der Serienfertigung.
„In unserem Geschäftsfeld sind wir Experten für die industrielle Bildverarbeitung, sodass es nicht schwierig war, das System zu integrieren. Ich bin daher zuversichtlich, dass auch unsere Kollegen in anderen Bosch-Werken das AMV-System von Inspekto problemlos nutzen können werden“, berichtet einer der Entwicklungsingenieure bei Bosch. „Die Erstinstallation des Pilotsystems dauerte etwa eine Stunde und insgesamt weniger als einen Tag, wenn man die kleinen Anpassungen berücksichtigt, die wir vorgenommen haben, um die Geschwindigkeit des Prozesses zu optimieren. Es dauerte weitere 20 Minuten, um die Software einzulernen, und danach brauchten wir nur noch die Kamera anzuschließen, um mit der Inspektion zu beginnen.“
Niedrigere Kosten und höhere Qualität
Während der Installation lief die Produktionslinie normal weiter und es gab keine Ausfallzeiten in der Anlage. „Da das System keine Eingaben aus der Steuerung benötigt, kann es installiert werden, ohne die Produktion zu stören“, sagt einer der Entwicklungsingenieure. „Zunächst ließen wir das S70 parallel zur Produktionslinie laufen, wo es zwar mechanisch integriert, nicht aber an die Maschine angeschlossen war. Das System lernte die Eigenschaften des Produkts dann sehr schnell.“
„Die Kosten für das anfängliche System haben sich in weniger als einem Monat amortisiert und wir konnten sofort weitere Einsparungen und Qualitätsverbesserungen anvisieren. Weil das Pilotsystem so gut funktioniert hat, haben wir ein System für unsere Tochtergesellschaften im Ausland bestellt und dann ein weiteres, das in einer älteren Anwendung hier in Waiblingen installiert werden soll.“