Optische Prüfung in der Automobilindustrie
Ethernet Kameras prüfen bis zu 50 Merkmale an PKW-Cockpits
Die meisten Automobilhersteller lassen ihre Interieurbauteile von Zulieferern produzieren, um die Qualität zu steigern und die Kosten zu senken. Die Wettbewerbsfähigkeit der Zulieferer hängt auch an der effizienten und zuverlässigen Prüfung der Bauteile. Eine schnelle Bildverarbeitung ist hier gefragt.
Johnson Controls ist eines der weltweit führenden Unternehmen im Bereich der automobilen Innenausstattung und Elektronik sowie für Batterien. Am Standort Lüneburg wird eine hohe Vielfalt an Cockpits und Türinnenverkleidungen für verschiedene Automobilhersteller gefertigt. Diese Bauteile werden von Johnson Controls direkt an das Produktionsband des jeweiligen Automobilherstellers geliefert, was natürlich voraussetzt, dass die gelieferten Bauteile das Werk geprüft und absolut fehlerfrei verlassen. Um den steigenden Erwartungen der Kunden in diesen Bereichen stets einen Schritt voraus zu bleiben, setzt der Zulieferer auf stetige Verbesserung der Produktqualität sowie der Qualitätssicherung.
Gerade im Bereich der Cockpits werden die Anforderungen an Sicherheit und Qualität immer komplexer, was dazu geführt hat, dass zahlreiche qualitätsrelevante und für die Weiterverarbeitung wichtige Bauteile vor der Auslieferung geprüft werden müssen. Dabei handelt es sich um korrekt gesetzte Nieten und Perforierungsnähte speziell im Airbagbereich, Clips, Federhalter, sonstige Anbauteile und Baugruppen sowie Verschraubungen allgemein.
Derzeit werden ca. 50 wechselnde Merkmale geprüft, wobei die Anzahl durch die Varianten Rechts- und Linkslenker in jeweils drei unterschiedlichen Farben noch erhöht wird. Geprüft wird aber nicht nur, ob die Bauteile vorhanden und korrekt angebracht sind, sondern auch, ob die richtigen Bauteile eingesetzt wurden und diese passgenau sitzen.
Bereits vor sechs Jahren wurde eine erste Cockpitprüfzelle mit einem VMT Bildverarbeitungssystem in Betrieb genommen. Aufgrund der sehr guten Erfahrungen mit dem System, welches mittlerweile über Jahre hinweg mit einer Verfügbarkeit von nahezu 100 % prozesssicher läuft, entschied sich Johnson Controls, ein weiteres Bildverarbeitungssystem in der neuen Cockpit-Produktionslinie einzusetzen.
Automatisierte Prüfung
Für die automatisierte Prüfung der Cockpits musste ein flexibles und erweiterbares System geschaffen werden, das eine verlässliche und kontinuierliche 100%-Prüfung der Cockpits gewährleisten und in sehr kurzer Zeit eine hohe Anzahl von Prüfungen an allen Cockpit-Typen durchführen und dokumentieren sollte.
Eine weitere Herausforderung für das System lag im Verarbeiten der drei verschiedenen Farbkombinationen und Oberflächen. Zusätzlich sollte das System fehlerhafte Cockpits in einer Nacharbeitsstation ausschleusen und dem Mitarbeiter anzeigen, wo welcher Fehler vorliegt. Und zwar so, dass der Werker möglichst einfach und sicher die fehlerhaften Teile oder Baugruppen identifizieren und reparieren oder austauschen kann.
Die VMT Bildverarbeitungssysteme GmbH konnte diese anspruchsvolle Aufgabe lösen. Um dabei den hohen Anforderungen gerecht zu werden, wurde auf eine Automatisierung mit dem bewährten Bildverarbeitungssystem VMT IS in Mehrkameraversion mit GigE-Technologie in Kombination mit einer Siemens SPS sowie einem ABB Roboter gesetzt. Komplettiert wird die Prüfzelle durch eine komplexe Cockpitaufnahme und einem Abförderband, welches fehlerhafte Cockpits zur Nacharbeit ausschleust.
Geprüft und dokumentiert
Zu Beginn des Prüfprozesses legt ein Mitarbeiter die Cockpits in die Aufnahme und startet den Prozess. Das einzelne Cockpit wird dann den insgesamt zehn GigE-Kameras, die an einem Stahlbau in der Zelle befestigt sind, in einer definierten Position präsentiert. Diese Anzahl der Kameras ist notwendig, um alle 50 geforderten Prüfungen innerhalb der sehr kurzen Zykluszeit durchführen zu können.
Im ersten Schritt verifiziert das Bildverarbeitungssystem den Cockpit-Typ und das für diesen Typ richtige Prüfprogramm wird automatisch gestartet. Im Anschluss daran werden alle definierten Merkmale geprüft. Die Merkmale verteilen sich dabei auf alle Seiten des Cockpits. Nach der Prüfung übergibt das Bildverarbeitungssystem das komplette Messergebniss an die Roboter-Steuerung. Die Ergebnisse der einzelnen Prüfmerkmale werden zur Dokumentation an ein übergeordnetes PPS-System übergeben. Die komplette Auswertung eines Cockpits dauert ca. 1,5 Sekunden.
Bei fehlerfreiem Messergebnis wird das Cockpit vom Roboter aus der Prüfposition entnommen, automatisch mit einem Barcodelabel versehen und in einen vorbeilaufenden Hängeförderer zur Weiterbearbeitung übergeben. Im Fehlerfall entnimmt der Roboter das Cockpit ebenfalls aus der Prüfposition, legt es jedoch ohne Label auf dem Nacharbeitsband ab. Am Nacharbeitsband werden dem Werker auf einer Großbildanzeige die Fehlerorte direkt an einem „digitalen" Cockpit angezeigt.
Sobald die Nacharbeiten abgeschlossen sind, wird das Cockpit erneut geprüft. Das Bildverarbeitungssystem steht während der gesamten Nacharbeiten uneingeschränkt für weitere Automatikmessungen zur Verfügung.
Das Bildverarbeitungssystem
In der Anlage werden GigE Kameras des Herstellers IDS eingesetzt. Der Bildverarbeitungsrechner basiert auf einem leistungsfähigen Industrie-PC mit dem Betriebssystem XP, der mit entsprechenden Schnittstellenkarten ausgestattet ist.
Als Kopplung zur Robotersteuerung oder SPS bietet das System nahezu alle in der Industrie eingesetzten Schnittstellen an. Dazu zählen digitale I/Os, seriell, Interbus, Profibus, TCP/IP und CAN-Bus. Das komplette System inklusive der Visualisierung über einen TFT-Bildschirm wurde entsprechend der Kundenanforderungen in einem PC-Schrank verbaut.
Das eigentliche Herz des Systems ist die VMT IS-Software, die in mehr als 750 Projekten gemeinsam mit Kunden aus der Automobil- und Zulieferindustrie weiterentwickelt wurde. Dabei wurde sehr hoher Wert auf eine einfache und intuitive Bedienerführung gelegt, sodass der Anwender schon nach wenigen Tagen selbständig Prüfungen durchführen kann.
Die Bedienung und Einrichtung des Systems erfolgt ohne Programmierung komplett über die grafische Oberfläche und ist für unterschiedlichste Anwendungen wie Robotersichtführung, Vollständigkeitsprüfung und Klarschriftlesen vollkommen einheitlich. Die Benutzersprachen (standardmäßig Deutsch und Englisch) sind jederzeit online umschaltbar und offen für Erweiterungen auf andere Sprachen.
Kontakt
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