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Neue Technologie senkt Messzeit komplexer Aluminiumteile
Um sich vom Hochlohnland Dänemark aus auf dem Weltmarkt zu behaupten, setzt ein Hersteller von Aluminiumkomponenten und -Lösungen auf Prozessinnovationen und aktualisiert seine Produktions- und Messtechnik regelmäßig: Zuletzt führten die Dänen zwei Koordinatenmessgeräte mit einem neuartigen Scanningmesskopf ein. Damit setzen sie nicht nur als erste in Skandinavien auf diese Technologie - sie reduzierten auch ihre Messzeit um bis zu 70%.
Mit 110 Mitarbeitern stellt das dänische Unternehmen Aluline Aluminiumkomponenten für verschiedene Branchen her. Dabei decken sie den gesamten Herstellungsprozess ab - von der Konstruktion über sämtliche Bearbeitungsschritte bis zum fertigen Produkt. Rund 300 unterschiedliche Teile für die verschiedensten Anwendungen laufen bei pro Jahr vom Band, die Stückzahl liegt insgesamt bei 11 bis 12 Millionen jährlich. Die Kunden kommen u.a. aus der Medizintechnik, der Telekommunikations- und Unterhaltungselektronik, der Rüstungs- sowie Auto- und Flugzeugindustrie. „Die meisten unserer Kunden haben eines gemeinsam: Sie fordern eine sehr präzise Fertigung, zumal viele Teile später für den Endkunden sichtbar sein werden", erklärt Geschäftsführer Rene´Schow Jørgensen. Makellos bearbeitete Aluminiumringe für Lautsprecher mit dem sorgsam eingravierten Markenlogo tragen beispielsweise entscheidend dazu bei, dass ein High-End-Produkt sich augenscheinlich von einem Massenprodukt abhebt. Bei Produkten wie Prothesen oder Schließzylindern für Türen wirkt sich die Präzision zudem direkt auf die Funktionalität aus. Werden bei einem Schließzylinder die Fertigungstoleranzen von beispielsweise 0,01mm für den Durchmesser oder die Rundheit nicht eingehalten, besteht die Gefahr, dass Öl ausläuft oder die Tür nicht vollständig öffnet bzw. schließt.
Um höchste Genauigkeit zu erreichen und den steigenden Anforderungen des Marktes gerecht zu werden, unterzieht das Unternehmen seinen Maschinenpark einer regelmäßigen Erneuerung. Schow Jørgensen: „Wir haben bereits seit 1975 CNC-Maschinen im Einsatz, doch das durchschnittliche Alter unserer CNC-Maschinen liegt heute bei weniger als fünf Jahren." Den Maßstab setzt der Mittelständler, zu dessen Kunden mehrere Weltmarktführer zählen, auch in Sachen Messtechnik hoch an: „Wir möchten bei unserer Messausstattung besser als unsere Kunden sein - oder zumindest auf demselben Stand der Technik", so Jørgensen. Deshalb entschlossen sich er und seine Kollegen 2013, trotz ihrer Zufriedenheit mit den beiden 12 Jahre alten Zeiss-Prismo-Messgeräten, diese durch aktuellere zu ersetzen.
Auf das Portalmessgerät Zeiss Accura fiel die Wahl, weil es sowohl die gewünschte Präzision bietet als auch die Möglichkeit, Werkstücke durchgängig zu scannen statt lediglich Einzelpunkte zu erfassen. Zudem waren die Mitarbeiter mit der Messsoftware Zeiss Calypsobereits vertraut. Vom neuen taktilen Scanningmesskopf XTR erhofften sich Geschäftsführung und Messtechniker, die Qualitätssicherung geometrisch komplexer Teile zu vereinfachen und zu beschleunigen, ohne Abstriche bei der Genauigkeit machen zu müssen. Denn da in den Tastkopf eine Drehachse integriert wurde, lässt sich das Tastersystem in Abständen von je 15 Grad beliebig weit drehen und so immer im richtigen Winkel zum Bauteil positionieren.
11 statt 35 Minuten Messzeit
Mit den beiden Koordinatenmessgeräten werden die Inhaber heute ihrem Anspruch gerecht, ihren Kunden in Sachen Messtechnologie in nichts nachzustehen: „Wenn wir Neukunden in unseren Messraum führen, tauchen anschließend keine Fragen auf. Dann sind sie sicher, dass wir genau messen und präzise fertigen." Damit aber nicht genug: Mit dem neuen taktilen Messkopf werden nun auch geometrisch anspruchsvolle Werkstücke ohne Sensorwechsel gemessen. Für die 128 definierten Messelemente eines Ventilgehäuses für Türen benötigten die Mitarbeiter bisher 35 Minuten pro Werkstück. Denn sie mussten das Teil dreimal per Hand drehen, damit der Sensor die Bohrlöcher aus allen Winkeln erfassen konnte. Mit dem Messkopf XTR sowie einer von Zeiss speziell für dieses Werkstück angefertigten Aufnahmevorrichtung zur Fixierung konnte Aluline die Messzeit deutlich verkürzen, ohne dass dies zu Lasten der Präzision ging. Schow Jørgensen: „Jetzt messen wir das Werkstück in 11 Minuten statt in 35 - und das in nur einem Durchgang." Dadurch, dass das Drehen wegfällt, kann der Mitarbeiter nun zwischen dem Start des Programms und dem Überprüfen des Messprotokolls seine Arbeitszeit für andere Aufgaben nutzen, während die Maschine die gesamte Messung selbstständig durchführt. Bei 30.000 Stück, die der Mittelständler allein von diesem Produkt pro Jahr produziert, fällt diese Verbesserung laut Schow Jørgensen stark ins Gewicht.
Ein weiterer Gewinn: Die Werkstücke können nun durchgehend gescannt werden. Dadurch erhalten die Messtechniker deutlich mehr Informationen über die Geometrie der Teile als durch Einzelpunktmessungen. So sind sie in der Lage, wertvolles Feedback an die CNC-Techniker und Konstrukteure zu geben.
Umstieg innerhalb von drei Wochen
Beide Messmaschinen sind heute in der Regel 24 Stunden am Tag ausgelastet: Die Messtechniker überwachen damit den Anlauf der Produktion aller Aluminiumkomponenten. Zudem führen die Maschinenbediener im Zwei-Stunden- Rhythmus Stichprobenmessungen durch. Nach den Messungen gehen die Ergebnisse automatisch in die Messdokumentation ein.
Die Einführung der neuen Messtechnologie hat sich für das Familienunternehmen laut Schow Jørgensen gelohnt. Dabei hatte die Umstellung auf die neuen Messgeräte ihm zunächst Kopfschmerzen bereitet. Schuld daran war nicht die neue Technologie selbst, sondern der zeitliche Rahmen der Einführung: Weil die Messgeräte für die Produktion unverzichtbar sind, musste der Wechsel vollständig innerhalb der dreiwöchigen Werksferien erfolgen. „Der Umstieg innerhalb solch kurzer Zeit war eine heikle Operation", sagt Schow Jørgensen. Während dieser drei Wochen mussten die alten Maschinen abgeholt und die neuen am selben Ort aufgebaut werden Aber nicht nur das - bis zum Ende dieser Periode mussten auch die Messprogramme der wichtigsten Werkstücke auf den Maschinen laufen. Den Messtechnikern, die von Zeiss dafür speziell geschult worden waren, kam dabei zugute, dass sie weiterhin mit derselben Messsoftware arbeiten konnten. Um die Potentiale der neuen Messmaschine und die des Messkopfes nutzen zu können, war eine Übertragung der Programme eins zu eins allerdings nicht möglich. „Doch es lief alles reibungslos", so Schow Jørgensen. Zum Ende der Werksferien standen die neuen Maschinen und die Messprogramme für die wichtigsten Teile waren einsatzbereit. Die Produktion konnte wie geplant anlaufen. Und der Geschäftsführer stellte erneut fest: „Unser Wille und Mut zur Erneuerung hat sich ausgezahlt."